Rostocker Bürgerschaft: Beschlüsse zu Azubiticket, Schulessen und Buga

Zum ersten Mal im neuen Jahr kam am Mittwoch die Rostocker Bürgerschaft in der Stadthalle zusammen. Mit genügend Abstand – aber gewohnt emotional – wurden wieder zahlreiche aktuelle Themen debattiert. Der Zustand des gesperrten Hafens Schnatermann war allerdings nicht darunter. Mehrheitlich wurde gleich zu Beginn der Sitzung beschlossen, die Diskussion um mögliche Sanierungsvarianten und Kosten in die kommende Sitzung zu verschieben. Genau wie die Idee der CDU, dass sich die Hansestadt an der Initiative „Kinderfreundliche Kommune“ beteiligen soll. Fraktionsvorsitzender Daniel Peters regte selbst an, diesen Antrag zu vertagen. Wer kocht das Schulessen? „Einheitsbrei“, zu wenig bio und regional – so lautet das vernichtende Urteil der FDP über das Schulessen in der Hansestadt. Die Liberalen wollen jedoch nicht nur den bestehenden Vertrag mit dem Unternehmen „Sodexo“ schnellstmöglich kündigen, sondern lehnen auch die Einrichtung einer zentralen kommunalen Schulküche ab. Stattdessen plädierte Julia Kristin Pittasch mit ihrem Antrag dafür, dass die Stadt eine kleinteilige Ausschreibung für die Essenversorgung prüfen soll. Das würde zwar den Organisationsaufwand erhöhen, aber auch die Qualität. Die Mehrheit der Bürgerschaft sah das aber anders. „So schlimm wie dargestellt ist die Essensqualität beileibe nicht. Und den Punkt, dass es allen schmeckt, wird man nicht erreichen“, sagte Christian Albrecht (Linke). Er sei sicher, dass bei einer kleinteiligen Lösung auch der Preis steigt. „Und wir wollen keine Segregation am Mittagstisch“, sagte er. Wenn man anstrebe, dass mehr Kinder an der Schulspeisung teilnehmen, müsse man an der Preisschraube drehen. „Aber nicht in die falsche Richtung.“ Auch Schulsenator Steffen Bockhahn (Linke) lehnte eine solche Prüfung ab. „Weil es sie schon 2016 gab. Und das Ergebnis war, dass die Kosten dadurch steigen.“ Die Kommune hätte die Pflicht zur Mittagsversorgung der Schulkinder. Diese gleichwertig in Qualität und Preis anzubieten, sei bei einer solchen Lösung nicht umsetzbar. Für Eva-Maria Kröger (Linke) ging es vor allem darum, dass alle Kinder die Möglichkeit eines warmen Mittagessens haben. „Denn wenn wir mal Stadtmitte und die KTV verlassen, dann gibt es Kinder, die Hunger leiden“, appellierte sie. Möglichst allen Kindern den Zugang zur Schulspeisung zu bieten, müsste Priorität sein. Notfalls auch durch Unterstützung der Eltern bei den Kosten. Diesem Anliegen schloss sich die Mehrheit der Bürgerschaft an, weshalb der FDP-Antrag abgelehnt wurde. Wer plant die Bundesgartenschau? In vier Jahren, im Frühjahr 2025, will die Hansestadt die Bundesgartenschau ausrichten. Und die bestehende Iga GmbH in Rostock soll – nach entsprechender Umbenennung – sowohl für die Investitionen als auch für die Durchführung verantwortlich sein. Das hat die Bürgerschaft mehrheitlich beschlossen und sich damit gegen die Empfehlung des Oberbürgermeisters gestellt. Claus Ruhe Madsen wollte die Rostocker Gesellschaft für Stadterneuerung mit den Planungen beauftragen, weil diese – im Gegensatz zu den Mitarbeitern der Iga GmbH – Erfahrung mit Stadtentwicklung hätte. Sybille Bachmann (Rostocker Bund) wunderte sich generell darüber, mit welcher Vehemenz sich die Rathaus-Spitze dagegen sträube, die Buga-Planungen selbst zu übernehmen. „Es ist das wichtigste Vorhaben der Stadt in den nächsten zehn Jahren – das sollte die Verwaltung doch selber machen“, so Bachmann. Anke Knitter (SPD) kritisierte vor allem den Zeitverlust. „Wir haben vor einem Vierteljahr entschieden, welche Buga-Projekte wir wollen. Jetzt sind wir drei Monate weiter und unterhalten uns immer noch über die Struktur“, so Knitter. Die Variante der Umfirmierung der Gesellschaften hielt sie nicht für die beste Lösung. „Dort haben wir zwar den GmbH-Mantel, den es schon gibt. Aber mehr nicht. Die entsprechenden Strukturen aufzubauen dauert zu lange.