Rostock: OB Madsen vergibt Spitzenposten

Wenn es darum geht, Rostocks Zukunft zu gestalten, hat Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen ein Problem – ein Personalproblem: Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke) ist voll beschäftigt mit Schulen und der Corona-Pandemie. Ob Finanz- und Ordnungssenator Chris Müller-von Wrycz Rekowski (SPD) weitermachen darf, ist noch offen. Seine Wiederwahl steht im Sommer an. Und Verkehrssenator Holger Matthäus (Grüne) hat Ärger an allen Fronten, weil er den Klimaaktivisten in der Stadt oft nicht „grün“ genug ist und es der Wirtschaft in seinem Senatsbereich zu langsam vorangeht. Der OB will deshalb die Strukturen im Rathaus komplett umbauen und sich einen neuen starken Mann, lieber noch eine starke Frau ins Boot holen – einen vierten Senator. Die Bürgerschaft signalisiert bereits Zustimmung, hinter den Kulissen wird schon um Führungsposten gepokert. Neuer Fokus auf die Wirtschaft? Vor allem ein Feld bereitet Madsen Sorgen: „Wenn ich mir das Organigramm der Stadtverwaltung anschauen, ist ein Bereich gar nicht besetzt. Doch auf den wird es in den kommenden Jahren mehr denn je ankommen: unsere Wirtschaft“, sagt Madsen. Die Stadt hat zwar mit Rostock Business eine eigene Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, innerhalb der Verwaltung gibt es aber keinen Ansprechpartner. Madsen will das ändern. Seit Wochen arbeitet er an Konzepten für einen neuen Senatsbereich Wirtschaft und Stadtentwicklung. „Wir haben Riesenprojekte vor der Brust – und damit meine ich nicht nur die Buga. Dafür brauchen wir jemanden mit Durchschlagskraft, der uns voranbringen kann.“ Madsen sucht einen Strategen, der für die Unternehmen ansprechbar ist – neue Firmen lockt, bestehenden Betrieben hilft. „Die Pandemie wird uns auf Jahre noch beschäftigen.“ Rostock müsse schnell wieder auf den Wachstumskurs zurückkehren – das sei wichtig für die Menschen, die Arbeit brauchen, und wichtig für die Stadt, die die Steuereinnahmen benötigt. Den bestehenden Strukturen traut er das offenbar nicht zu. Eine Zeit lang soll Madsen auch mit einem Senator für Kultur geliebäugelt haben, als möglicher Kandidat galt Kunsthallen-Chef Jörg-Uwe Neumann. Das aber ist vom Tisch. CDU hat das Zugriffsrecht: Der neue Senator soll ein „Schwarzer“ sein und würde um die 9000 Euro im Monat verdienen. Zwischen den Fraktionen der Bürgerschaft gibt es das ungeschriebene Gesetz, dass im Senat des Rathauses möglichst alle Fraktionen vertreten sein sollen. SPD, Linke und Grüne stellen bereits Führungskräfte, die CDU wäre beim neuen Senator dran. Fraktions- und Parteichef Daniel Peters galt lange als möglicher Aspirant, er will sich jedoch voll auf sein Mandat im Landtag und die Wahlen im Herbst fokussieren. Nur so viel sagt er: „Insbesondere die Fragen der Stadtentwicklung und der Wirtschaft werden für die Zukunft der Stadt entscheidend sein. Vor dem Hintergrund der vielen Herausforderungen, Aufgaben und Projekte der Stadt ist ein neuer Zuschnitt der Verwaltungsstruktur durchaus sinnvoll. Die Hauptsatzung der Stadt sieht einen vierten Senator vor.“ Mit mehr als 210 000 Einwohnern ist Rostock auch nach Recht und Gesetz längst groß genug für vier Senatoren. Mehrheit für neuen Posten: Auch in den anderen Fraktionen zeichnet sich eine Zustimmung für einen neuen Senator ab: „Im Bereich der Kultur haben wir vieles angeschoben und da machen wir natürlich weiter. Doch wir sehen auch, dass wir dringend jemanden für die Stadtentwicklung brauchen, damit kein Stadtteil den Anschluss verliert“, so Linken-Chefin Eva-Maria Kröger. Wenn OB und CDU dafür eine Frau finden, „dann wäre ich sehr begeistert.“ Die SPD ist ebenfalls aufgeschlossen: „Rostock hat eine Größe, bei der vier Senatoren angemessen sein können. Wichtig ist, dass die gesamte Verwaltung klug gegliedert ist. Als große Fraktion hätte die CDU grundsätzlich ein Vorschlagsrecht. Natürlich gilt aber das Prinzip der Bestenauslese“, sagt SPD-Frontmann Steffen Wandschneider-Kastell. Lesen Sie auch Madsen-Auftritt bei Lanz: "Er spricht aus, was andere nur leise denken" Bus und Bahn in Rostock: Was sich Madsen von der RSAG wünscht Alle reden über Madsen: Kann Rostocks OB auch Ministerpräsident? Bereits 2013 habe die Bürgerschaft einen zusätzlichen Senator beschlossen, sagt Sybille Bachmann (Rostocker Bund). „Der Senator sollte unbedingt an die CDU gehen“, sagt sie. Sie würde das Rathaus komplett neu strukturieren, Stadtentwicklung und Bau als einen Bereich schaffen. Die Grünen drücken sich noch vor einer klaren Positionierung: „Die Struktur und manche Prozesse in der Stadtverwaltung sind sicher verbesserungswürdig. Was dazu der richtige Weg ist, sollten wir gemeinsam besprechen“, sagt Fraktionschef Uwe Flachsmeyer. Poker hinter den Kulissen: Hinter den Kulissen wird um den neuen Führungsposten längst gepokert. Denn im Sommer muss sich zunächst Chris Müller-von Wrycz Rekowski nach sieben Jahren zur Wiederwahl stellen. Die gilt als sicher, obwohl sich hartnäckig Gerüchte halten, den Senator selbst ziehe es eher an die Spitze eines städtischen Unternehmens. „Mit Chris stellt die SPD einen engagierten und erfolgreichen Senator und stellvertretenden Bürgermeister. Wir werben aus Überzeugung für seine Wiederwahl“, stellt hingegen Fraktionschef Wandschneider-Kastell klar. Auch die Grünen signalisieren bereits, Müller-von Wyrcz Rekowski erneut wählen zu wollen. Die Linke hingegen macht ihm noch keine Zusicherungen. Fraktionschefin Kröger: „Wir werden reden, auch über seine Haltung zu Rostocks Finanzen. Ich möchte hören, dass es ihm nicht nur darum geht, eine Buga oder ein Hansa-Stadion zu finanzieren, sondern dass die kleinen Vereine und die notleidende Kulturszene mindestens genauso wichtig sind.“ Von Andreas Meyer

Rostock: OB Madsen vergibt Spitzenposten - wer bekommt ihn?