Rentner hinterzieht massiv Steuern in MV: „Wollte zum Golfclub gehören“

Wegen Steuerhinterziehung in zahlreichen Fällen ist am Rostocker Landgericht am Freitag ein 77-jähriger Rentner zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Günter H. zwischen 2007 und 2017 den Finanzbehörden in MV einen Gesamtschaden von 755 500 Euro zugefügt hat. Der damalige Makler für Immobilien- und Bauvorhaben hatte mehrere Firmen, eine davon unter anderem in Kühlungsborn, und erhielt Vermittlungsprovisionen, die Einkünfte hat er bewusst verschleiert, indem er sie nicht ans Finanzamt meldete. Der Richter befand in seiner Urteilsbegründung, dass der 77-Jährige aus Geldgier heraus den Entschluss fasste, sich für die Finanzbehörden „unsichtbar“ zu machen und die Einkünfte geheim zu halten. Geldgier führte zum Steuerbetrug: H. war zum Tatzeitpunkt in Millionenhöhe verschuldet und pflegte einen hohen Lebensstandard. So wollte der Senior, der ursprünglich aus Neustrelitz kommt, auch weiterhin zur Golfclub-Elite gehören und oben in der Chefetage seiner Unternehmen mitspielen. Die Schadenssumme der bis 2013 nicht abgeführten Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer betrug für die Finanzämter knapp 340 000 Euro. Über Kontrollmeldungen der Behörden untereinander kamen die Beamten dem Mann auf die Schliche, ein Verfahren wurde eingeleitet. Die Geldgier war jedoch so groß, dass er die Abführung der Steuern an die Finanzbehörden auch weiterhin verschleiern wollte. Dafür gründete er zusammen mit zwei weiteren Männern eine neue GmbH. Die Gruppe um Günter H. war sich sicher, die „Zauberformel der Steuervermeidung“ gefunden zu haben. 2017 flog auch dieser Betrug auf. Der entstandene Schaden durch das Einbehalten der Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zwischen 2013 und 2017 betrug rund 416 000 Euro. Wegen 15 Fällen von Steuerhinterziehung verurteilt: Die Kammer sah die Steuerhinterziehung in 15 Fällen als vollendet und in vier Fällen als Versuch an. Bei der Urteilsfindung kamen dem 77-Jährigen dessen umfassendes Geständnis, seine Haftempfindlichkeit aufgrund des hohen Alters und der Fakt, dass die Taten lange zurückliegen, zugute. Gegen ihn sprach vor allem, dass der Ex-Makler trotz Bekanntwerdens des ersten Ermittlungsverfahrens nicht aufgehört und weiterhin Steuern in großem Ausmaß hinterzogen hat. Lesen Sie auch: Angeklagter geht mit Messer auf Hals seines Opfers los – Prozess in Rostock gestartet Die zweijährige Gesamtfreiheitsstrafe konnte auf Bewährung ausgesetzt werden. Der Senior bekommt einen Bewährungshelfer an die Seite. Er muss zudem eine Geldstrafe von 24 500 Euro sowie die Kosten des Gerichtsverfahrens bezahlen. Da sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte selbst keine Rechtsmittel mehr einlegten, ist das Urteil bereits rechtskräftig. Von Stefan Tretropp