Wettstreit um die beste Pointe

Östliche Altstadt — Eine kleine provisorische Bühne in einer Caféteria. Der helle Lichtschein eines Scheinwerferkegels malt einen Kreis auf die Fliesen — es ist wie das Zielkreuz auf einer Schatzkarte. Und das Ziel von Philipp Wöller. Selbstbewusst schiebt er das Mikro zur Seite, dann erklingt der Gong, und Wöller redet sich in sieben Minuten sein Programm „Mathe macht sexy“ von der Seele. Am Donnerstagabend hat die Hochschule für Musik und Theater (HMT) zu ihrem ersten Poetry Slam geladen. Definitiv ein Zuschauermagnet, ist doch die Caféteria in wenigen Minuten gefüllt — ja gar überfüllt: Die begeisterten Lauscher von Jung bis Alt nehmen auf Stühlen, Tischen, Stufen, Fensterbänken und sogar dem Boden Platz. Oder stehen ganz einfach — so muss Wöller mit seinem Wortwitz — gespickt mit allerhand Fachbegriffen aus der hohen Kunst der Mathematik — immerhin nicht alle vom Hocker hauen. Trotzdem will der Funke vom Lehramtsstudenten für Mathe und Musik nicht zu den gewillten Zuhörern überspringen — nur der vorletzte Platz springt beim Zuschauervoting für ihn raus. Mathe macht wohl doch nicht so sexy. Doch Steffen Wollschläger (20) kann das Ruder rum- und die Zuschauer mitreißen — mit seinem Song „Was bleibt von dir“ am Klavier: „Früh fragte ich mich, was von einem bleibt. Das Eingeständnis, dass es eigentlich doch nur ein stummer Name ist, macht es doch auch leichter, einfach mal über den Dingen zu stehen und nicht alles zu ernst zu sehen“, sagt Wollschläger. Mit dem eher ernsten Thema hat der junge Singer-/Songwriter das Publikum überrascht — für ihn springt Platz zwei raus. Trotz Kritik. „Das Lied war schön, nur war die Akustik sehr schlecht. Man hat kaum den Text verstanden, das war schade“, sagt Jutta Waldner, die kritisch im Publikum sitzt. Vielleicht hat es auch deswegen nicht für den ersten Platz gereicht, denn im Applausduell mit Rick Walther (24) hat Wollschläger das Nachsehen. „Ich hoffe, mir ist keiner böse, aber ich denke, der Applaus für Rick war ein bisschen länger als für Steffen“, erklärt Hannah Schneider, die Organisatorin des Poetry Slam, dem Publikum. Mit „Der Demografische Wandel der Uni“ trifft Walther genau ins Schwarze: In seinem kabarettartigen Stück reißt er sich Jackett und Krawatte vom Leib, wirft mit Textmarkern um sich und ist stolz darauf, noch ein Student von damals sein zu dürfen. „Auf das Thema kamen wir, weil hier eine oder ein 16-Jährige/r immatrikuliert wurde und das Gerücht umging, dass die Person sich tatsächlich nicht mal die eigene Anwesenheit bescheinigen durfte“, so Walther, der das Stück eigentlich mit Freund Stephan Holtz vortragen wollte, doch der war verhindert. Sechs „Slammer“ versuchten, das Publikum für sich zu begeistern. Angemeldet waren eigentlich acht Kandidaten, doch zwei erschienen leider nicht. Ein kurzer, aber intensiver Poetry Slam, dessen Resonanz für sich spricht: „Es war so, wie ich es mir vorgestellt habe, nur mit mehr Leuten“, sagt Hannah Schneider und lacht. Erste Veranstaltung an der HMT Organisatorin des ersten Poetry Slam der Hochschule für Musik und Theater (HMT) war Hannah Schneider, die derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich an der HMT absolviert. In sieben Minuten durften die Kandidaten ihre selbst geschriebenen Texte vortragen. Eine Genreeinschränkung gab es nicht: So war von eigenen Songs und Gedichten bis hin zu Raps alles erlaubt. Fünf Freiwillige aus dem Publikum gaben am Ende jeder Darbietung ihre Wertung von eins bis zehn ab. Die zwei Besten stellten sich am Ende dem Applausduell: Für wen die Zuschauer am lautesten und längsten klatschten, der hat den Poetry Slam für sich entschieden. Tracy Sawallich

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