Norwegen hält Einzug ins Ostseebad

Eine dicke Staubschicht bedeckt die Möbel, Efeu wächst durch die Fenster, Teile des Gebäudes sind verwüstet, andere bilden eindrucksvolle Stillleben. Ein vergessener Ort. So sieht das Edvard-Munch-Haus in Warnemünde heute nicht mehr aus. Mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit Angelika Fischer in mehreren Schwarz-Weiß-Fotografien das verlassene Haus festgehalten hat. In einer Ausstellung im Künstlerhaus zeigt sie nun zusammenhängend das Ergebnis. Mit einer großen Feier wurde die Ausstellung zum 20. Jahrestag des heutigen Munch- Hauses am Donnerstag eröffnet. Zeitgleich wurde damit der norwegische Nationalfeiertag gewürdigt. Der norwegische Botschafter Petter Ølberg ist dafür aus der Bundeshauptstadt angereist. „Es war ein sehr gelungener Abend“, sagt Ølberg. Er ist begeistert, was das Haus in den vergangenen 20 Jahren vollbracht hat. Mehr als 80 Künstler aus Deutschland und Norwegen hätten hier ihre Werke ausgestellt und Lesungen gehalten. „Es ist eine ganz tolle Leistung und es ist wichtig, dass wir einen Weg finden, dass es so auch weiter geht.“ Er weiß, dass für den Künstler Munch Deutschland unglaublich wichtig war. Und auch Warnemünde gehört zur Geschichte des weltberühmten Malers. „Dieses Haus ist das einzige Munch-Haus außerhalb von Norwegen. Hier hat er gewohnt und extrem viel produziert.“ In nur 18 Monaten seien hier 60 Bilder entstanden, sagt auch die Galeristin des Künstlerhauses Rita Helm. „Das Haus ist ein Geschenk für alle Beteiligten, eine Freude und eine Anstrengung“, sagt Henry Tesch. Der ehemalige Landesminister ist der Vorsitzende des Edvard-Munch-Haus-Vereins. Er ist überwältigt von der Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen. „Es ist schon etwas Besonderes, an einem Donnerstagabend ein komplett volles Haus zu haben.“ Das sei nicht nur eine Möglichkeit, alte Bekannte und Enthusiasten der ersten Stunde zu sehen. „Hier haben sich auch Leute gefunden, die nun neue Mitglieder werden“, erzählt er. Für alle ist klar: „Wir machen hier weiter.“ Als Angelika Fischer mit ihrem Mann Bernd Erhard Fischer vor rund 20 Jahren das Haus betrat, waren kaum Spuren des Malers zu finden. „An anderen Orten können wir beim Fotografieren des Hauses ein indirektes Porträt des Künstlers zeigen“, sagt Angelika Fischer. Das sei hier nicht mehr möglich gewesen. „Es ist aber ein Porträt vom Haus, das viel Charakter und Persönlichkeit hat“, ergänzt ihr Mann. „Es ist die typische Art, wie meine Frau fotografiert. Sie achtet auf kleine Details“, schwärmt er beim Blick auf eines ihrer Bilder. Mehrere Jahre hatte das Haus leer gestanden, nachdem die letzte Eigentümerin Liselotte Zander 1990 verstarb. „Man hatte hier ein Loch in der Zeit entdeckt.“ Damals hatten sie die erste Publikation über das Haus geschrieben und begleiten die Entwicklung der Einrichtung bis heute. Für Angelika Fischer sei es nun etwas ganz Besonderes, die Situationen im Haus genau dort zu zeigen, wo sie sie vor 20 Jahren aufgefunden hat. Die Sonderausstellung mit den Fotografien von Angelika Fischer und historischen Fotos von Edvard Munch in dem Warnemünder Haus ist noch bis zum 8. Juli zu sehen. In dieser Zeit hat das Edvard-Munch-Haus donnerstags bis sonntags, 12 bis 17 Uhr geöffnet. Edvard Munch (1863-1944) ist einer der bedeutendsten Wegbereiter des Expressionismus in Europa. Neben mehr als 1700 Gemälden fertigte der Norweger Grafiken und Zeichnungen an. Eines seiner bekanntesten Werke ist „Der Schrei“. Von Mai 1907 bis Oktober 1908 lebt Munch in Warnemünde. Im Fischerhaus „Am Strom 53“, das aus dem 17. Jahrhundert stammt, erholt sich der Maler von einer tiefen Lebenskrise und verbringt hier 18 künstlerisch äußerst produktive Monate. Danach hält er sich längere Zeit in einer Nervenklinik im dänischen Kopenhagen auf. 1944 stirbt Munch im Alter von 81 Jahren. Er vermacht sein gesamtes Werk der Stadt Oslo, die es seit 1963 im Munch-Museum ausstellt. Johanna Hegermann

Warnemünde - Norwegen hält Einzug ins Ostseebad