MV: Dreckige Strände -Warum Umweltschützer und Forscher das Rauchen am Meer verbieten wollen

Folie, Flaschen und Hunderttausende Zigarettenkippen: Die Strände der Ostsee haben auch in MV zunehmend ein Müll-Problem. Am Wochenende haben sich landesweit mehr als 600 Menschen am internationalen Küstenputztag beteiligt. In nur zwei Stunden sammelten sich mehr als eineinhalb Tonnen Abfall – vor allem Plastik. Forscher des Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW), Naturschützer und auch Politik machen sich nun für ein Plastik-Verbot an den Stränden stark. Auch das Rauchen soll eingeschränkt werden: Denn allein in Rostock landen jährlich Hunderttausende Kippen im Meer. Bis zu 400 Müllteile je 100 Meter Strand: Das renommierte IOW befasst sich seit Jahren mit dem Thema Müll an den Stränden: „Der meiste sichtbare Dreck an den deutschen Ostseestränden stammt von den Strandbesuchern selbst“, sagt Meeresmüll-Experte Mirco Haseler. Alle drei Monate untersuchen IOW-Wissenschftler und Freiwillige insgesamt 24 immer gleiche Strandabschnitte entlang der gesamte Küste im Nordosten – zum Teil mit erschreckenden Ergebnissen: „An einzelnen Stränden im Norden der Insel Rügen wurden 400 Müllteile auf 100 Meter Strand entdeckt“, so Haseler. Der IOW-Experte für Meeresmüll befasst sich vor allem mit Makro- und Mesomüll – also Abfällen größer als fünf Millimeter. Im Durchschnitt würde an den Stränden 68 mit bloßem Auge sichtbar Abfall-Teilen gefunden. „Im Nordosten Rügens wird mehr Müll aus dem Meer angespült“, so Haseler. Ebenfalls auffällig: Die Strände in den Nationalparks im Land seien deutlich sauberer als etwa in den touristischen Hochburgen wie Kühlungsborn oder Warnemünde. „Brauchen strengere Regeln“: Er empfiehlt der Politik deutlich strengere Müll-Regeln für die Strände: „Auf Freiwilligkeit und die Einsicht der Menschen zu setzen, hat leider bisher wenig gebracht.“ Selbst an Stränden, an denen die Kurverwaltungen Strand-Aschenbecher samt Infotafeln aufgestellt hatten, sei die Müll-Situation kaum besser. „Das hat nicht zum Erfolg geführt. Die Politik ist gefragt, nun weitere Regularien zu erlassen.“ Haseler bringt ein Plastik- und Rauchverbot für die Strände ins Gespräch. Lesen sie auch: Küstenputztag in Rostock: Wo sogar noch Müll aus der DDR liegt Rostocks Natur: Diese zehn besonderen Warnow-Bewohner brauchen Ihren Schutz Ostsee-Hotels fast ausgebucht: Darum ist in den Ostseebädern noch Hochsaison Rostocks Umweltsenator Holger Matthäus (Grüne) wird sogar noch deutlich – und fordert ein stufenweises, aber generelles Verbot von Plastik als Verpackungsmaterial: „Plastik ist vom Segen zum Fluch für die Menschheit geworden. Wenn wir keine Kreislaufwirtschaft mit dem Wertstoff Plastik organisiert bekommen, gehört Plastik verboten – und zwar sofort für Verpackungen, Becher oder als Zusatzstoff zum Beispiel in Zahnpasta, mittelfristig dann für alle Produkte!“ Tourismusverband sieht generelles Verbote skeptisch: Auch der Naturschutzbund Deutschland fordert neue Vorgaben der Politik: „Das Müll-Problem nimmt auch an der Ostsee nicht ab. Der meiste Plastik-Abfall an den Stränden stammt von den Besuchern selbst“, so Nabu-Expertin Rebecca Kain. Kommentar zum Thema Der Tourismusverband hingegen sieht in dem Meeresmüll kein reines „Strand-Problem“: „Meeresmüll zu vermeiden ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Wir alle sollten daran arbeiten, Plastik so schnell es geht zu vermeiden“, so Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Landestourismusverbandes. Von einem generellen Rauchverbot am Meer hält er nichts: „Bestimmte Abschnitte können gerne rauchfrei sein. Das ist okay. Und an allen anderen Stränden müssen Kommunen und Behörden stärker darauf achten, dass die Kippen kontrolliert entsorgt werden – statt ins Meer oder in den Sand geworfen zu werden.“ Was meinen Sie liebe Leser? Sollen Zigaretten am Strand verboten werden? Hier geht es zur OZ-Umfrage Plastik macht das Gros des Mülls aus: „Plastik stellt mit 70 Prozent den Löwenanteil der Strandabfälle, davon wiederum sind 15 Prozent Zigarettenkippen“, so der IOW-Forscher. Das habe schlimme Folgen: „Der Strand in Warnemünde etwa muss in der Hauptsaison jeden Tag gereinigt werden. Das kostet Geld, ist ökonomisch ein Problem.“ Noch dramatischer: Weltweit seien mittlerweile 800 Tierarten bekannt, die Plastik aus dem Meer verschluckt oder sich zum Beispiel in Geisternetzen verfangen haben. „Die Gefährlichkeit von Plastik in der Umwelt besteht insbesondere auch darin, dass es sich nicht zersetzt und daher nicht irgendwann verschwunden ist. Es zerfällt in immer kleinere Teile – die dann wiederum auf den unterschiedlichsten Ebenen des Nahrungsnetzes für Probleme sorgen können. Je kleiner die Plastikpartikel sind, umso schlechter lassen sie sich auch wieder aus der Umwelt entfernen“, sagt Haseler. Lesen Sie auch Küstenputztag in Rostock: Wo sogar noch Müll aus der DDR liegt Rostocks Natur: Diese zehn besonderen Warnow-Bewohner brauchen Ihren Schutz Ostsee-Hotels fast ausgebucht: Darum ist in den Ostseebädern noch Hochsaison Von Andreas Meyer