Weihnachts-Knigge: Rostocker Benimm-Expertin gibt Tipps fürs Fest

Stille Nacht – bis es kracht: Weihnachten soll das Fest der Liebe sein, doch in vielen Familien gibt’s statt Besinnlichkeit und Harmonie alle Jahre wieder nur eines: Krach. Schöne Bescherung! Wie man Fettnäpfchen umgeht, Streithähne besänftigt und sich bei Tisch nicht blamiert, weiß Annett Brandt. Die Satowerin ist Knigge-Coach und bringt Schülern wie Geschäftsleuten in ganz Mecklenburg-Vorpommern gutes Benehmen bei. Sie sagt: Wer ein paar einfache Spielregeln befolgt, für den wird Weihnachten ein Fest. Der Ärger fängt ja oft schon unterm Weihnachtsbaum an. Darf ich sagen, dass mir ein Geschenk nicht gefällt? Ich hab’ für ein Geschenk viel Geld ausgegeben. Das darf man doch wohl mal sagen. Oder? Nein, sagt Brandt. „Darüber spricht man nicht. Es soll Leute geben, die demonstrativ das Preisschild dranlassen. Aber das ist ein ganz schlechter Stil.“ Man brauche übrigens kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man weniger Wertvolles verschenkt als man selbst bekommt. „Nicht alle haben gleich viel Geld zur Verfügung. Für den einen sind 20 Euro so viel wie für den anderen 100.“ Heiligabend werden auch gute Wünsche ausgetauscht. Es reicht doch, wenn ich Tante Frieda eine WhatsApp schicke?! „Für Menschen, die Ihnen wichtig sind, sollten Sie sich schon etwas mehr Zeit nehmen, ihnen eine Karte schreiben oder wenigstens anrufen“, rät Brandt. Für oberflächliche Bekannte tue es zur Not auch eine Textnachricht. Apropos Smartphone: Spricht was dagegen, es beim Festessen auszupacken? „Handy, Autoschlüssel und Portemonnaie – diese Dinge sind Statussymbole. In der Fachsprache nennen wir das Proletenbesteck. Das hat auf dem Tisch nichts zu suchen“, sagt die Expertin. Die Weihnachtsgans für Instagram ablichten – auch das sollte man bleiben lassen. „Wenn’s denn sein muss, reicht es, wenn einer die Festtafel fotografiert. Es müssen nicht 17 Leute das Handy zücken.“ Oma hat gekocht, aber mir schmeckt’s so gar nicht. Was mache ich nun? „Essen Sie es trotzdem, soweit es Ihnen möglich ist“, empfiehlt Brandt. „Wenn jemand stundenlang in der Küche gestanden und sich viel Mühe gemacht hat, gehört es sich nicht, rumzumäkeln.“ Anders sehe es bei Allergien und vegetarischer oder veganer Lebensweise aus. „Wenn Sie oder Ihre Begleitung bestimmte Dinge nicht essen können oder wollen, teilen Sie das dem Gastgeber vorher mit.“ Das gelte auch für Restaurantbesuche. Es wäre schließlich schade, wenn jemand hungrig bliebe, weil er vom bestellten Buffet nichts essen kann, befindet Brandt. Das Essen schmeckt, ich bin pappsatt. Darf ich mir Reste einpacken lassen? Brandt rät zur Zurückhaltung. Im Restaurant werde das nicht gern gesehen. „Andererseits ist es zeitgemäß, dass Essen nicht weggeschmissen wird. Daher finde ich es nicht so schlimm, aber es schickt sich eigentlich nicht.“ Ich will selbst ein großes Familienessen ausrichten. Muss ich wirklich alle Verwandten einladen? „Schwierig“, sagt Annett Brandt. Wenn man Onkel Ernst als Einzigen auslässt, gefährdet man damit womöglich den Familienfrieden. „Aber letztendlich ist es mein Fest und ich darf entscheiden, wer kommt und wer nicht.“ Was kann ich tun, wenn’s unter Verwandten grundsätzlich zu Knatsch kommt? „Es stimmt, in manchen Familien spielen sich Weihnachten regelrecht Dramen ab“, sagt Brandt. Sie empfiehlt, Streithähne zur Räson zu rufen, bevor sie aufeinandertreffen. Nach dem Motto: Vertragt euch für die paar Stunden – mir zuliebe. Bei Tisch tratschen – ist das erlaubt? Über andere lästern gehört sich nicht, sagt Brandt. Es gebe noch weitere Themen, die man an der Festtafel besser nicht anschneiden soll. Dazu zählen Politik, Religion, Katastrophen, Krankheiten und Geld. Brandt empfiehlt zum Gänsebraten leichte Kost: „Mit Small Talk übers Wetter, den Urlaub, Hobbys, Haustiere und das Essen selbst machen Sie eigentlich nichts falsch.“ Worauf muss ich noch achten, wenn ich an der Tafel glänzen will? Angemessene Kleidung gehöre genauso zum guten Ton wie Tischmanieren. „Weingläser werden am Stiel angefasst. Stoßen Sie damit nicht an, sondern prosten Sie sich nur zu.“ Absolutes No-Go: mit dem Essen spielen. „Wer Kartoffeln und Soße zu Babybrei vermanscht, benimmt sich daneben. Außerdem wichtig: Gegessen wird mit beiden Bestecken und nicht bloß mit der Gabel.“ Andere neunmalklug auf Benimm-Fehler aufmerksam machen, sollte man übrigens nicht. Auch wenn Knigge altmodisch klingen mag, gute Manieren seien nach wie vor extrem wichtig, sagt Annett Brandt. „Sie öffnen einem viele Türen. Wer sich gut benimmt, wirkt gleich sympathischer.“ Ihr wichtigster Tipp fürs Fest: „Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Lieben. Und ein paar ernst gemeinte Komplimente können auch nie schaden.“ Einer aktuellen Umfrage des Onlineportals Yougov zufolge hängt bei rund einem Viertel der Deutschen an Weihnachten der Haussegen schief. Gestritten wird zu 36 Prozent mit dem eigenen Partner. Auch mit Eltern gerät man aneinander, wie 35 Prozent der Streitenden angaben. Häufigste Streitthemen: der Ablauf der Feiertage, Beziehungsprobleme, die Aufgabenverteilung und das Weihnachtsessen. Lesen Sie auch: Weihnachten im Spiele-Himmel: Das sind die Trends für 2020 „O du fröhliche”: So feiern Sie als Paar entspannt Weihnachten Geschenke zu Weihnachten: So vermeiden Sie die schlimmsten Fettnäpfchen Von Antje Bernstein