Rostocks Busse und Bahnen: Tickets für RSAG sollen teurer werden

Um die eigenen, hochgesteckten Klimaziele zu erreichen, verlassen sich Politik und Verwaltung in der Hansestadt auf vier Buchstaben – auf die RSAG, die Rostocker Straßenbahn AG. Doch statt Erfolgsmeldungen in puncto Nahverkehr gibt es rund um den größten Verkehrsbetrieb in MV weiter schlechte Nachrichten für die Fahrgäste: Der Streit um den Kauf neuer Straßenbahnen ist noch voll im Gange, da wird jetzt bekannt, dass die Fahrpreise für Busse und Bahnen in Stadt und Landkreis im kommenden Jahr spürbar steigen sollen – um bis zu vier Euro für eine Monatskarte etwa. Und auch mit den Nachbarn, dem Landkreis Rostock, gibt es Ärger. Preisplus ab Februar geplant: Seit Jahren diskutiert die Bürgerschaft über kostenlosen Nahverkehr in der Hansestadt. Für Schüler etwa gibt es ihn bereits. Und an vier Sonnabend im September testet das Rathaus nun, ob die Rostocker wirklich ihr Auto stehen lassen, wenn Busse und Bahnen für sie kostenfrei sind. Doch dann das: Die RSAG hat dem Aufsichtsrat eine deutliche Preiserhöhung ab 1. Februar vorgelegt. Kostet die Monatskarte bisher 58 Euro, sollen es künftig 62 Euro sein – immerhin vier Euro mehr. Für eine Tageskarte – vor allem bei Gästen „von außerhalb“ beliebt – sollen 6,30 Euro fällig sein. Ein Plus von 30 Cent. Fährtickets, Einzelfahrkarten und auch Kurzstreckentickets sollen jeweils 10 Cent mehr kosten, der Preis für die Wochenkarte steigt um zwei Euro auf 22 Euro. Wird es auch im Landkreis teurer? RSAG-Chefin Yvette Hartmann will zu den Plänen nichts sagen, verweist an den Verkehrsverbund Warnow (VVW). Dort würden die Tarife zentral für die gesamte Region verhandelt – für die S-Bahn, die RSAG, die Mecklenburgische Bäderbahn „Molli“, die Weiße Flotte und auch den kreiseigenen Nahverkehrsbetrieb Rebus im Landkreis Rostock. VVW-Chef Stefan Wiedmer bestätigt Verhandlungen über neue Tarife für die gesamte Region – zum 1. Februar. Die Erhöhungen hätten aber nichts mit der Corona-Pandemie zu tun, sagt er. Seit Monaten verhandeln Landkreis und Hansestadt über einen neuen Nahverkehrsplan. Busse und Bahnen sollen attraktiver werden. Mehr Linien sind geplant, eine höhere Pünktlichkeit, verbesserte Takte. Sind da Preiserhöhungen nicht kontraproduktiv? Wiedmer äußert sich zurückhaltend: Damit der Nahverkehr seinen Beitrag zu den „verkehrs-, umwelt- und klimapolitischen Ziele leisten kann“, sei eine „solide Finanzierung erforderlich“. Landkreis will keine steigenden Preise: Aus dem Landkreis Rostock aber kommt bereits massive Kritik an den geplanten Erhöhungen: „Wir wollen mehr Nahverkehr mit attraktiven Reisezeiten und abgestimmten Verbindungen in einem übersichtlichen Tarifsystem, gemeinsam mit der Hansestadt Rostock. Fahrpreiserhöhungen in der jetzt diskutierten Höhe sind kontraproduktiv – für die Menschen in der Region und die Entwicklung in der Region“, sagt Vizelandrat Stephan Meyer (CDU). „Unser Einfluss auf den Unternehmensverbund ist jedoch begrenzt.