Landkreis verscherbelt sein Eigentum

Es steht schlecht um die Finanzen im Landkreis Rostock. Bis Ende 2016 fehlen 18,7 Millionen Euro im Ergebnishaushalt, und im Finanzhaushalt, aus dem die laufenden Kosten über das Jahr hindurch bestritten werden, wird sich ein Loch von bis zu 55,2 Millionen Euro auftun. Mehr noch: Allein in den zwei Jahren seit seiner Gründung hat die Kreisverwaltung weitere zehn Millionen Euro neue Schulden angehäuft, zusätzlich zur vorhandenen Kreditlast von 90 Millionen Euro. Allein dafür fallen jährlich neun Millionen Euro für Zinsen und Tilgung an. Und dabei sollte mit der Kreisgebietsreform alles viel billiger werden. Hilfe in der Not soll ein Haushaltssicherungskonzept bringen. Damit will die Verwaltung 7,6 Millionen Euro „Konsolidierungspotenzial“ erbringen. So sollen beispielsweise 20 Arbeitsstellen — fünf pro Jahr bis 2017 — in der Verwaltung wegfallen, die Zuschüsse für den Flugplatz Laage gedeckelt und Gebäude verkauft werden. Doch das reicht nicht. Die einzige Hoffung liegt in einer Zahlung vom Land: 10,5 Millionen Euro sind angekündigt. Die Ursachen der Misere? Vize-Landrat Rainer Boldt (SPD), zuständig für die Finanzen im Kreis, kann keine „Kostenexplosion“ in einem einzelnen Bereich ausmachen. Die Personalausgaben seien sogar „leicht rückläufig“, bei Sozialleistungen gebe es dank sinkender Fallzahlen „Stillstand“. „Es ist vielmehr so, dass die Finanzausstattung im neuen Landkreis einfach nicht ausreicht“, sagt Boldt. „Wir haben schlichtweg geringere Einnahmen als Ausgaben.“ Defizite entstehen in vielen Bereichen, beispielsweise bei den Kosten für die Kinderbetreuung. Die wachsende Zahl von Kindern in den Kitas einerseits, die Deckelung der Zuschüsse dafür vom Land andererseits, führen zu mehr Ausgaben für den Landkreis, erläutert Boldt. „Der sehr schöne Fakt, dass es mehr Kinder gibt und mehr Eltern wieder zur Arbeit gehen, führt zu einem kontinuierlich wachsenden Minus in der Kasse.“ Auch die neue Haushaltsrechnung „Doppik“ (Doppelte Buchführung in Konten) verschärfe die Situation. Diese sei zwar das bessere Instrument, findet Boldt. Aber die zu erwirtschaftenden „Abschreibungen“ verschärften das Problem. So müssten jetzt jährlich zwischen sieben und acht Millionen Euro „auf die hohe Kante“ gelegt werden, um verschlissene Vermögenswerte — von der Straße bis zur Schulbank — irgendwann ersetzen zu können. Der stellvertretende Chef des Finanzausschusses im Kreistag, Erwin Kischel (Linke), sieht ebenfalls die „Unterfinanzierung“ durch das Land als Ursache. Dem Kreis seien Aufgaben übertragen worden, die Ausführung werde aber nicht ordentlich bezahlt. „So werden beispielsweise die Gebühren für Genehmigungsverfahren vom Land festgelegt, die kaum die Kosten dieser Verfahren decken“, sagt Kischel. Außerdem habe das Land 2012 im Rahmen des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes rund eine Million Euro verweigert, kritisiert er. 2013 gibt es eine ähnliche Finanzierungslücke. „Der Zuschussbedarf im Teilhaushalt Jugend steigt laufend, etwa bei den Heimkosten oder den ,Hilfen für Erziehung‘, weil die Zuweisungen vom Land mit der Kostenentwicklung nicht Schritt halten“, sagt Kischel. Bei Bildung und Kultur nähmen Betriebs- und Personalkosten zu. „Auch die Schülerbeförderung nimmt mit steigenden Zahlen zu, die Zuschüsse dafür aber nicht.“ Kurzum: Überall, wo Kosten stiegen, Zuweisungen aber gleich blieben, entstünden für den Landkreis höhere Belastungen. Ein Problem sieht Kischel im Investbedarf. 172 Millionen Euro werden für Reparaturen von Brücken und Straßen gebraucht. Ausgeben kann der Kreis nur knapp 3,5 Millionen Euro jährlich. Bei diesem Tempo wären die Straßen in 50 Jahren wieder heil — aber nur theoretisch. Bis dahin gibt es längst neuen Sanierungsbedarf. Das Haushaltssicherungskonzept soll Hilfe bringen. Einschnitte bei Sozialleistungen sind nicht möglich — das sind „Pflichtleistungen“. Ebenso hat der Kreistag gegen Kündigungen in der Verwaltung gestimmt. Auch Vereine und Sport — das sind die „freiwilligen Leistungen“ — sollen wie bisher unterstützt werden. Geld — eine Million Euro — bringen soll hingegen der Verkauf von Immobilien. Alles in allem aber kommen nur 7,6 Millionen Euro zusammen. Deshalb hofft der Kreis auf 10,5 Millionen Euro vom Land. Geld, das aus mehr Steuereinnahmen, stammt. Und: Das Land hat die immense Belastung der Kreise erkannt und Geld in Aussicht gestellt. Trotzdem werden auch die Kommunen künftig stärker zur Kasse gebeten. Laut Sicherungskonzept wird die Kreisumlage von derzeit 67 Millionen Euro auf 72 Millionen Euro 2017 ansteigen. Das sind fünf Millionen Euro, die dann wieder in den Städten und Dörfern fehlen. Volkshochschule Doberan Preis auf VHB Das Gebäude Neue Reihe 50 ist Sitz der Volkshochschule. Der Verkehrswert muss noch ermittelt werden. Die Volkshochschule soll, wenn möglich, in ein anderes Gebäude umziehen. Sparmaßnahmen 2,2 Millionen Euro sollen bis 2017 zusammenkommen, wenn die Kreisverwaltung bis dahin jährlich fünf Arbeitsstellen streicht. Das soll ohne betriebsbedingte Kündigungen funktionieren. 83200 Euro werden durch Sparmaßnahmen und neue Gebühren an den Musikschulen Güstrow und Bad Doberan erwartet. Sie sollen die Verwaltung optimieren — oder zusammenlegen. Die Zahl der Festangestellten soll reduziert werden. 240000 Euro jährlich soll die Deckelung der Zuschüsse für den Flugplatz Laage bringen. Derzeit gibt der Kreis 640 000 Euro jährlich nach Laage, 2014 sollen es 550 000 , dann ab 2015 nur noch 400 000 Euro jährlich sein. Kreisverwaltung Doberan 696 300 Euro Das Gebäude der Kreisverwaltung ist bis 2016 geleast. Wir die Verwaltung künftig in kreiseigenen Gebäuden untergebracht, könnten 696 333 Euro jährlich an Leasingkosten gespart werden. 430 000 Euro Der Park am Krankenhaus in Hohenfelde ist an die Krankenhausgesellschaft verpachtet. Vom Verkauf erhofft sich die Kreisverwaltung 430 000 Euro. Ob die Klinik den Park für diese Summe kauft, ist offen. Klaus Walter

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