Volles Deck auf der „Gorch Fock“

Es ist das prestigeträchtigste Schiff der deutschen Marine. Die „Gorch Fock“ lud gestern zum Open Ship und Tausende Urlauber und Warnemünder folgten. Fotografierend und staunend schoben sie sich in einer nicht enden wollenden Schlange über das penibel aufgeräumte Deck von Deutschlands Segelschulschiff. So auch Familie Heißmann aus Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen. „Wir kommen jedes Jahr nach Warnemünde, um Urlaub zu machen. In diesem Jahr haben wir das große Glück, dass es zur Hanse Sail passte“, sagt Mutter Romy. Vom Großsegler ist die 32-Jährige schwer beeindruckt. „Dass das Schiff so riesig ist, hätte ich mir nicht vorgestellt. Im Fernsehen sieht das immer so klein aus“, erzählt sie verblüfft von den knapp 90 Metern, die es misst. Auch Sohn Henry (6) ist von der „Gorch Fock“ fasziniert. „Wie hoch das alles hier ist“, staunt er und blickt in die Takelage, deren drei Masten sich bis zu 45 Meter in den Himmel recken. Bruder Ben (3) hat sich passend zur HanseSail als Pirat schminken lassen, denn Seeräuber faszinieren die Geschwister. „Ich möchte auch mal auf so einem Schiff mitsegeln, das muss total spannend sein“, sagt Henry. Wie spannend das ist, kann ein junger Matrose erzählen, der in tadellos sitzender Uniform an Deck Wache schiebt. Seinen Namen darf er nicht verraten. Seit vier Jahren ist er Teil der Stammbesatzung. „Ich wollte nach meiner Grundausbildung auf die ‘Gorch Fock‘ und hatte Glück. Ich bin Bootsbauer von Beruf und handwerkliches Geschick ist an Bord immer von Nöten“, erzählt er. Denn: „Hier geht gar nichts automatisch“, erklärt er einer neugierigen Urlauberin. Auch das Segelsetzen nicht. „Am Anfang hat man schon ein komisches Gefühl. Aber wir trainieren das vorher lange, und nach der Eingewöhnungszeit macht es richtig Spaß, mit den Kameraden da hoch zu klettern“, sagt er. Kameradschaft sei an Bord des Schiffes besonders wichtig. „Das ist es, was mir so gut gefällt. Jeder weiß, was er zu tun hat. Das Teamwork ist super“, sagt er. Damit, dass man unter Deck während der Monate auf See so gut wie keine Privatsphäre hat, komme er gut klar. „Daran gewöhnt man sich sehr schnell“, sagt er. Genauso, wie die Trennung von Familie und Freunden. „Bei meinem letzten, sechsmonatigen Turn war es so, dass die ersten vier Monate kein Problem waren. In den beiden letzten habe ich dann aber schon angefangen, die Heimat zu vermissen“, erzählt er. Dass die Besucher beim Open Ship nicht unter Deck dürfen, hat einen simplen Grund. „Wir wohnen dort in unseren Hängematten. Und wer frei hat, ruht sich dort aus“, erklärt er. „Gorch Fock“ 89,26 Meter ist die 1958 gebaute „Gorch Fock“ insgesamt lang. 43,5 Meter über der Wasseroberfläche befindet sich der höchste Arbeitsplatz an Bord. 2080 Quadratmeter groß ist die Segelfläche der „Gorch Fock“. Damit erreicht sie eine Segelgeschwindigkeit von bis zu 15 Knoten, was rund 28 Stundenkilometern entspricht. 85 Seeleute gehören zur Stammbesatzung. Karsten Wilke

Warnemünde - Volles Deck auf der „Gorch Fock“