Rathaus hart: Kein Geld für die Bären

Es soll der nächste Besuchermagnet sein, ein weiteres Aushängeschild für den Zoo: Doch der Bau des Polariums — der neuen Heimat für Eisbären und Pinguine — droht am Widerstand des Rathauses zu scheitern. Denn: Der Zoo braucht dieses Mal Geld von der Stadt. Rund 3,5 Millionen Euro, verteilt über zehn Jahre. Doch Oberbürgermeister Roland Methling (UFR) will das Geld nicht bereitstellen: Rostock könne sich die zusätzliche Ausgabe nur leisten, wenn bei anderen freiwilligen Aufgaben gestrichen werde — oder die Stadt neue Schulden macht. Insgesamt 9,7 Millionen Euro will Zoo-Chef Udo Nagel in das Polarium investieren. „Es soll mehr als nur ein Gehege werden“, sagt er. Zusammen mit dem Zoologischen Institut der Uni soll eine Lern- und Erlebniswelt rund um die Eisbären entstehen — „ähnlich wie das Darwineum, aber natürlich nicht so groß.“ Das neue Gebäude soll auf einer zooeigenen Brache entstehen. Besucher könnten die Eisbären dann auch unter Wasser beobachten. Zudem sollen die Nahrungsketten in den eisigen Regionen der Welt dargestellt werden — und es werde einen Themenbereich rund um die Bionik geben. „Mit dem Darwineum haben wir in Europa einen Trend ausgelöst. Viele Zoos setzen jetzt auf Bildung“, sagt Nagel. Das Rathaus aber bleibt vorerst hart. Stadtsprecher Ulrich Kunze bringt Methlings Meinung auf den Punkt: „Für den OB steht die Finanzierung des neuen Volkstheaters an erster Stelle. Alle anderen Großprojekte sind da zweitrangig.“ Selbst wenn es „nur“ um 340 000 Euro pro Jahr gehe. Das letzte Wort habe aber im September die Bürgerschaft. In der zeichnet sich aber erneut eine Mehrheit für das Projekt ab, denn erneuert werden muss die Anlage für die Eisbären eh. Das schreiben neue Normen vor. „Wir haben die Wahl, ob wir das Gehege abreißen oder neu bauen. Aber der Abriss allein würde auch drei Millionen Euro kosten“, sagt die Fraktionschefin des Rostocker Bunds, Sybille Bachmann. Wirtschaftlich mache es daher mehr Sinn, das Geld in das neue Polarium zu stecken. Das sieht die SPD ganz ähnlich: „Der Zoo hat eine richtig gute Entwicklung hinter sich. Die 3,4 Millionen Euro sind viel Geld — im Vergleich zu anderen Vorhaben aber nicht übermäßig viel. Wir haben deshalb Unterstützung zugesagt“, so Fraktionsboss Steffen Wandschneider. Die CDU will sich hingegen noch nicht festlegen: „Wir lassen uns das Vorhaben Mitte August im Zoo vorstellen. Dann entscheiden wir uns“, sagt Fraktionschef Berthold Majerus. Insgesamt rund 50 Millionen Euro an Investitionen hätten er und seine Mitstreiter seit 1992 in den Zoo geholt — Geld aus Fördertöpfen, von Stiftungen und Spenden. „Doch dieses Mal gehen wir in die Knie. Ohne Hilfe der Stadt schaffen wir es nicht.“ Die Spendenaktion „Taler mehren für die Bären“ laufe zwar gut, aber an die 1,7 Millionen Euro, die einst für das Darwineum zusammenkamen, werde der Zoo niemals herankommen. Der Zoo arbeitet übrigens an noch einer Front an seiner Zukunft: Wie viel sind die Rostocker bereit, für ihren Zoo zu zahlen? Das und noch weitere Fragen zum größten Tierpark des Landes soll eine neue Studie herausfinden. Mehr als 1000 Leute sind in den vergangenen Tagen dazu befragt worden. „Einige Ergebnisse sind ziemlich überraschend“, sagt Irina Kirner vom Rostocker Marktforschungsunternehmen Kaufmann & Kirner. Die Verkaufsexpertin nutzt die Studie für ihren nächsten Uni-Abschluss. Sechs Jahre liegt die letzte Kundenbefragung zum Zoo zurück. Zu lang, wie Rene Gottschalk vom Zoo findet. „Damals wurde sich bei der Befragung auf das noch entstehende Darwineum konzentriert.“ Nun gehe es ganz klar um den Umsatz und die Frage, wie die Eintrittspreise von den Kunden wahrgenommen werden. Erste Ergebnisse liegen hier bereits vor. „Viele Besucher empfinden die 16 Euro für eine normale Tageskarte anfangs als viel zu hoch“, so Kirner. Allerdings: Ein Großteil der Besucher revidiere nach dem Besuch diese Meinung und sei erstaunt über das vielfältige Angebot. „Wir müssen jetzt herausfinden, woran das liegt“, so Kirner. Zoo-Marketingchef Gottschalk schließt als Ergebnis der Studie sogar eine Preissenkung nicht aus. „Wir müssen herausfinden, wie es uns gelingt, mit den Preisen eine bestmögliche Besucherzahl zu erreichen.“ Preise und Besucher 16 000 Jahreskarten sind derzeit im Umlauf. Das sind 4000 mehr als vor dem Bau des Darwineums. Kinder bis sieben Jahre haben freien Eintritt. Laut Tierpark ist Rostock der einzige Zoo in Deutschland, der dieses Angebot macht. 1000 Besucher hat Irina Kirner (28) für die neue Studie bereits befragt. Sie studiert Marketing und Vertrieb in Wismar. Die Studie ist Teil ihrer Masterarbeit, die sie im September einreichen wird. Sophie Pawelke und Andreas Meyer

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