Brinckmansdorf Rostock: Einwohner laden OB Madsen zum Gespräch ein

Sie sind frustriert und enttäuscht: Die Einwohner des Wohngebiets Brinckmanshöhe im Ortsteil Brinckmansdorf befürchten, dass hier künftig Lärm und Verkehrschaos enorm zunehmen werden. Nicht nur der neue Logistikpark in der Nachbarschaft, für den die Erschließungsarbeiten begonnen haben, macht ihnen Sorgen. Die Anwohner fordern seit längerem zusätzliche Lärmschutzbauten, die an der Timmermannsstrat errichtet werden sollen. „Im Logistikpark wird im Drei-Schicht-System gearbeitet. Die Lkw kommen auch in der Nacht an und fahren wieder ab. Das erhöht natürlich die Lärmbelästigung“, sagt Wolfgang Kuhlemann (60) vom Verband Wohneigentum Rostock-Brinckmanshöhe. Zusätzlicher Lkw-Verkehr verursacht mehr Lärm: Die gegenwärtige Verkehrssituation im Wohngebiet bewertet die Stadtverwaltung als „normal“. Bereits bei der Planung der beiden Gebiete (Wohnen im Westen/Gewerbe im Osten) wird auf eine möglichst gute Verträglichkeit geachtet, erklärt Vize. Stadtsprecherin Kerstin Kanaa. Zum Schutz des Wohngebiets vor den Geräuscheinwirkungen des Logistikparks werde östlich der Bahntrasse über die gesamte Länge des Logistikparks eine Lärmschutzwand errichtet. Ein Logistikzentrum orientiere sich vor allem zur Autobahn und anderen übergeordneten Straßen, da die Fahrzeit ein wesentlicher Kostenfaktor sei. Es gebe keinen Grund für die Lkw-Fahrer, sich durch enge Wohngebiete mit zahlreichen Kurven wie in Alt-Bartelsdorf oder Brinckmanshöhe zu zwängen. Lesen Sie auch: Diese Einkaufsmärkte kommen neu nach Rostock-Brinckmansdorf Investor baut Logistikpark direkt an der A19: Der belgische Investor VGP baut neben dem Wohngebiet fünf Hallen auf etwa 200 000 Quadratmetern Ackerland direkt an der A19. Kosten: mehr als 100 Millionen Euro. Die Flächen mit einer Mindestgröße von 1000 Quadratmetern werden an Unternehmen vermietet. Bis zu 600 Arbeitsplätze sollen entstehen. „Wir haben uns für den Standort Rostock entschieden, weil wir hier ein gutes Zukunftspotenzial sehen, das unser weiteres Wachstum in Deutschland begünstigt“, sagt Darius Scheible, Deutschland-Geschäftsführer der VGP Industriebau GmbH. Zudem sei die Region überaus wirtschaftsfreundlich. Auf Basis der erteilten Teilbaugenehmigung laufen erste Bauarbeiten. Schallschutz- und Verkehrskonzepte, die den Wohnbau im Umkreis des Logistikparks berücksichtigen, wurden bereits erstellt, um möglicher Geräuschentwicklung sowie Verkehrsbeeinträchtigungen vorzubeugen. Mit der vollständigen Baugenehmigung rechne die VGP kurzfristig. Wiro hat Flächen an VGP verkauft und leistet teilweise Erschließungsarbeiten: Die Erschließungsarbeiten leistet teilweise die Wiro. Nach dem Verkauf der Flächen durch die Wiro an eine Projektgesellschaft der VGP Industriebau GmbH seien 2020 alle Planungen für die Erschließungsarbeiten beauftragt worden, sagt Wiro-Sprecher Carsten Klehn. „Im Januar wurden notwendige Munitionssondierungen durchgeführt.“ Danach sei die Baustelle unter anderem für den Bau der Straße sowie zur Auffüllung des Erdwalls für die Lärmschutzwand eingerichtet worden. Die Erschließungsarbeiten sollen Ende 2021 abgeschlossen sein. