Poker, Black Jack, Automaten: Entsteht neues Casino im Rostocker Stadthafen?

Die Bürgerschaft hat es in der Hand, ob im Stadthafen demnächst die Roulettekugel rotiert – oder nicht. Nach sieben Jahren ohne Casino in der Hansestadt sollte eigentlich ab diesem Frühjahr in den Hafenterrassen wieder gezockt werden dürfen. Die Betreiber planen „Großes Spiel“ einschließlich Poker und Black Jack in einer oberen Etage, sowie im Stockwerk darunter, etwas weniger glamourös, Automaten. Das gab es in Rostock zuletzt 2013, als die Spielbank im Warnemünder Kurhaus nach 15 Jahren den Betrieb einstellte. Die Neuauflage wird zum Geduldsspiel, die Vorbereitungen laufen bereits seit vier Jahren. Zwar sind sich das Unternehmen Spielbanken MV und die Wiro über die Konditionen des Mietvertrags offenbar einig. Allerdings muss erst noch die Stadt zustimmen. Die neue Nutzung macht eine Änderung des Erbbaupachtvertrags zwischen Hansestadt und Wiro erforderlich. Darüber soll die Bürgerschaft nach der Sommerpause im August entscheiden. Hinter verschlossenen Türen, wie üblich bei Immobiliengeschäften. SPD will kein Roulette: Nicht bei allen Abgeordneten löst die Aussicht auf Roulettetische im Stadthafen Glücksgefühle aus. „Der Staat sollte nicht am Glücksspiel mitverdienen“, sagt Anke Knitter (SPD). Die Spielbanken zahlen hohe Abgaben für ihre Konzession, zugleich fördere ihr Angebot die Spielsucht. Dass für andere Glücksspielanbieter wie Spielhallen, Wettbüros und Online-Casinos weniger strenge Regel gelten, ändere daran nichts. Die Bürgerschaft stimmte 2018 zunächst gegen eine Spielbank im Stadthafen. Nach einem Votum des damaligen Oberbürgermeisters Roland Methling (parteilos) wurde erneut abgestimmt, diesmal mit einer Mehrheit fürs Glücksspiel. Im Jahr darauf sprach sich der Ortsbeirat Stadtmitte gegen das Vorhaben aus. Einem Großteil der Rostocker Spielhallen droht die Schließung. Seit 2017 schreibt ein Gesetz Mindestabstände zu Schulen und anderen Spielhallen vor. Nach früheren Angaben des Innenministerium erfüllen von 40 Spielstätten 37 in der Hansestadt diese Vorgaben nicht. Sie unterscheiden sich von den staatlich konzessionierten Spielbanken. Bei letzteren gelten striktere Auflagen, zum Beispiel Einlasskontrollen, Ausweispflicht und ein bundesweit Sperrsystem für suchtgefährdete Spieler. Spielbanken gibt es in ganz MV zurzeit nur in Stralsund, Neubrandenburg und Schwerin. Fraktionschefin Eva-Maria Kröger (Linke) sieht es anders: Spielbanken seien staatlich strikt reglementiert, Jugendschutz sei nicht gefährdet. De Casions seien „letztlich auch nur ein Angebot der Unterhaltung. Dieses Angebot kann man wahrnehmen oder eben nicht“ Daniel Peters (CDU), Vorsitzender der CDU/UFR-Fraktion, erwartet ebenfalls kein Negativvotum der Bürgerschaft. Es gebe eine „Verbotsarie“ gegen die Glücksspielbranche, an der er sich nicht beteiligen wolle. Neue Frist läuft bis Herbst: Das Land vergab 2016 nach europaweiter Ausschreibung mit mäßiger Resonanz eine Konzession an die Spielbanken MV GmbH für Automatenspielen in den „Nebenspielstätten“ in Stralsund, Schwerin und Neubrandenburg sowie für „großes und kleine Spiel“ in Rostock. Geschäftsführer Thomas Fritz leitete bereits die inzwischen geschlossenen Spielbanken in Schwerin und Warnemünde. Die Konzession schrieb für Rostock ursprünglich eine Wiedereröffnung bis spätestes Jahresmitte 2020 vor. Das Schweriner Innenministerium verlängerte inzwischen die Frist für Rostock bis Ende Oktober. An den anderen drei Neben-Standorten wird seit 2018 wieder gespielt. In der Coronakrise waren die Betriebe geschlossen, Montag dürfen sie wieder öffnen. Es sind derzeit die einzigen Spielbanken in MV, die Casinos in Heringsdorf, Waren und Binz sind längst verschwunden. Ob ein Scheitern der Spielbank-Pläne in Rostock die gesamte Konzession mitsamt den Nebenspielstätten aufheben würde, konnte das Innenministerium zunächst nicht beantworten. Spielbank-Chef Fritz reagierte zwei Tage lang weder auf telefonische noch schriftliche Anfragen der OZ. Nach früheren Angaben rechnet der Geschäftsführer im Stadthafen mit 40 Mitarbeitern und jährlichen Einnahmen von 4,5 Millionen Euro. Laut Spielbankgesetz MV würden davon 60 Prozent an den Staat gehen. Mutterkonzern in Strache-Affäre verwickelt: Laut dem jüngsten im Bundesanzeiger veröffentlichten Abschluss gehört Spielbanken MV zu 100 Prozent dem österreichischen Glücksspielkonzern Novomatic. Der steht in seinem Heimatland derzeit im Mittelpunkt der sogenannten Casinos-Affäre, bei der es um vermeintlich gekaufte Politiker geht. Auslöser war das Ibiza-Video, das vor einem Jahr die Karriere von FPÖ-Rechtsaußen Heinz-Christian Strache beendete. Auch Novomatic reagierte nicht auf Fragen der OZ zu ihrer Mecklenburger Beteiligung. Lesen Sie auch: Spielsucht – im Sog der Unglücksspirale Spielhallen in MV läuten zur letzten Runde Heringsdorf will die Spielbank zurück Von Gerald Kleine Wördemann