Kleine Familienbetriebe geben Ostseebad viel Charme

Es gibt sie noch, die kleinen Warnemünder Familienbetriebe. Sie trotzen tapfer der Konkurrenz durch große Ketten und der des Internets und setzen gegen den Preisdruck eine individuelle und fachliche Beratung sowie oft einen Austausch zu allen wichtigen Themen im Ostseebad. Warnemünder eben. So wie Andrea Waldow, die ihre Modegeschäft am Georginenplatz führt. Es ist den Stammkunden zu danken, dass es bei den kleinen Läden läuft.“Andrea Waldow, Geschäftsfrau 1954 hat ihr Vater, ein Schuster, der sich gern selbstständig machen wollte, das Haus gekauft. Geworden ist es dann ein Atelier, eine Schneiderstube, die ihre Mutter geführt hat. „Ich bin mit dem Schneiderhandwerk aufgewachsen, ich wollte es auch immer machen“, erzählt die Warnemünderin, die ein paar Straßen weiter im Krankenhaus in der Kurhausstraße geboren wurde. So hängte sie 1988 ihren Erzieherberuf an den Nagel und machte eine Ausbildung als Schneiderin. Gemeinsam mit ihrer Mutter lief dann auch alles ganz gut an. Doch mit dem Jahr 1990 veränderte sich alles. „Wir hatten plötzlich keine Arbeit mehr“, sagt sie. So wurden Textilien dazugekauft. Aus dem Handwerk wurde Handel. 1994 eröffnete Andrea Waldow ihr Geschäft in der Friedrich-Franz-Straße. Nach der Sanierung des Elternhauses zog sie zurück und führt dort an der Ecke zum Georginenplatz ihre Boutique. Und wer etwas kauft und es etwas enger, weiter, kürzer oder länger haben möchte, befindet sich in besten Händen. „Jetzt freue ich mich auf den Sommer und dass hoffentlich schnell der Georginenplatz gemacht wird“, sagt die Geschäftsfrau, die zwei erwachsene Söhne hat. Bei ihnen kann sie nicht hoffen, dass sie sich für das Modegeschäft interessieren. Aber vielleicht die Enkelkinder. „Bis die groß sind, muss ich allerdings noch ein bisschen arbeiten“, so Andrea Waldow. Während sie sich auf Frauen- und Mädchenmode spezialisiert hat, spezialisierte sich Michael Walden auf die Herrenmode. Am Ende der selben Straße hat das Geschäft jetzt nach 70 Jahren geschlossen. Eine Mode-Institution ist verschwunden. Jutta und Michael Walden haben sich in den Ruhestand verabschiedet. Andere Alteingesessene, wie die beiden Fleischereien in der Mühlenstraße, existieren nun schon seit mehr als 100 Jahren im Ostseebad. Paul Winter hat seine Fleischerei 1908 eröffnet, Wilhelm Lührmann hat elf Jahre später seinen Laden gegenüber aufgemacht. Sechs Fleischer kamen vor 1990 in Warnemünde gut über die Runden. Übrig geblieben sind zwei. Andere kommen und gehen. Am größten ist die jährliche Fluktuation am Alten Strom. Angela Beyer ist vor sechs Jahren aus Leipzig nach Rostock gezogen. Seit fünf Jahren führt sie dort das Modegeschäft „Angela B“. Ende Februar schließt sie. „Es wird für die kleinen Geschäfte immer schwieriger“, sagt sie. Thomas Sternberg

Warnemünde - Kleine Familienbetriebe geben Ostseebad viel Charme