Weniger Lebensmittelspenden aus Supermärkten für Rostocker Tafel

Vor der St.-Michaeliskirche stehen Menschen und warten. Wie jeden Donnerstag findet auch an diesem Tag die wöchentliche Ausgabe der Rostocker Tafel für bedürftige Einwohner aus Stadtmitte, der KTV, Brinckmansdorf und Biestow statt. Doch die Leute sind verunsichert. „Ich hoffe, die Tafel hat auch weiterhin auf“, sagt eine Frau. „Im Supermarkt gab es keine Eier und keine Milch mehr“, sagt ein Mann. Die Tür der Ausgabestelle öffnet sich, Tafelmitarbeiter Frank Hammer begrüßt die Wartenden. „Wir haben geöffnet, können aber immer nur kleine Gruppen reinlassen. Bitte warten Sie draußen“, sagt er. Hygienemaßnahmen erhöht: Auch in den Ausgabestellen der Rostocker Tafel wurden die Hygienevorschriften erhöht, um die Corona-Ansteckungsgefahr so gut es geht einzudämmen. „Wir haben hier Schüsseln zum Händewaschen und Desinfektionsmittel“, nennt die ehrenamtliche Helferin Renate Günther Beispiele. „Außerdem tragen wir ohnehin immer Handschuhe.“ Kunden würden einzeln bedient und lange Schlangen verhindert werden. „Ich hoffe, dass wir auch zu den Lebensmittelversorgern gehören und geöffnet bleiben dürfen“, sagt sie und blickt zu den Kisten mit Obst. „Das sieht für diese Woche ganz gut aus. Wir haben mit weniger gerechnet“, sagt sie. „Wir haben viel Obst von Gaststätten bekommen, die jetzt schließen.“ Lebensmittel werden knapp: Die Lebensmittelspenden aus den Supermärkten nehmen derzeit aber ab. Aus Angst vor der Coronakrise werden Lebensmittel in Massen gekauft. Auch die Produkte, die nah am Ende des Haltbarkeitsdatums sind, sind kaum noch in den Regalen zu finden. „Die frischen Waren, die jetzt nachgeliefert werden, bekommen wir ja nicht“, sagt Beate Kopka, Leiterin der Rostocker Tafel. „Eigentlich gibt es bei fast allem Engpässe“. Besonders schlimm sei die Situation bei Molkereiprodukten, wie Käse, Joghurt und Milch. „Da sind die Spenden um etwa zwei Drittel zurückgegangen“, sagt Kopka. Auch das Obst und Gemüse aus den Supermärkten sei weniger geworden. Ausgabestellen geschlossen – viel Solidarität: Zur Eindämmung des Coronavirus wurden bereits zahlreiche Tafel-Ausgabestellen in Deutschland geschlossen. Auch die Rostocker Tafel musste einige Anlaufpunkte schließen oder verlegen. „Wir hoffen, dass die Stadt schnell Ausweichflächen zur Verfügung stellt. Die Leute müssen weiterhin versorgt werden.“ Aktuell wurden bei der Rostocker Tafel die Ausgabestellen Gelbensande (montags), Sanitz (mittwochs) und Evershagen (freitags) geschlossen. Die Betroffenen können auf andere Ausgabestellen ausweichen. Ab 27. März können die Kunden der Gruppe „Evershagen A“ auf die Kita Jona (Anton-Makarenko-Straße 1) ausweichen. Die Ausgabe Hawermannweg wird von dienstags auf freitags verlegt. Informationen zu den Ausgabestellen unter www.rostocker-tafel.de oder telefonisch unter 0381 / 80898180. Kopka freut sich über die Solidarität aus der Bevölkerung. „Privatpersonen haben für uns eingekauft“, sagt sie. „Eine Frau kam mit einem Kofferraum voller Obst und Gemüse nach Lichtenhagen. Ein alleinerziehender Vater hat einen Beutel mit frischen Waren vorbeigebracht.“ Wer der Tafel und den bedürftigen Menschen etwas Gutes tun wolle, könne Lebensmittel, insbesondere Molkereiprodukte, vorbeibringen. Auch Unternehmen, die nun schließen mussten, haben an die Tafel gedacht. „Wir haben zum Beispiel Spenden vom Erdbeerhof bekommen. Auch vom Restaurant ‚Alter Fritz‘ konnten wir Waren abholen. Auch wenn das für die Unternehmen sehr traurig ist, freuen wir uns, dass sie an uns gedacht haben“, sagt die Chefin. Sie appelliert an Unternehmen, Lebensmittel nicht wegzuschmeißen, sondern zu spenden. Leute sind verständnisvoll: Auch der ehrenamtliche Helfer Rüdiger Meißner freut sich über die Solidarität. „Unsere Partnerkirchengemeinde hatte eine Feier geplant, die nun auch ausfällt. Die dafür eingekauften Lebensmittel wurden uns zur Verfügung gestellt“, sagt er. Er zeigt auf frischen Pudding. „Der kommt vom ‚Alten Fritz‘ – so etwas hatten wir noch nie.“ Wie es weitergehen soll, weiß Meißner nicht. „Milchprodukte werden knapp“, bestätigt auch er. „Die Menschen hier sind aber sehr verständnisvoll, wenn es nun einige Lebensmittel nicht gibt. Die Tafel ist ein Zubrot.“ Zahl der Tafelkunden könnte steigen: Die Rostockerin blickt mit Sorge in die Zukunft. „Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage bei sinkendem Angebot steigen wird“, sagt sie. „Das belegen die Nachfragen bei uns.“ Aktuell habe die Rostocker Tafel 1300 Kunden wöchentlich – hinter fast jedem Besucher stehen aber mindestens zwei Personen, die davon versorgt werden müssen. „Dadurch, dass viele jetzt zu Hause sind und auch die Kinder da sind, steigen die Ausgaben. Bei vielen Familien reicht das Geld schon jetzt nicht mehr“, sagt Kopka. „Es werden mehr Leute werden, die auf die Tafel angewiesen sind.“ Mehr lesen: Rostocker Dobi voll mit alten Menschen: „Für die schließen wir unsere Läden“ Wegen Corona-Epidemie: Läden in Rostock nun auch sonntags geöffnet MV sperrt Zufahrten wegen Corona: „Wer aus touristischen Gründen kommt, begeht Straftat“ Nach Einreise-Stopp in Reha-Kliniken wegen Corona: Gäste dürfen erstmal in MV bleiben Pandemie mit Hund: Meine Tipps für eine hundefreundliche Zeit während der Coronakrise Liveticker zur Coronavirus-Lage in MV: Das ist die Situation am Donnerstag Von Katharina Ahlers