„Timm leidet wie viele junge Leute darunter, dass wir von ihnen erwarten, was wir von uns erwarten.“ So beschrieb es Schriftsteller Werner Lindemann in seinem Buch „Mike Oldfield im Schaukelstuhl“, das 1988 erschien. Verfasst hat es der Autor bereits Anfang der Achtziger. Und Timm, das ist sein Sohn Till, der in Rostock und Schwerin aufwuchs. Werner Lindemann verarbeitete damals den schwierigen Abnabelungsprozess seines damals 19-jährigen Sprösslings. Anfang der Achtziger wohnten Vater und Sohn Lindemann zusammen in einem Mecklenburger Bauernhaus und mussten miteinander klarkommen.
Rammstein-Sänger tief in MV verwurzelt
Die Familie Lindemann war tief in Mecklenburg verwurzelt, Mutter Gitta Lindemann arbeitete als Hörfunkjournalistin, 1992 bis 2002 war sie Kulturchefin bei Radio MV des NDR. Werner Lindemann, bekannter Autor und Lyriker starb bereits 1993, heute ist in Rostock eine Grundschule nach ihm benannt. Doch der Schriftsteller konnte den Erfolg seines Sohnes mit Rammstein nicht mehr erleben. Denn der bahnte sich erst ab 1995 an, als die Band ihr Album „Herzeleid“ veröffentlichte und auf sich aufmerksam machte.
Die Gruppe hatte sich Anfang der Neunziger Jahre aus Resten verschiedener DDR-Bands rekrutiert, unter anderem aus Feeling B und der Schweriner Punkband First Arsch. Musikalisch verwurzelte sich Rammstein gleichsam im Metal und im Industrial. Die große Aufmerksamkeit kam spätestens mit den CDs „Sehnsucht“ (1997) und „Mutter“ (2001). Auch international stellte sich der große Erfolg ein, besonders in den USA. Dazu trugen auch die wohlkalkulierten Doppeldeutigkeiten der Gruppe bei, manchmal auch ein Aufreger. So wie die 1998 im Musikvideo zu „Stripped“ verwendeten Filmszenen, die Leni Riefenstahl 1936 für den Olympiafilm gedreht hatte.
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Die pyrotechnisch aufgewerteten Bühnenshows der Band machten ihre Ausnahmestellung im Musikgeschäft komplett. Die Bühnenpräsenz von Till Lindemann, der inzwischen in der Nähe von Wismar lebt, trug erheblich zum Erfolg der Band bei, auch die von ihm verfasste Rollenlyrik, die ebenfalls zu vielen Deutungen einlud. Zwischendurch war es etwas ruhiger geworden um Rammstein, 2009 erschien die letzte CD unter dem Titel „Liebe ist für alle da“.
Nun kommen sie wieder auf Tour. Für 2019 hat die Band eine Europatour angekündigt, die die Musiker von Rammstein am 16. Juni auch ins Rostocker Ostseestadion führen wird.Folgendes schrieb Werner Lindemann über eine Mike-Oldfield-LP, die er aus der Plattensammlung seines Sohnes gezogen hatte, um mehr über dessen musikalische Vorlieben zu erfahren. „Ich lausche der Musik. Schön. Sehr schön sogar! Aber warum muss sie so laut gehört werden?“ Diese Frage hat sich für Rammstein nie gestellt.
Thorsten Czarkowski und Juliane Schultz