Rostocker Zahnärztin nach Fehlgeburten gekündigt: "Will nur ein Kind"

„Ein Herz für Kinderzähne“, stand auf der Internetseite einer Rostocker Zahnarztpraxis – darunter das Foto einer jungen Zahnärztin (Name d. Red. bekannt), die sich auf die Behandlung der jungen Patienten spezialisiert hat. „Ein Beruf, in dem ich total aufgehe. Ich tue etwas Gutes, indem ich anderen helfe“, sagt die 33-Jährige. Sieben Jahre hat sie in der Praxis gearbeitet. Als sie wegen einer Fehlgeburt und einer daraus notwendigen Operation mit anschließender Krankschreibung nach drei Wochen wieder zur Arbeit gekommen ist, kam die Überraschung für die junge Medizinerin. „Nachdem ich drei Tage gearbeitet habe, haben sie mir in einem Gespräch mitgeteilt, dass sie sich trennen wollen“, sagt die junge Frau. Zahnärztin fühlt sich als Frau diskriminiert: Für die Zahnärztin bricht eine Welt zusammen. Sie kann nicht glauben, was sie gerade gehört hat. „Wir hatten ein total privates Verhältnis. Es wurde zuvor nie über irgendwas in der Richtung besprochen. Und von jetzt auf gleich sollte ich gehen“, sagt sie. Ihr bislang unerfüllter Kinderwunsch sei bei den Kollegen bekannt gewesen. Die Rostockerin fühlt sich diskriminiert und ist gerichtlich gegen die Kündigung vorgegangen. Enttäuscht sagt sie: „Das Einzige, was ich versuche, ist es, ein Kind zu bekommen.“ In den vergangenen drei Jahren hat sie drei Fehlgeburten erlitten. Diese Ereignisse rissen ihr jedes Mal den Boden unter den Füßen weg. Aufgrund des Kinderwunsches und der Schwangerschaften sowie der folgenden Fehlgeburten fehlte sie in den vergangenen drei Jahren etwa sieben Wochen pro Jahr. „Solange Frauen etwas erwirtschaften, sind sie erwünscht, aber sobald sie Kinder möchten, werden sie bestraft“, sagt die Zahnärztin niedergeschlagen. Mit einer Erkältung oder Grippe gehe sie arbeiten. Lesen Sie auch: Frau aus Bad Sülze verliert ungeborene Tochter: „Ich sehe Sophia immer noch vor mir“ Ehemalige Chefs möchten sich erstmal nicht äußern: Ihr ehemaliger Chef (Name d.Red. bekannt) sagt zu den Vorwürfen: „Wir möchten uns in dem laufenden Verfahren nicht dazu äußern. Wir wünschen ihr aber alles Gute.“ Am Mittwoch fand die Verhandlung am Rostocker Arbeitsgericht statt. „Es ist eine unheimliche emotionale Last“, sagt die Zahnärztin. Der Richter Franz-Christian Otte sagt zu der sogenannten personenbedingten Kündigung des Arbeitgebers: „Die Kündigung dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam sein.“ Dafür seien die krankheitsbedingten Fehltage der jungen Zahnärztin nicht ausreichend gewesen. In der Verhandlung einigten sich die Parteien auf einen Vergleich. Ihr alter Arbeitgeber muss der Zahnärztin nun 13 500 Euro zahlen. „Ich möchte zeigen, dass man mit Frauen nicht alles machen kann. Auch wenn es mich jetzt so viel Kraft gekostet hat“, sagt die junge Frau. Sie ist erleichtert, dass das Thema jetzt abgehakt werden kann. Sie schaut optimistisch in die Zukunft. Die Medizinerin hat bereits eine neue Stelle in Aussicht. Ihren Kinderwunsch verfolgt sie weiter. „Das habe ich auch direkt mit der neuen Chefin besprochen. Sie hat Verständnis“, sagt sie zuversichtlich. Kinderwunsch darf nicht zur Benachteiligung führen: Wenke Brüdgam, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Rostock, kennt das Problem: „Studien haben ergeben, dass junge verheiratete Frauen ohne Kinder oder mit Kleinkindern viel seltener zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden als Männer oder Frauen, bei denen aufgrund des Alters nicht mehr von einem Kinderwunsch ausgegangen wird.“ Die 36-Jährige kann nicht verstehen, dass in einer Zeit, in der gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht werden und die dann auch hier im Land arbeiten möchten, nicht gehalten werden: „Ich finde es sehr schade, dass nicht gemeinsam ein Weg gefunden wurde.“ Weiterhin betont die Gleichstellungsbeauftragte, dass ein Kinderwunsch nicht dazu führen darf, dass einer von den Elternteilen seine Arbeit verliert. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Mitarbeiter, die von ihren Arbeitgebern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden, sind viel engagierter“, sagte Wenke Brüdgam. Außerdem regele das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, dass Frauen wegen einer geplanten oder einer eintretenden Schwangerschaft nicht benachteiligt werden dürfen. Von Stefanie Adomeit