Rostock lockt Filmemacher und Kinostars

Rostock kann großes Kino. Davon ist Marco Voß fest überzeugt. Als Drehortvermittler holt er Film- und Fernsehproduzenten in die Stadt. Von Action bis Herzschmerz: Für jedes Genre hat er die passende Kulisse im Portfolio. Und die seien begehrt. „Hier wurden schon mehr als 60 Spielfilme gedreht“, berichtet der Rostocker. Womöglich werden daraus schon bald mehr. „In Berlin und Brandenburg boomt die Branche.“ Weil XXL-Drehs wie aktuell zum US-Serienhit „Homeland“ dort zunehmend Platz beanspruchten, könnten kleinere Filmcrews nach Rostock ausweichen. „Das ist unsere Chance“, glaubt Voß. Deshalb prüfe der Drehservice „Filmlocation MV“, ob sich manche Großstadtkulisse nicht auch an der Küste inszenieren ließe. Bislang hat sich Rostock hauptsächlich mit TV-Auftritten begnügen müssen. Die aber sind ziemlich erfolgreich: Mehr als acht Millionen Zuschauer schalten ein, wenn Fernseh-Kommissar Charly Hübner für „Polizeiruf 110“ Verbrecher an der Warnow jagt. „Er ist unser bester Botschafter“, sagt Voß. Doch auch schon andere namhafte TV-Größen haben in Rostock vor der Kamera gestanden. Für „Kennen Sie Ihren Liebhaber“ checkten Christine Neubauer und Ulrich Noethen 2011 in der Yachthafenresidenz Hohe Düne ein. Im Jahr zuvor drehten Marie Bäumer, Benno Führmann, Anja Kling und Thomas Kretschmann für den umstrittenen TV-Zweiteiler „Die Grenze“ in der City und in Warnemünde. Im gleichen Jahr spielten Jacob Matschenz und Bernhard Schütz für „Das System — Alles verstehen heißt alles verzeihen“ in einem Plattenbau im Schiffbauerring von Groß Klein. Besonders beliebt bei Regisseuren und Produzenten sei Warnemünde, sagt Marco Voß. „Top-Location ist die Mole. Das war schon zu Defa-Zeiten so. Damals war sie der Sehnsuchtsort der gesamten DDR“, sagt Voß. In den späten 90ern flimmerte das Ostseebad sogar regelmäßig über die Mattscheiben der Nation: Von 1997 bis 2000 wurde hier die ARD-Vorabendserie „Tanja“ mit Katharina Wackernagel produziert. Überhaupt könne Rostock mit der Kombination aus maritimem Flair und lebhafter Stadtszenerie in der Branche punkten. „Das ist unser Tafelsilber“, sagt Marco Voß. In dessen Glanz hat sich selbst Hollywood bereits gesonnt: 2004 entblätterte sich US-Sternchen Michelle Trachtenberg — bekannt aus „Gossip Girl“ und „Buffy“— am Strand von Hohe Düne für den Teenie-Klamauk „Eurotrip“. Mit dabei: Komparsen aus Rostock und Umgebung, die als Nudisten durch die Szene springen. Über internationales Staraufgebot konnte sich kürzlich der Airport Laage freuen: Die Crew von „Le Confessioni“, einem Politthrillers mit Filmstars wie Toni Servillo, Daniel Auteuil, Connie Nielsen, Lambert Wilson und Moritz Bleibtreu, hat dort gedreht. „Die waren begeistert“, berichtet Voß. Gerade weil der Flughafen eben nicht vollends ausgelastet ist, eigne er sich gut für Filmproduktionen. „In Tegel bekommt man so gut wie keine Drehgenehmigungen mehr. Hier ist das kaum ein Problem.“ Um Rostocks Filmkulissen noch besser zu vermarkten, wäre eine wirtschaftliche Filmförderung nötig, sagt Voß. Große Hoffnungen setze er aber auch auf die Rostocker, die, wenn auch nicht unbedingt als Filmstars, sich schon einen Namen in der Showbranche gemacht haben. Wie Rapper Marteria, der hier seinen Musikclip zu „Mein Rostock“, drehte. „Wir brauchen solche Leute mit persönlichem Bezug zur Stadt. Wer von hier ist und es ins Business schafft, ist unsere beste Werbung.“ Chancen, es ins Fernsehen oder sogar auf die Kinoleinwand zu schaffen, hat theoretisch jeder Rostocker. Voß rührt bei Drehbuchautoren nämlich nicht nur für Orte wie Warnowtunnel, Radrennbahn und das alte Kesselhaus des DMR die Werbetrommel. Über das Online-Portal www.filmlocation-mv.de kann jeder sein eigenes Heim als Drehkulisse anbieten. Das lohne sich zwar hauptsächlich bei speziellen Wohnungen wie Lofts oder Ateliers, erklärt Voß. „Aber wenn alles stimmt, klopft vielleicht eines Tages ein Locationscout an die Tür.“ Seit Jahrzehnten wird in Rostock gedreht Schon vor mehr als 80 Jahren zog es Schauspielstars an die Warnow: 1933 drehte Hans Albers hier für „F.P.1 antwortet nicht“. Elf Jahre später standen in Warnemünde — damals nahezu unbekannt — Hardy Krüger, Dietmar Schönherr und Gunnar Möller für „Junge Adler“ vor der Kamera. In den 80er Jahren war Rostocks Hafen Kulisse für die beliebte Serie „Zur See“. Auch Szenen für „Heißer Sommer“ mit Frank Schöbel und Chris Doerk entstanden hier. Ein Filmhighlight waren die Dreharbeiten des Mecklenburgers Andreas Dresen, der 2000 den preisgekrönten Kinofilm „Die Polizistin“ im 70er-Jahre-Plattenbaugebiet Lütten Klein drehte. In den Hauptrollen: Gabriela Maria Schmeide und Axel Prahl. Dafürt gab es den Grimme- und den deutschen Kamerapreis. Besonders für den Gegenwartsfilm bietet sich Rostock als Drehort an. Polizeireviere, Kliniken, Kanzleien, Neubauwohnungen, Hotels und Bars, auch Industriebrachen, Hafen oder Fähranleger werden als Location beworben. • Info: www.film-rostock.de Antje Bernstein

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