Stunde der Wintervögel in MV: Jetzt noch bei Zählung mitmachen

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern – aber auch die Meisen stimmen mit ein: Zur traditionellen Zähl-Aktion „Stunde der Wintervögel“ haben Rostocks gefiederte Bewohner am Wochenende alles gegeben, um aufzufallen. Immer in der kalten Jahreszeit lädt der Naturschutzbund (Nabu) Hobby-Ornithologen sowie alle, die Lust haben, zur Beobachtung der Vögel ein. „Dafür braucht man nur offene Augen, gespitzte Ohren, Zettel und Stift“, sagt Joachim Springer, der beim Rostocker Nabu arbeitet. Der 40-jährige Landschaftsgestalter hat für seine Zählung in der Innenstadt sogar das Fernglas mitgenommen. Und ist nach einer Stunde sehr erstaunt, wie viele verschiedene Vögel es derzeit zu entdecken gibt. „Der Vorteil im Winter ist, dass keine Blätter an den Bäumen sind. Da sieht man besser.“ Blaumeisen-Bestand erholt sich: Mehr als 16 Arten hat Springer am Ende notiert. Ringeltauben, Spatzen und Amseln führen seine Statistik an. Auch einen Kornbeißer konnte er in einer Hecke entdecken. Als Besonderheit der Küste tauchen natürlich auch Silber- und Lachmöwen mit in der Liste auf. „Persönlich freue ich mich darüber, dass ich viele Blaumeisen entdecken konnte“, sagt der Vogelkundler. Das lasse darauf schließen, dass sich die Art erholt, nachdem es vergangenen Sommer aufgrund einer bakteriellen Infektion ein starkes Meisensterben gegeben hatte. „Die Blaumeisen sind auch deutlich zu hören – sie feiern jeden Sonnenstrahl“, nennt Springer ein Merkmal. Die Ergebnisse der dreitägigen Zählung werden über das Internet an eine Zentralstelle des Nabu in Berlin übermittelt. Anmelden mussten sich die Teilnehmer für die Aktion vom 8. bis 10. Januar vorher nicht, auch spontanes Mitmachen ist möglich. Im Internet kann jeder einfach eingeben, wie viele Vögel er wo gesehen hat. Hier geht es zum Online-Meldeformular. „Schon nach dem ersten Tag ist aber klar, dass sich mehr Menschen beteiligen als je zuvor“, bilanziert Springer. Das sei sicher auch der Pandemie geschuldet, die viele Menschen in die Natur treibt. Spaziergang mit Abstand und Erkenntnisgewinn: Für Springer steht fest, dass nicht nur der Nabu von der Zählung profitiert, sondern auch jeder Teilnehmer. „Das Mitmachen bringt etwas, es schärft den Blick für die Natur und die Tiere, die man sonst gar nicht mehr so wahrnimmt – das gilt für Jung und Alt“, sagt er. Zudem könne man bei solchen Aktionen an der frischen Luft gut Abstand halten und „hat trotzdem das schöne Gefühl, an einer Gemeinschaftsaktion mitzuwirken“. Der Rostocker hat selbst bei einer Zählaktion Spaß an der Vogelkunde gefunden. „Man kann zwar viel medial vorbereiten und sich anlesen, aber richtig klick macht es erst, wenn man in der Natur das Tier sieht und dann den Gesang oder Ruf hört“, sagt er. Korrektes Zählen ist eine Herausforderung: Die „Stunde der Wintervögel“ gibt es in diesem Jahr zum 11. Mal. Der Zeitraum im Januar eigne sich, weil es in dieser Zeit Brutruhe sowie weniger Zugbewegungen gibt. Denn selbst kleine Singvögel legen teilweise weite Strecken zurück. „Es gibt Arten wie den Bergfink oder den Seidenschwanz, die im Norden, also Skandinavien brüten. Wenn wir die im Winter hier sehen, dann wissen wir, dass da oben alles zugefroren ist“, nennt Joachim Springer eine Erkenntnis der Beobachtung. Anhand der Daten aus Gärten, Parks und Wäldern kann sich der Nabu einen Überblick über die Vogelbestände verschaffen. Das korrekte Zählen der gefiederten Beobachtungsobjekte ist manchmal eine Herausforderung. Schließlich bleiben die Vögel selten irgendwo lange sitzen. „Deshalb gilt die maximale Anzahl einer Art, die ich gleichzeitig entdecke“, sagt Springer und erklärt: „Sitzen fünf Spatzen in einer Hecke, zähle ich diese fünf und dann nur noch solche, die beispielsweise deutlich sichtbar aus einer anderen Richtung kommen“. Lesen Sie auch: Immer mehr Wölfe in MV: Wo sie leben und wann es für den Menschen gefährlich wird Rostocks Bäume brauchen Paten: Aufgaben und Anmeldung Experten wie Springer erkennen sogar Unterschiede und wissen, ob sie Männchen oder Weibchen vor sich haben. „Bei Spatzen oder Amseln geht das leicht, aber bei Rotkehlchen hat man keine Chance, da sehen beide gleich aus.“ Der Vogelkundler weiß auch, warum Lachmöwen gerade keinen dunklen Kopf haben, der sie sonst auszeichnet. „Das ist das Winterkleid, da haben sie nur einen dunklen Punkt hinter dem Auge. Erst im Frühjahr ändert sich das.“ Wer Lust hat, selbst die Tiere seiner Umgebung besser kennenzulernen, der kann im Mai bei der „Stunde der Gartenvögel“ an der nächsten Zählung teilnehmen. Oder einfach einen Spaziergang machen. „Wer genau hinschaut oder hört, der kann auch in der Stadt mehr entdecken, als man denkt“, sagt Joachim Springer. Von Claudia Labude-Gericke