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Rostock Business habe das Logistikpark-Projekt „zwei Jahre intensiv begleitet“, erklärt Sprecher Thomas Jähnig. So etwa durch die Organisation und Moderation von zehn Gesprächsrunden mit allen relevanten Fachämtern während des Baugenehmigungsverfahrens. Nach den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen sind zusätzliche Lärmschutzwände aus Sicht der Stadtverwaltung nicht erforderlich. „Wir werden die verkehrlichen Effekte der Ansiedlung aufmerksam beobachten und auch mittels Zählungen/Messungen objektiv gegenüber dem ,Vorher-Zustand’ bewerten“, erklärt Holger Matthäus (Bündnis 90/Die Grünen), Senator für Infrastruktur, Umwelt und Bau. Sollte sich daraus die Notwendigkeit ergeben, so seien „weitere Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Unterbindung von unverträglichen Durchgangsverkehren zu entwickeln“. Anwohner befürchten Verkehrschaos durch Lkw-Verkehr: „Gegen den Logistikpark haben wir nichts, obwohl das Prinzip ja von gestern ist, Waren mit Lkw hin- und herzufahren“, erklärt Christoph Hinz (36), sachkundiger Einwohner im Ortsbeirat Brinckmansdorf. Es gehe ihnen um die Auswirkungen für die Einwohner. Etwa 2000 Menschen leben in dem Wohnviertel. Zuletzt seien 150 Wohnungen gebaut worden, weitere entstehen gerade. Lesen Sie auch Warum der Rostocker Stadtteil Brinckmansdorf bei Familien so beliebt ist Stadtverwaltung lehnt Kreisverkehrs ab: Neben den Lärmproblemen werde ein Verkehrschaos durch Lkw befürchtet, vor allem nachmittags. Schon jetzt seien die Links- und Rechtsabbieger-Spuren an der Kreuzung Timmermannsstrat/Tessiner Straße häufig überlastet, sagt Kuhlemann. „Die Anwohner kommen nicht mehr aus dem Wohngebiet heraus, weil es sich von der Kreuzung stark zurückstaut.“ Ein Kreisverkehr in der Timmermannsstrat könnte Abhilfe schaffen. Der Vorschlag wurde von der Stadt jedoch abgelehnt. Am Knotenpunkt Tessiner Straße/Timmermannsstrat werden für die Timmermannsstrat nach dem Ausbau 13 400 Kfz pro Tag prognostiziert, heißt es aus dem Rathaus. Der Knotenpunkt werde deshalb umfassend ausgebaut und die Grünzeiten an der Ampel werden zugunsten der Timmermannsstrat neu verteilt. Verkehrsprobleme im Wohngebiet Brinckmanshöhe: Dabei gibt es bereits jetzt in Brinckmanshöhe akute Probleme mit Lärm, Rasern und fehlgeleiteten Lkw – die dort einen Weg zum Überseehafen suchen. Immer wieder wenden die Fahrer in Spielstraßen wie der Marie-Bloch-Straße. Gegen Staus sowie überhöhte Geschwindigkeit, mit der viele Lkw- und Pkw-Fahrer ins Wohngebiet „reinbrettern“, könnten nur verkehrsberuhigende Aufpflasterungen helfen, sagt Hinz. Das Tempo-30-Schild, das an der Albert-Schulz-Straße – genau vor der Einfahrt zum Wohngebiet – stehe und dort nichts nütze, müsse weiter davor aufgestellt werden. In der Rudolf-Tarnow-Straße und der Albert-Schulz-Straße seien deshalb etliche verkehrsberuhigende Maßnahmen erforderlich: „Berliner Kissen“ auf allen Streckenabschnitten, besonders am Eingang und auf langen Geraden. Aufpflasterungen in den Kreuzungsbereichen. Mehr Verkehrsschilder bzw. Fahrbahnmarkierungen mit Hinweis „Vorsicht 30“ und „Spielende Kinder“. Fußgängerüberwege, besonders im Haltestellenbereich Rudolf-Tarnow-Straße sowie Ecke Albert-Schulz-Straße/Riekdahler Weg. Dazu seien regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen notwendig