Open Ship: Rostock begrüßt die neue „Sonne“

Masten sind magnetisch — das wissen Rostocker und Warnemünder spätestens seit der ersten Hanse Sail. Aber auch völlig unromantische Schiffsneubauten haben es den Menschen aus der Region offenbar angetan: Das neue Forschungsschiff „Sonne“, das gestern zwischen 11 und 17 Uhr seine Gangway zum „Open Ship“ am Warnemünder Passagierkai niedergelassen hatte, erlebte einen regelrechten Ansturm interessierter Besucher. Deutlich mehr als 3000 waren es, und damit fast so viele wie am Wochenende in Hamburg. Unter den vielen eigens Angereisten war die Klasse 9 der Freien Schule Rerik. Schon am Vortag hatten sich Schüler in einem Fernsehbericht über das neue Schiff des Bundesforschungsministeriums und seine Aufgaben informiert. „Wir haben sogar eine Führung bekommen“, freut sich Klassenleiterin Marika Kahle. Die übernahm Regine Labrenz vom Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW). Gemeinsam mit Meeresforscher Martin Engels informierte sie unter anderem über das „Golden Eye“, das ganz und gar nichts mit dem 1995er James-Bond-Film zu tun hat. „Mit unserem Golden Eye suchen wir Rohstoffe auf dem Meeresgrund“, erläuterte Engels. Das Gerät sende elektromagnetische Wellen in den Meeresboden, und anhand des Echos könnten sich die Wissenschaftler ein Bild über Gestalt und Vorkommen unter anderem von Erzen machen. Für ein rund 10 000 Quadratkilometer großes Areal im Indischen Ozean habe die Bundesrepublik eine Lizenz erworben. „Dort wollen wir uns mit der ,Sonne‘ auf Rohstoffsuche begeben“, sagt der Meeresforscher. Ob und wann die Rohstoffe — Manganknollen, Methanhydrate oder Massivsulfide — eines Tages abgebaut werden, stehe aber längst noch nicht fest, sagte Regine Labrenz. „Alles, was wir finden können, ist auch Bestandteil eines ökologischen Systems. Und zuerst müssen wir verstehen, wie dieses Ökosystem überhaupt funktioniert“, sagte sie. Geräte, Apparate und Labors hatten es aber nicht nur den Rerikern angetan. „Es ist sensationell, was man hier zu sehen bekommt“, sagte die Rostockerin Silvia Grehsin, die mit ihren Freundinnen geduldig an der Brücke des Schiffes anstand — dem Nadelöhr des Besucherrundgangs auf der 116 Meter langen „Sonne“. Kurt Bernstein, der sich als „alter Seemann“ bezeichnete, waren die 36 Meter Höhe über der Wasserlinie suspekt. „Ne, im Pazifik möchte ich damit nicht umherschwimmen“, sagte er. Doch genau dort ist das künftige Einsatzgebiet des Schiffes, seiner 35 Mann starken Stammbesatzung und der 40 Wissenschaftler, die für jeweils sechs bis acht Wochen an Bord sein werden. Und die Reriker Schüler? Luca Grapentin findet die „Sonne“ sehr interessant. „Aber so ein Forscherdasein? Für mich wäre das nichts“, gesteht er. Klaus Walter

Warnemünde - Open Ship: Rostock begrüßt die neue „Sonne“