“ Am Ende folgte die Mehrheit der Bürgerschaft dennoch der Empfehlung des Buga-Fachausschusses. Der hatte nach intensiver Diskussion für die Lösung mit der Nutzung der bestehenden Iga GmbH plädiert. Laut OB Madsen ginge es nun darum, „ins Machen zu kommen“. Immerhin würden bis zu 60 Stellen für die Planung und Durchführung der Gartenschau gebraucht. Chris Günther (CDU), aktuelle Aufsichtsratschefin der Iga GmbH, sprach sich in einer persönlichen Erklärung dafür aus, dass der Übergang strukturiert und geordnet laufen müsste und am besten die amtierende Geschäftsführung samt Aufsichtsrat zum Gespräch geladen werden sollte, „um Informationen transparent fließen zu lassen“. Wie wird künftig getagt? War es die letzte Sitzung der Bürgerschaft in der Stadthalle? Das Gremium beschloss am Mittwoch, wie angesichts der Pandemie künftig möglichst kontaktlos getagt werden kann. „Es ist den Leuten schwer zu vermitteln, dass wir uns hier in Präsenz treffen. Auch wenn der Anlass und die Themen natürlich wichtig sind“, so Daniel Peters (CDU). Ortsbeiräte und Ausschüsse sollen deshalb künftig auch per Videotelefonie tagen können. Wer nicht zur Bürgerschafts-Sitzung kommen kann oder will, soll sich ebenfalls digital zuschalten können. Der aktuelle Beschluss der Bürgerschaft zu digitalen Sitzungen steht noch unter Vorbehalt einer entsprechenden landesweiten Entscheidung und gilt vorerst befristet bis Juni. Was ändert sich für Auszubildende? Ab dem 1. Februar sollen Auszubildende nur noch einen Euro pro Tag für Bus und Bahn bezahlen. Das sogenannte Azubi-Ticket soll MV-weit kommenden Monat starten und pro Nutzer 365 Euro kosten. Der Einführung, die von der Bürgerschaft beschlossen wurde, seien laut Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen „lange und harte Verhandlungen“ vorausgegangen, an deren Ende aber ein „ausfinanziertes Konzept für unsere RSAG steht“. Das Land zahlt für das Azubi-Ticket bis 2022 insgesamt zehn Millionen Euro. „Es bleibt zu hoffen, dass das Land das dann auch weiter zahlt und es nicht so wird wie bei der kostenlosen Kita, wo die Stadt am Ende draufzahlt“, so Eva-Maria Kröger (Linke), die dafür warb, dass die Ausbildungsbetriebe für ihre Lehrlinge im Idealfall auch die Kosten des Tickets übernehmen. Wird der Flughafen zum Spaceport? Der Flughafen Rostock-Laage ist in Turbulenzen: Die Pandemie sorgt für wirtschaftliche Schwierigkeiten des regionalen Airports, der schon in normalen Jahren von den Gesellschaftern subventioniert werden muss. Bisher sind die Rostocker Versorgungs- und Verkehrsholding GmbH, der Landkreis Rostock sowie die Stadt Laage beteiligt. Die Bürgerschaft hat nun beschlossen, weitere potenzielle Gesellschafter zu suchen. Unter anderem, weil das Land MV eine Beteiligung weiter ausschließt. Künftig soll der Flughafen nicht mehr vom Passagierverkehr abhängig sein, sondern Technologie- und Innovationsstandort werden. Wie Helmut Schmidt (CDU) erklärte, gebe es bereits einen „privaten Investor mit einem guten Projekt“, so der Aufsichtsratsvorsitzende, ohne konkreter zu werden. Von Claudia Labude-Gericke