Tourismus bringt neuen Geist ins Schloss

Vier Ferienwohnungen sind fast fertig, die Schulungsräume sind auch wieder in Schuss, Dach und Fassade sind erneuert. Die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten im Schloss Groß Lüsewitz gehen ihrem Ende entgegen. Auf dem Weg bis hierhin gab es jedoch allerlei Schwierigkeiten. „Die Treppe ist gewandert“, sagt Sandra Oelschläger. Sie und ihr Mann haben das denkmalgeschützte Gebäude vor zwei Jahren von der Gemeinde Sanitz erworben — was seinerzeit langanhaltende Diskussionen in der Kommunalpolitik auslöste. Gleich darauf begannen die Oelschlägers, das Gebäude zu sanieren. Was die wandernde Treppe angeht, sind die Probleme gelöst. Die beiden haben einen neuen Aufgang vor dem Gebäude gebaut. Das dürfte eine der leichteren Übungen gewesen sein. „Beim Dach sah das schon anderes aus, da musste wir die gesamten Latten ersetzen“, erinnert sich Volker Oelschläger. Auf dem Gebäude waren zuletzt Dachpfannen aus Zeiten der DDR. „Wir haben aber Biberschwänze auflegen müssen, weil der Denkmalschutz das so wollte.“ Die Bedachung verlangt jedoch einen breiteren Lattenabstand. Um eine stählerne Außentreppe ist das Ehepaar noch einmal herumgekommen. „Wir hätten sie bauen müssen, um den Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden“, sagt Volker Oelschläger. Aber Oelschläger kam mit einem Brandschutzplaner auf eine andere Idee, ein Turm des Gebäudes ist in mühevoller Kleinarbeit zum Fluchtweg ausgebaut worden. „Ausgetauscht haben wir auch 20 der insgesamt 140 Fenster“, sagt Sandra Oelschläger. Sie mussten neu angefertigt werden, andere wurden wieder aufgearbeitet. „Wir hätten das nicht alles geschafft, wenn wir nur auf Baufirmen angewiesen wären“, sagt Volker Oelschläger. Er habe für die Sanierung drei Männer angestellt, die in Vollzeit im Schloss arbeiten. „Das sind alles Handwerker, die vieles beherrschen.“ Schließlich muss Oelschläger auch auf die Wirtschaftlichkeit achten, insgesamt hat er nun schon eine Million Euro in die Sanierung gesteckt. Das Geld soll nun auch wieder verdient werden. „Die Ferienwohnungen werden im September für die Vermietung bereitstehen“, sagt Oelschläger. Insgesamt sind es vier, die Flächen von 32 bis 85 Quadratmetern haben. „Wir haben sie alle unter einem besonderen Thema eingerichtet“, fügt Sandra Oelschläger hinzu. Sie heißen Ostseestrand, Walderlebnis, Lavendeltraum und Seeblick. „Da kann sich dann jeder aussuchen, was ihm gefällt“, sagt der Hausherr. Er verfolgt die Marktstrategie, „dass wir uns von anderen Anbietern von Ferienwohnungen abheben wollen“. Weiterhin wollen die Oelschlägers auch das Foyer des Schlosses der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. „Aber wir wollen hier keine großen Partys mehr“, sagt Oelschläger. Hochzeits- und Geburtstagsfeiern werde es nicht mehr geben. Das vertrage sich nicht mit der Beherbergung von Feriengästen, sagt der Schlossbesitzer. Gleichwohl könnten die Groß Lüsewitzer weiter Kaffeetafeln, Lesungen oder auch Konzerte im Foyer organisieren. Derzeit ist das Ehepaar dabei zu erforschen, ob das Sanitzer Standesamt im Schloss eine Außenstelle einrichten will. In den kommenden Wochen soll das Fundament des Schlosses trockengelegt werden, außerdem wird die Sanierung der Balkone fortgesetzt. „Rundherum wird sich auch einiges tun“, sagt Volker Oelschläger. Es werden Ruheplätze für die Gäste eingerichtet und der Park wird wiederhergestellt. Schlossgeschichte Das Schloss Groß Lüsewitz hat eine Nutzfläche von rund 1880 Quadratmetern. Das Grundstück umfasst eine Fläche von 5000 Quadratmetern. Erbaut wurde das Schloss in den Jahren 1896 bis 1898 im Stil der Neorenaissance. Architekt war der in Mecklenburg sehr bekannte Gotthilf Ludwig Möckel; er entwarf das Anwesen für Friedrich Ferdinand Biermann. Dessen Sohn Werner veräußerte das Schloss an Hans Thyssen. Als es bereits dessen Sohn Eberhard gehörte, wurde es 1945 enteignet. Das Schloss wurde dann als Tbc-Krankenhaus genutzt. Von 1949 bis 1991 war das Gebäude der Sitz des Instituts für Pflanzenzüchtung. Es ging später aus dem Besitz des Landes an die Gemeinde Sanitz, die es verkaufte. Michael Schißler

GROSS LÜSEWITZ - Tourismus bringt neuen Geist ins Schloss