Liebesknoten, Kakadus und Rostocker Legenden

Warnemündes Museumsleiterin Kathrin Möller schaut ungeduldig die Alexandrinenstraße hinauf — ebenso wie die vielen Wartenden vor dem Heimatmuseum, Einheimische und Urlauber. Die „Nebelhörner“, die die „Lange Nacht der Museen“ in Warnemünde mit einem Konzert eröffnen sollen, sind noch immer nicht in Sicht. Schließlich rückt — quasi als Ersatz für die erkrankten Nebelhörner — kurzentschlossen der gesamte Posaunenchor der Warnemünder Kirchgemeinde an. Musiker helfen einander. Und mit ein paar Minuten Verspätung kann die lange Nacht beginnen. Im Museum zeigt Fischer Horst Ittrich, wie man einen „Liebesknoten“ bindet, der in Wahrheit ein unromantischer Fischersteg ist, wie er sagt. Weberin Ines Heinrich fachsimpelt an ihrem über 100 Jahre alten Musterwebstuhl mit einem Urlauber aus Thüringen über die Kunst der Weberei, und Urlauberin Gerlinde Fitzmann aus Dresden ist beeindruckt vom Gerät, mit dem Warnemündes Lotsenkommandeur Stephan Jantzen einst Seeleute aus höchster Not befreite. „Eine tolle Sache, so eine Museumsnacht“, sagt sie, und will weiter zur nächsten Station, dem Leuchtturm. Währenddessen erfüllt lauter Knall die Gegend um den Schwanenteich. Die Schützengesellschaft Concordia zeigt, was sie kann. Grund: In der Kunsthalle wird die Ausstellung „Menschen, Tiere und Kanonen“ eröffnet. Sie berichtet aus dem Leben von Vereinen in Loitz und Rostock. Die Schützen spielen eine wichtige Rolle in der Schau. „Ich bin fasziniert, wie innovativ die Kunsthalle hier agiert“, sagt Ausstellungsbesucherin Svenja Gierse (29), die in einem Freilichtmuseum bei Frankfurt am Main arbeitet, ihre Rostocker Kollegen für die Museumsnacht lobt. In der Zoologischen Sammlung der Universität ist es — wie in jeder Museumsnacht — brechend voll. Norma Schmitz führt durchs Haus, erzählt lebendig vom schweren Leben der Kakadus auf Neuseeland: „Die wenigen Weibchen, nur 24 Stunden im Jahr fruchtbar, sehen sich einer unglaublichen Überzahl liebestoller Männchen gegenüber.“ Das sei auch kein reines Vergnügen, sagt sie. Im „Kloster zum Heiligen Kreuz“ erzählt Museumsleiter Steffen Stuth vor dem neun Meter breiten Gemälde die Geschichte des Klosters, zeigt den winzigen Hund im Bild, der als Namenspate der Hundsburg bei Schmarl gilt, berichtet über dessen Frauchen, die dänische Königin Margarethe. Die war aus der Kirche ausgeschlossen worden, tat Buße beim Papst und musste nun ein Kloster bauen. Dafür wählte sie Rostock. Im Kloster erzählt auch Museologe Hartmut Schmied Legenden: vom Bäckermeister, der im Steintor eingemauert war, von der Schlange am Rathaus, von Figuren, die 35 Meter hoch am Turm der Marienkirche zu sehen sind — und die trotzdem kaum ein Rostocker kennt. In der Klosterkirche geht es unterhaltsam zu: Die „Sound Processing Unit“ begeistert ihr Publikum mit Breakdance. Ein paar Meter weiter auf einer Bank vor dem Kempowski-Archiv sitzen kurz vor Mitternacht Denise und Frank Wohltmann. „Nein“, haucht sie erschöpft. „Ins Schliemann-Institut gehen wir im nächsten Jahr.“ Klaus Walter

Rostock - Liebesknoten, Kakadus und Rostocker Legenden