Friseur Klier vor Insolvenz: Kunden in MV bangen

Maurice Gutsche ist geschockt, bangt um „seinen“ Friseur: Er finde es „extrem schade“, dass der Friseur-Kette Klier die Insolvenz drohe. Die Qualität sei super, er sei schon lange regelmäßig Kunde, erklärt der 23-Jährige. Ähnlich sieht es Sylvia Krusemark (50): „Wir schätzen das freundliche Personal, man bekommt immer schnell einen Termin und die Haarschnitte sind gut.“ Die beiden Rostocker stehen damit nicht allein: Wie sie bangen viele Kunden und Mitarbeiter in ganz Mecklenburg-Vorpommern um die Friseur-Kette Klier. Am Dienstagmittag entscheidet das Amtsgericht Wolfsburg, ob gegen das Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Bundesweit 450 Filialen auf der Kippe: Ein Drittel aller Filialen, bundesweit wohl 450, könnten auf der Kippe stehen, heißt es. 1800 Mitarbeiter könnten ihre Jobs verlieren. Wichtigster Grund: Corona. Im Frühjahr, während des ersten Lockdowns, musste Klier, wie alle Friseure in Deutschland, schließen. Fazit: Keine Einnahmen, obwohl laufende Kosten, wie Ladenmieten, weiter anfielen. Auch nach der Lockerung der Auflagen und der Öffnung der Läden hielten sich viele Kunden zurück, heißt es vom Unternehmen mit Sitz im niedersächsischen Wolfsburg. Dies habe in den vergangenen Monaten zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt. Größte Friseur-Kette Europas in Gefahr: Die Kette betreibt rund 1350 Friseur-Salons (Klier, Super Cut, Hair Express) und 130 Geschäfte für Haarpflegeprodukte (Cosmo, Beautyhairshop) in Deutschland und weiten Teilen Europas. Sie ist mit 9200 Mitarbeitern die größte Friseur-Kette Europas. In MV hat Klier ein knappes Dutzend Filialen – unter anderem in Rostock, Wismar, Gägelow und Schwerin. Doch bei Mitarbeitern im Land war am Montag kein Statement zu bekommen: „Kein Kommentar!“ – wo man auch fragte im Land. Bereits im September Schutzschirm-Verfahren beantragt: Bereits im September hatte die Friseur-Kette ein sogenanntes Schutzschirm-Verfahren beantragt, nachdem auch Überbrückungshilfen die Umsatzeinbußen nicht hatten ausgleichen können. Das Gericht gab dem statt. Zudem wurde Insolvenzantrag gestellt. Mit einer Eröffnung des Hauptverfahrens wäre eine wichtige weitere Etappe auf dem Weg aus der Insolvenz geschafft, heißt es bei Klier. Lesen Sie auch: Binzer Kosmetikerin enttäuscht über Lockdown: „Wir haben keine Lobby“ Rostock: Friseurmeister Wagner übergibt Salon an Tochter „Oberstes Ziel ist, neben der Fortführung und Neuaufstellung des Unternehmens möglichst viele Salons und Shops sowie die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten“, erklärt Klier-Anwältin Elke Schmitz. Als Familienunternehmen nehme man die besondere Verantwortung für die Mitarbeiter und deren Familien sehr ernst und kämpfe um jeden Standort. Keine Details zu Standorten: Über Details zu einzelnen Standorten wolle man sich derzeit nicht äußern. Nach der Eröffnung des Hauptverfahrens soll ein Sanierungsplan bei Gericht eingereicht und den Gläubigern zur Abstimmung vorgelegt werden, so Schmitz weiter. Der beschreibe, wie sich Klier für die Zukunft aufstellen wolle. Zudem können Gläubiger ihre Forderungen anmelden. In Österreich wurde bereits eine komplette Schließung aller 35 Klier-Filialen beschlossen. Klier wurde 1948 von Friseurmeisterin Elfriede Klier in Werdau (Sachsen) eröffnet. 1954 wurde der Unternehmenssitz nach Wolfsburg verlegt. Mittlerweile wird die Unternehmensgruppe in der dritten Generation geführt. 2017 erwirtschaftet die Klier Hair Group (KHD) einen Jahresumsatz von knapp 320 Millionen Euro. Von Thomas Luczak