Zwiebelschuppen weicht dem Kreuzfahrthafen

Der Abriss läuft. Das historische Hafengebäude am Passagierkai, der „Zwiebelschuppen“, weicht neuen Verkehrs- und Logistikflächen. Die Hansestadt hat den Abbruch Ende Januar genehmigt und so ein denkmalgeschütztes Gebäude aufgegeben. Das Hafengebäude am Passagierkai, der „Zwiebelschuppen“, wurde vor rund 100 Jahren als Lagergebäude errichtet und bis zur Inbetriebnahme des Rostocker Überseehafens 1960 auch genutzt. Später wechselten Nutzer, Nutzungsarten und Mieter. Zu den Mietern nach 1990 gehörten das Unternehmen Baltic-Taucher, der Zoll und Karls-Erlebnisdorf. „Die knapp bemessenen Hafenflächen am Passagierkai reichen bei Mehrfachanläufen für eine geordnete und sichere Betreibung nicht mehr aus“, begründet Christian Hardt, Leiter des Kreuzfahrtbereiches bei der Hafen-Entwicklungsgesellschaft (Hero), den Abriss. Hinzu komme, dass immer größere Kreuzfahrtschiffe mit immer mehr Seereisenden an Bord Warnemünde ansteuerten. „Um die Verkehrssicherungspflicht auf dem Hafengelände gewährleisten zu können, stellte die Hero den Antrag auf Rückbau des Hafenschuppens“, so Hardt. Alle Ämter und Behörden haben zugestimmt. Man habe sich „schweren Herzens“ für den Abriss entschieden, so die Leiterin des Rostocker Amtes für Kultur und Denkmalpflege, Michaela Selling. Der Abriss sei die Möglichkeit, den Warnemünder Hafen weiterzuentwickeln. Auch die Landesdenkmapflege hat zugestimmt. Letztendlich stimmte auch der Warnemünder Ortsbeirat für den Abriss. In der Januar-Sitzung fanden Anträge, den Abriss zu verhindern oder das ehemalige Hafengebäude an anderer Stelle wieder aufzubauen, keine Mehrheiten. Neben dem üblichen Bauschutt des bereits entkernten Gebäudes müssen auch Schadstoffe entsorgt werden. Dazu zählen das Teerdach, asbesthaltige Isolierungen sowie das Fachwerk, da dort giftige Holzschutzmittel nachgewiesen wurden. Neben einer Fotodokumentation hat die Hero das Gebäude auch vermessen, um es wenigstens auf dem Papier für die Nachwelt zu erhalten. Zudem wird sie auf eigene Kosten ein Fassadenelement des Fachwerks anfertigen, das am Gehweg vor dem Cruise Center seinen Platz bekommen soll. Der Grundriss des Hafenschuppens wird mit einer Pflasterung aus rotem Betonstein kenntlich gemacht. Mitte April sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Die Hero setze als einziges Unternehmen die Tradition der Hafenwirtschaft und Berufsschifffahrt auf der einst als Hafenanlage konzipierten Mittelmole fort, so Christian Hardt. Und er weist darauf hin, wie beengt es dabei am Passagierkai zugeht: „Gemessen an den Schiffsanläufen und Passagierzahlen in Warnemünde betreibt die Hero an etwas mehr als 100 Saisontagen den größten Kreuzfahrthafen Europas auf den kleinsten Hafen- und Terminalflächen.“ Im April ist auch der neu aufgebaute Liegeplatz 7 fertig. 4,5 Millionen Euro werden verbaut. Mehr Platz gibt es künftig auch im Cruise Center. Die Empore wird demontiert. Die Terminalfläche wird so größer, die Abfertigung der Passagiere kann so schneller erfolgen. Und wieder geht ein historisches Gebäude und damit ein Stück Warnemünder Geschichte den berühmten Bach runter. Die Hero, die die Versorgung der Kreuzfahrtschiffe regelt, braucht eine größere Logistikfläche. Bei den vermehrten Schiffsanläufen ist das bestimmt gerechtfertigt und nötig, aber muss man da gleich mit der Abrissbirne anrücken? Hätte dieses alte Gebäude nicht in den Bereich integriert werden können? Als Bürogebäude oder für die vielen Reiseleiter, die die Busreisenden betreuen, als Aufenthaltsräume oder als eine Nebenstelle der Touristinformation wäre es doch eine mögliche Nutzung. Ich habe das Gefühl, dass solche Abrissbeschlüsse mehr den künftigen Nutzern und Investoren zugutekommen als dem Ort selbst. Mir fällt das Zuschütten des alten Fährhafenbeckens ein. Auch dort wäre eine andere Nutzung möglich gewesen und das nicht nur von Hobbykapitänen. Ich denke auch an den Abriss der alten Häuser hinter dem Bahnhofstunnel. Wenn man nur den Profit im Sinn hat, warum reißt man nicht gleich das historische Bahnhofsgebäude ab und lässt die Züge vor dem Ort halten ? Davon würden die Busunternehmen profitieren. Leider scheinen Bauten alter Zeiten — und das betrifft nicht nur Warnemünde — in die man auch noch investieren müsste, um sie zu erhalten, in unserer modernen Welt keine gute Lobby zu haben, das finde ich sehr schade. Thomas Sternberg

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