Warnemünde - Mühlenstraße — so schlimm war es nie

Noch niemals zuvor war die Mühlenstraße in einem schlechteren Zustand als heute. Überall fußballgroße Löcher im Asphalt. Mehrere Dutzend zwischen Kirchenplatz und Kurhausstraße. Mehr als einmal stürzten Senioren mit ihren Rollatoren an solchen Stellen. „Ich habe mir hier mein Rad kaputt gefahren“, berichtet der Warnemünder Gerhard Alexander. Jan Richter, Wirt der Weinstube „De.Ja.Bo“, erzählt, wie unlängst ein Weinlieferant mit seinem Hubwagen in der maroden Straße stecken blieb. „720 Flaschen Wein waren auf der Palette“, sagt Richter. „Ich habe die Palette kippen gesehen, hatte den Wein kurzzeitig schon abgeschrieben.“ Die Hansestadt macht an der Straße so gut wie nichts mehr. Die Anwohner befürchten, dass dies die Retourkutsche für den massiven Widerstand gegen eine geplante Sanierung der Straße ist, bei der auch die Kopflindenallee komplett fallen sollte. „Nein, das ist nicht so“, beteuert Heiko Tiburtius, Leiter des Rostocker Tiefbauamtes. „Wir stellen die Instandhaltung der Straße nicht ein, um irgendwann sagen zu können, dass der grundhafte Ausbau unumgänglich ist.“ Wenn sich gefährliche Löcher auftun, werde reagiert und Abhilfe geschaffen. Dies bestätigt auch Anwohnerin Helga Lewerenz. „Das kann man nicht anders sagen“, meint sie. „Wenn ich beim Bauhof anrufe, kommt auch jemand.“ „Wenn wir nicht in jedem Fall sofort kommen, hat das damit zu tun, dass auch in Dierkow oder in der Innenstadt Schlaglöcher zu schließen sind“, sagt Tiburtius. Helga Lewerenz hat — trotz ihrer guten Erfahrungen — aber auch schon derbe Sprüche gehört, wenn sie Schadstellen melden wollte. „Mir hat mal einer gesagt, dass wir längst eine ordentliche Straße haben könnten. Weil wir aber um unsere Bäume gekämpft haben, dürfen wir uns nun nicht beschweren, wenn in die Straße nicht mehr investiert wird.“ Auch Wirt Jan Richter bestätigt, dass Schäden, die gemeldet werden, auch zeitnah repariert werden. „Was ich aber nicht verstehe, ist, dass die Leute vom Bauhof wirklich nur die drei Schlaglöcher schließen, die vor meiner Haustür sind und die ich gemeldet habe“, sagt er. „Sie kommen mit einem Teerwagen und könnten wirklich alle Löcher schließen — machen es aber nicht.“ Dies kritisiert auch Thomas Babka, Betreiber des Geschäftes „Moria Silberschmuck“. „Als ich sie gerufen habe, sind sie gekommen und haben die fünf Löcher vor meiner Tür geschlossen, in denen die Gehwegsteine fehlen. Gleich nebenan sind aber weitere solcher Schadstellen, für die sie sich überhaupt nicht interessiert haben.“ Für Tiburtius ist die Mühlenstraße nur eine von vielen Baustellen in der Stadt. „Sie ist wirklich in exorbitant schlechtem Zustand“, sagt er. Die Fahrbahn wurde viele Male repariert. „Auf dem Gehweg lösen sich in weiten Teilen die Platten auf.“ Schadstellen wurden mit unterschiedlichsten Mitteln aufgebessert, mit Kalkmischgut, Asphalt oder Brechsand. Dass die Straße saniert oder ausgebaut wird, ist aber nicht in Sicht. „Wir haben weder von der Kommunalpolitik dafür einen Auftrag, noch sind dafür mittelfristig Mittel vorgesehen“, so der Amtsleiter. Mittelfristig bedeute bis 2018, „falls es nicht doch noch neue Entscheidungen gibt“, will Tiburtius eine Wendung in der Entwicklung nicht gänzlich ausschließen. Helga Lewerenz akzeptiert, dass der Ausbau der Straße weit nach hinten geschoben wurde. „Damit kann ich leben“, sagt sie. „Womit ich mich aber nicht abfinden kann, das ist die Tatsache, dass es immer wieder auch zu Unfällen kommt, nur, weil die Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommt.“ Auch sie sei bereits schwer gestürzt. Anwohner stoppten Pläne Zweimal sollte die Mühlenstraße in den vergangenen 20 Jahren von Grund auf erneuert werden. Die Stadt zog sich beide Male aus diesem Vorhaben zurück, weil die Anwohner die Pläne nicht akzeptierten. Die Gründe für den Anwohnerprotest waren unterschiedlich. Der größte Widerstand wurde durch die zu erwartenden Kosten verursacht, die auf die Grundstückseigentümer zukommen. Die jüngsten Pläne wurden abgelehnt, weil die Stadt — anders als die Anwohner — die Alleebäume fällen will. Achim Treder