Wasserwerke warnen vor Nitrat im Boden

Seit knapp einem Jahr diskutieren Fachleute über eine neue Düngeverordnung — doch nach Auffassung der hiesigen Wasserversorger werden konsequente Regelungen ständig hinausgezögert. „Der entsprechende Entwurf wird zwischen Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium hin- und hergeschoben“, sagt Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AöW). „Dabei haben unsere Mitglieder zunehmend Probleme, die gute Wasserqualität aufrechtzuerhalten.“ Zwar müsse sich aktuell kein Verbraucher Sorgen machen, dass das Wasser mit Nitrat belastet sei, stellt Klaus Rhode klar: „Alle Unternehmen halten die Richtwerte ein.“ Dennoch seien erste Brunnenstandorte wegen überschrittener Werte stillgelegt worden, erklärt der Chef des Zweckverbandes Kühlung in Bad Doberan: „Das Finden neuer Standorte, neue Filter — mit Blick auf den Wasserschutz kommen auf uns immer größere finanzielle Aufwendungen zu.“ Am bislang ungelösten Nitratproblem werde deutlich, wie zwei für die Versorgung wichtige Bereiche — Wasserwirtschaft und Landwirtschaft — aneinandergeraten könnten, obwohl sie verzahnte Aufgaben und Rahmenbedingungen haben müssten, so Rhode: „Es wird höchste Zeit, dass wir in MV an einen Tisch kommen und offen miteinander diskutieren — hier wird viel zu wenig für den Grundwasserschutz getan.“ Man verabschiede sich langsam vom Vorsorgeprinzip, meint auch Eckhard Bomball vom Zweckverband Grevesmühlen: „Wenn wir nicht aufpassen, haben wir in 30, 40 Jahren Chemiefabriken und keine Wasserwerke mehr — dann gibt es nur noch destilliertes Wasser.“ Darüber hinaus könne es auch nicht sein, dass etwaige Ertragsausfälle von den Wasserversorgern und letztlich von den Bürgern bezahlt werden müssten, sagt Bomball: „Im kommenden Jahr soll das sogenannte Wasserentnahmeentgelt, das die Versorger ans Land zahlen müssen, von fünf auf zehn Cent pro Kubikmeter erhöht werden — diese 100-prozentige Steigerung müsste dann auf die Verbraucher umgeschlagen werden.“ Dabei würde dieser Mehrerlös noch nicht einmal dem Trinkwasserschutz zugute kommen, so Bomball: „Das Wasserentgelt einfach so zu verdoppeln, und für die Wasserwirtschaft kommt dabei nichts rum — das geht nicht.“ Dennoch sei man in der Diskussion nicht machtlos, erklärt Klaus Rhode: „Wir haben uns Anfang August mit Till Backhaus in Schwerin getroffen — der Minister sieht schon die Probleme.“ Aber in den Gesprächen sei einmal mehr deutlich geworden, „dass er eben Landwirt ist — uns fehlt einfach die Lobby“. Auch deshalb habe sich vor rund sieben Jahren die Kooperationsgemeinschaft Wasser und Abwasser MV gegründet, erklärt Rhode, der hier Vorstandsvorsitzender ist: „In dieser Gemeinschaft sollen sich die einzelnen Verbände noch besser austauschen können.“ Derzeit würden mit 22 Mitgliedern mehr als 70 Prozent der Zweckverbände im Land abgedeckt. Mit Blick auf die Novellierung der Düngeverordnung fordere man strengere Vorgaben für die Ausbringungszeiten von Dünger und Wirtschaftsdünger, erklärt AöW-Chefin Christa Hecht: „Und es sollte Obergrenzen für die Ausbringung von Düngemitteln geben. Wasserrecht muss vor Düngerecht gehen.“ Nitratbelastung nimmt zu — Deutschland unter Druck Gegen Deutschland läuft seit dem 10. Juli 2014 die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen der zunehmenden Nitratbelastung der Oberflächengewässer und des Grundwassers und einer ungenügenden Umsetzung der Europäischen Nitratrichtlinie. Hierzulande wird die EU-Nitratrichtlinie mit dem Instrument der Düngeverordnung umgesetzt. Ein Gesetzentwurf zur Novellierung liegt seit dem 18. Dezember 2014 vor, ist jedoch ein Zankapfel zwischen Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium. Lennart Plottke

BAD DOBERAN - Wasserwerke warnen vor Nitrat im Boden