Kinder an die Uni: Wie Rostocks Grüne die Unterrichtsprobleme in der Corona-Krise lösen wollen

Nur ein Tag Unterricht pro Woche: Für die meisten Schüler in Rostock sieht so die Zukunft des Lernens aus. Es geht nicht anders. Die Corona-Regeln des Landes schreiben für die Schulen strenge Abstands- und Hygieneregeln vor, die von den Schulen kaum einzuhalten sind. Die Grünen in der Hansestadt wollen das Problem nun lösen: „Die Universität steht derzeit größtenteils leer. Warum nutzen wir nicht deren Hörsäle und Seminarräume für unsere Schüler, ermöglich so mehr Unterricht?“, sagt Uwe Flachsmeyer, Fraktionschef der Rostocker Grünen. Uni nur im Internet: Hintergrund der Idee: Die Hochschulen des Landes lehren derzeit nur noch Online. Vorträge, Seminare und Vorlesungen finden digital statt. Die Hörsäle werden zumindest in den kommenden Wochen noch verwaist bleiben. Fast 13 000 Studenten bleiben im „Home-Hörsaal“. „Die Corona-Pandemie ist auch im Bildungsbereich für alle Beteiligten eine Herausforderung. Wir brauchen kreative und pragmatische Lösungen, um den Schaden für die Schüler so gering wie möglich zu halten. Die Bildungsministerin hat zum MV-Plan ausdrücklich erklärt, dass mehr Unterricht als ein Tag pro Woche gegeben werden darf, wenn die Situation vor Ort es zulässt“, sagt Grünen-Chef Flachsmeyer. Deshalb will er die Uni zur Schule machen: „Es wäre sinnvoll, wenn Stadt und Universität zum Wohle der Jüngsten kooperieren würden.“ 150 Räume zusätzlich? Das Problem bisher: Damit die Schüler wirklich eineinhalb Meter Abstand halten können, müssen die Klassen oftmals getrennt und auf mehrere Räume verteilt werden. Die aber fehlen dann für andere Jahrgangsstufen. „In den 40 Hörsälen der Uni wäre das kein Problem“, so Flachsmeyer. Alle Schüler einer Klasse würden locker in die Säle passen, im Audimax sogar einer kompletten Klassenstufe. „Dort könnte Unterricht für alle stattfinden, ohne das wir zusätzliche Lehrkräfte einsetzen müssen.“ Zählt man die Seminarräume noch dazu, könnte die Uni nach Schätzungen der Grünen fast 150 Räume bereitstellen. „Und die sind in der Regel technisch auch noch sehr gut ausgestattet.“ Flachsmeyer will die Uni zunächst für die neunten, zehnten und elften Klassen öffnen: „Die stehen kurz vor ihren Abschlussprüfungen.“ Weiteren Unterrichtsausfall dürfen es zum Wohle der Schüler nicht mehr geben. „Wir reden von 190 Klassen und rund 5500 Schülern in diesen Altersstufen allein in Rostock“, so Flachsmeyer. „Wenn wir für die wieder mehr als einen Tag Unterricht anbieten können, wäre schon viel gewonnen.“ Und im Alter von 14 bis 17 Jahren sei es den Schülern auch zuzutrauen, mit dem Nahverkehr durch die Stadt zu ihren neuen Unterrichtsräumen in der Südstadt, der KTV oder auch Lichtenhagen zu fahren. Schulen für die Kleinen? Die Klassenräume, die dann in den Schulen frei werden, wollen die Grünen dann nutzen, um mehr Platz und Unterricht auch für Jüngsten zu ermöglichen: „Sehr wichtig wäre eine Lösung für die vierten Klassen, die jetzt eine kurze Zeit Vollzeit unterrichtet werden und demnächst ebenfalls auf nur eine Tag pro Woche zurückfallen sollen. Dieses Hin- und her bringt wirklich alles durcheinander.“ Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Unterstützung bekommen die Grünen bereits von den Linken: „Das ist eine spannende Idee. Darüber sollten wir als Stadt dringend mit dem Land reden“, sagt Eva-Maria Krüger, die Fraktionchefin der Rostocker Linken. Denn auch sie sieht es so: „je schneller wir wieder mehr Unterricht anbieten können, desto besser für Schüler und Familien. Viele Schüler aber auch viele Eltern wünschen sich, dass sie endlich wieder regelmäßig zur Schule gehen dürfen.“ Uni: Erst mit Land reden: Der Hausherr der Hörsäle, Rostocks Uni-Rektor Wolfgang Schareck, äußert sich hingegen noch sehr zurückhaltend: „über diese Idee müssten wir zunächst einmal mit dem Bildungsministerium und dann mit der Stadtverwaltung sprechen“, sagte er der OZ. Aus dem Rathaus heißt es: Es liege an Schwerin, wie viel Unterricht für die Schüler angeboten wird. Die Vorgaben der bisherigen Pläne können Rostock jedenfalls erfüllen, lässt Schulsenator Steffen Bockhahn (Linke) ausrichten. „Sollte das Land sich entschließen, mehr Unterricht als einen Tag die Woche anzubieten und dafür mehr Räume benötigen, ist die Nutzung von Räumen der Uni eine Möglichkeit die wir dann mit dem Rektor besprechen würden.“ Mehr zum Thema: Zwischen Prüfungsstress und Rotationsprinzip: So lernen Schüler in Wolgast und auf Usedom Bildungsministerin Martin zu Schule in Corona-Zeiten: „Wir bräuchten jetzt doppelt so viele Lehrer“ Schüler aus MV in der Corona-Krise: Wir brauchen Kontakte – nicht nur übers Handy Von Andreas Meyer