Auf zu neuen Ufern heißt es am 16. September für die Studierenden am Standort Warnemünde der Hochschule Wismar. Dann beginnt ganz offiziell das neue Semester im Bereich Seefahrt. Doch schon jetzt ist der Großteil der Erstsemester auf dem Campus: Im fakultativen Vorkurs „Mathe und Physik“ werden die Grundlagen für die Hochschulausbildung aufgefrischt, um gut vorbereitet ins Semester zu starten.
Kreuzfahrten weckten Wunsch Kapitän zu werden
„Ich freue mich aufs Studium, auch wenn ich Respekt davor habe – vor allem, dass es in Mathe und Physik tief in die Materie geht“, meint Finn Lübke aus Büdelsdorf am Nord-Ostsee-Kanal. Der 20-Jährige wird Nautik studieren. Einige Erfahrungen konnte er bereits auf den Kreuzfahrtschiffen der Aida sammeln, denn er studiert – wie viele seiner Kommilitonen – über die Aida Academy. Acht Monate verbrachte er deshalb bereits an Bord zweier Kreuzfahrtschiffe.
Auch Lars Ratzka (19) aus Elsterwerda (Brandenburg) und Julia Scholten (22) aus Hagen bei Dortmund kommen von der Aida Academy. Beide sind während einer Kreuzfahrt auf den Geschmack gekommen. „Als ich 14 war, konnte ich während des Urlaubs hinter die Kulissen schauen. Danach war klar: Ich werde Kapitänin. Nun lerne ich aber doch Schiffsbetriebstechnik. Das finde ich spannender“, erzählt die 22-Jährige lachend. Sie denkt, dass das Studium anstrengend wird, ist aber zuversichtlich: „Wenn man es wirklich will, kriegt man das hin.“
Keine Arbeit wie jede andere
Zwischen drei Bachelorstudiengängen kann man am Standort Warnemünde wählen. Doch nicht nur Seefahrt steht zur Auswahl: Wer nicht zu den Wasserratten zählt, dem ist es auch möglich eine Studienrichtung zu wählen, mit der man später in die Wirtschaft gehen kann. „Man muss wissen worauf man sich einlässt, wenn man zur See fahren möchte“, ermahnt Hochschulsprecher Sören Bolz. Der Lebensraum sei eingeschränkt, man arbeite mit vielen Kollegen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen zusammen und man sei für mehrere Monate rund um die Uhr auf dem Schiff. „Nach Hause kommen und von der Arbeit abschalten, gibt es nicht.“
40 Prozent Studienabbrecher und 20 Prozent weibliche Studenten
Die meisten der 54 „Erstis“ haben sich trotzdem für einen seefahrtsbezogenen Studiengang entschieden: 24 werden Nautik studieren, 12 Schiffsbetriebstechnik – so die vorläufigen Zahlen. „Die Bewerbungsfristen sind noch nicht zu Ende“, klärt Bolz auf. Insgesamt werden im neuen Semester rund 200 junge Leute im Bereich „Seefahrt“ in Warnemünde studieren. Doch die Quote der Studienabbrecher ist hoch: rund 40 Prozent. „In einer ingenieurtechnischen Ausbildung ist das aber ganz normal“, beruhigt der Hochschulsprecher und fügt hinzu: „Man muss vom ersten Tag an dabei sein und dabei bleiben, dann schafft man das. Zur Not bieten wir Nachhilfeunterricht an.“
Eines fällt auf, wenn man die „Erstis“ betrachtet, die konzentriert im Vorkurs sitzen: Überwiegend sind es Männer. Die Anzahl der weiblichen Studierenden liege in allen Semestern um die 20 Prozent, bestätigt Bolz den ersten Eindruck. „Ich habe keine Problem damit, dass ich allein unter Männern sein könnte. Das war schon der Fall während meines Vorpraktikums auf einer Fähre. Ich kam gut klar“, meint Jenny Zeidler (20) aus Wirges im Westerwald und zuckt lächelnd mit den Schultern. Die schiffsbegeisterte junge Frau wird Nautik studieren.
Der Campus „Seefahrt“ in Warnemünde hat viel zu bieten
Drei Bachelorstudiengänge stehen zur Wahl: Schiffsbetriebs-/Anlagen- und Versorgungstechnik, Nautik/Verkehrsbetriebe und Schiffselektrotechnik. Besonders die spezialisierten Studienrichtungen Verkehrsbetrieb/Logistik sowie Anlagen- und Versorgungstechnik eignen sich für eine spätere Laufbahn an Land.
Als Masterstudiengang wird „Operation and Management of Maritime Systems“ angeboten. Als Voraussetzung benötigt man lediglich ein Diplom oder einen Bachelor in einem wirtschafts- oder ingenieurwissenschaftlichen Studiengang.
Deutschlandweit gibt es nur eine Handvoll Seefahrtsausbildungsstätten, die alle im Norden liegen. Als einzige Hochschule in ganz Deutschland bietet die HS Wismar Schiffselektrotechnik an.
Zusätzlich zu der Hochschulausbildung finden auch die Bildungsgänge der Fachschule Seefahrt auf dem Campus in Warnemünde statt. Neun Schüler beginnen dieses Jahr ihre Ausbildung im nautischen Bereich, acht in der Schiffsbetriebstechnik.
Technisch aktueller Stand für bestmögliches Studium
Die Hochschule ist bestens für das neue Studienjahr gerüstet: Die Erstausstattung der neuen Unterrichtsräume und Labore im teilsanierten Haus 2 ist komplett. Etliche Geräte, die zur fundierten nautischen Ausbildung nötig sind, wurden erneuert. So zum Beispiel auch die Radargeräte, mit denen das Radarlabor nun wieder auf den aktuellen technischen Stand gebracht wurde. Die Grundsanierung im zweiten Abschnitt des Hauses sei in vollem Gange: „Voraussichtlich kann es im November 2020 fertiggestellt werden“, freut sich Bolz.
Am Montag kann es dann also losgehen: Um neun Uhr werden die Erstsemester in der Aula begrüßt und über das Wichtigste informiert. Nach dem offiziellen Teil geht es aber erstmal „bunt“ weiter. Der campuseigene Studentenclub „Sumpf e.V.“ veranstaltet den ganzen Tag über verschiedene Spiele, eine Ersti-Rallye, sorgt für das leibliche Wohl mit Gegrilltem und einem Kuchenbasar und hat einen Shanty-Chor sowie einige Bands eingeladen. „Der Ernst des Alltags beginnt dann am Dienstag“, betont der Hochschulsprecher mit einem Schmunzeln.
Von Maria Baumgärtel