sowie Anweisungen an die RSAG, dass deren Busfahrer die Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h einhalten müssen. Kinder und Senioren durch Auto- und Lkw-Verkehr gefährdet: Besonders gefährdet durch Lkw und Raser seien Kinder, betont Christoph Hinz. Ein Beispiel: An der Einfahrt zur Marie-Bloch-Straße sei eine weitere Verkehrsberuhigung durch Aufpflasterung und Verengung unbedingt notwendig. In diesem eigentlich verkehrsberuhigten Bereich werde fast ausnahmslos zu schnell gefahren – durch Anwohner, Besucher und Lieferverkehr. Aber auch Senioren leben in dem Gebiet gefährlich, etwa am Alten- und Pflegeheim in der Albert-Schulz-Straße. Es solle „mit verdeckten Geschwindigkeitsmessungen überprüft werden, ob die Wahrnehmungen zutreffen“, erklärt Stadtsprecherin Kerstin Kanaa. Sollten sich die Beobachtungen bestätigen, werde bei der Polizei eine entsprechende Kontrolle bzw. Ahndung der Verstöße angeregt. Aufgrund des vorhandenen Linienbusverkehrs seien die Möglichkeiten von baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Geschwindigkeiten beschränkt. Lesen Sie auch Brinckmansdorf: Baustart für neue Wohnhäuser am Weißen Kreuz Hinz hat eine lange Liste von Verkehrsproblemen sowie entsprechende Lösungsvorschläge dazu an Senator Holger Matthäus gesandt – und wartet jetzt auf eine Antwort. Antwort aus dem Rathaus auf Anwohnerbriefe unbefriedigend: Schon am 3. Dezember 2020 hatten sich Kuhlemann und Hinz mit einem Brief ans Rathaus gewandt, darauf aber gut zwei Monate lang keinerlei Reaktionen erhalten. Das sehe ganz so aus, als ob „die Sorgen der Einwohner nicht ernst genommen werden“, meint Kuhlemann. Erst als er am 21. Januar ein erneutes Schreiben abschickte, kam am folgenden Tag eine Antwort. Kernaussage: Die Ansiedlung von Gewerbebetrieben im Bereich Timmermannsstrat ist „Bebauungsplan-konform“. Und: „Die Straßenraumgestaltung und Verkehrsorganisation im Wohngebiet Brinckmanshöhe sind darauf ausgelegt, Durchgangsverkehre weitestgehend zu unterbinden.“ Der belgische Anbieter für Logistik- und Gewerbeimmobilien VGP will fünf Hallen auf rund 200 000 Quadratmetern Ackerland direkt an der A 19 bauen. Anschließend werden Flächen mit einer Mindestgröße von 1000 Quadratmetern an Unternehmen aus den Branchen Logistik, Produktion und E-Commerce vermietet. Das Vorhaben kostet mehr als 100 Millionen Euro. Bis zu 600 Arbeitsplätze sollen geschaffen werden. Die Flächen hatte die Wiro, das kommunale Rostocker Wohnungsunternehmen, an VGP verkauft. Rostock Business, die Gesellschaft für Wirtschafts- und Technologieförderung Rostock, hat VGP beim Logistikpark-Projekt unterstützt, unter anderem bei der Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer und der Verwaltung sowie der Organisation und Moderation von zehn Gesprächsrunden mit allen relevanten Fachämtern im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens. Damit wollen sich Kuhlemann und Hinz nicht zufrieden geben. „Wir möchten Oberbürgermeister Madsen gern zu einem Gespräch an Ort und Stelle einladen, so dass er sich ein Bild von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten machen kann“, erklärt Kuhlemann. Die Corona-Regeln würden selbstverständlich beachtet. Und ein Bierchen solle es auch geben. Von Bernhard Schmidtbauer