“ Die treibenden Kräfte hinter den Fahrpreiserhöhungen seien nach OZ-Informationen aus Verhandlungskreisen die Deutsche Bahn und die RSAG. Vor allem die RSAG hat in den vergangenen Monaten finanziell gelitten: Während des Lockdowns ging die Zahl der Fahrgäste – im Schnitt fast 3,7 Millionen pro Monat – um 70 Prozent zurück. Aktuell liegen die Nutzerzahlen immer noch erst bei 85 Prozent. RSAG-Chefin Hartmann bestätigt, dass die Straßenbahn mit einem zusätzlichen Einnahmeverlust von fast sechs Millionen Euro für 2020 rechnet. Rostock verschläft neuen ZOB: Aber noch ein Thema regt die Nachbarn im Landkreis auf: In der Südstadt soll ein neuer ZOB gebaut werden – ein Busbahnhof, an dem Pendler aus dem Umland auf die Stadtbusse, die Regionalbahnen und auch die Straßenbahnen umsteigen können. Sieben Millionen Euro soll das Vorhaben kosten. Fördermittel stehen bereit, den Großteil der Kosten will die Landkreisseite übernehmen. Doch: „Unser Vorhaben, den Zentralen Omnibusbahnhof weiterzuentwickeln, scheitert an Widerständen in Rostock. Die Neuordnung von Grundstücken und bauliche Veränderungen hätten zugleich der städtischen Entwicklung in der Rostocker Südstadt gedient“, so Vizelandrat Meyer. Die scharfe Kritik in Richtung Rathaus und RSAG: „Wir verstehen das Agieren in der Hansestadt nicht mehr. Wir wollen die Entwicklung der Gesamtregion jedoch gemeinsam voranbringen.“ Rostock streitet um neuen Bahnen: Und dann ist da immer noch der Streit um neue Straßenbahnen: 40 Bahnen wollte die RSAG kaufen, für mehr als 120 Millionen Euro. Doch selbst einen Kompromiss – zehn alte Bahnen vom Typ 6NGTWDE werden saniert, 28 neue Bahnen gekauft – hat Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen auf Eis gelegt. Zu teuer. 60 Millionen Euro Zuschuss aus der Stadtkasse könne sich Rostock nicht leisten. Lesen Sie auch: Kritik an Madsens Stopp für neue Straßenbahnen Während die Grünen bereits mahnen, dass die alten Bahnen kaum noch zu sanieren seien, schlägt sich die SPD auf die Seite des OB: Bei Facebook schimpft SPD-Bürgerschaftsmitglied Anke Knitter: „Ein Blick nach Schwerin zeigt, dass die Sanierung von Bahnen möglich ist. Bei uns vielleicht nicht bei allen Bahnen, aber die Kosten könnten so erheblich entzerrt werden. Hier machen es Kommunalpolitiker einem unbeweglichen und immer nur auf das Land zeigenden Vorstand der RSAG dann doch zu leicht.“ Neue Bahnen, neue Linien, mehr Passagiere: RSAG-Chefin Yvette Hartmann verteidigt hingegen ihre Pläne: Die Bürgerschaft habe das Ziel ausgegeben, dass in Zukunft nicht nur 17 Prozent, sondern 20 Prozent der Rostocker den Nahverkehr nutzen sollen. Das wären 50 statt der bisherigen 44 Millionen Fahrgäste im Jahr. Damit das überhaupt funktioniert, brauche die RSAG größere Bahnen. Die neuen Trams sollen Platz für bis zu 250 Fahrgäste bieten und 36 Meter lang sein. Bisher sind die längsten Fahrzeuge in Rostock 32 Meter lang und fassen „nur“ 210 Passagiere. Sie widerspricht auch der Darstellung aus dem Rathaus, wonach alle Haltestellen angepasst werden müssten: Es gehe nur um einige wenige. Richtig sei aber – und auch das hatte der OB der RSAG vorgeworfen –, dass das Depot an der Hamburger Straße saniert werden muss. „Das Gebäude ist 65 Jahre alt, an das Dach müssen wir in jedem Fall ran“, so Hartmann. Zudem soll die riesige, markante Halle verlängert werden. Kosten: rund zehn Millionen Euro. Übrigens: Die RSAG plant mit Nachdruck den Bau einer neuen Straßenbahn-Linie – vom Zoo über das Christophorus-Gymnasium nach Reutershagen: „Allein mit dieser Neubaustrecke würden wir 1,2 Millionen zusätzliche Fahrgäste jährlich für den Nahverkehr gewinnen“, sagt Hartmann. Lesen Sie auch Rostock: Kritik an Madsens Stopp für neue Straßenbahnen Maskenpflicht in MV: So läuft es in den Bussen und Bahnen des Landes Rostock: Samstag kostenlos mit Bus und Bahn durch die Hansestadt fahren Von Andreas Meyer