644 Filmminuten beim 9. Filmfest in Wismar

Bürgerschaftspräsident Tilo Gundlack eröffnete am Freitagabend das 9. Wismarer Filmfest im ausverkauften Kinosaal. Die Reportage „Schloss Bothmer — Rettung in letzter Minute“ lockte die Massen. „Wir mussten bestimmt 50 Interessierten absagen, weil alle Plätze besetzt waren“, sagte Sabine Matthiesen vom Filmbüro. So gut war die Resonanz am Wochenende leider nicht immer. Obwohl der Kinosaal im Vergleich zu vielen anderen Orten noch angenehm temperiert war. 644 Minuten Film wurden gezeigt, viele in Anwesenheit der Regisseure, Produzenten oder des ganzen Filmteams. So hatten die Gäste nach dem Applaus oft die Möglichkeit, Fragen an die „Macher“ zu stellen. „Wir holen mit dem Filmfest immer besondere Perlen an die Oberfläche.“ Das ist der Anspruch und das Versprechen von Sabine Matthiesen an ihre Gäste. Gezeigt wurden nur Filme mit Bezug zum Land, wie der über Schloss Bothmer in Klütz, oder sie wurden von der Kulturellen Filmförderung des Landes finanziell unterstützt. Der Sonnabendvormittag galt dem Filmemachernachwuchs des Landes mit Filmen aus den Medienwerkstätten und der Offenen Kanäle. „Das war unglaublich, alle waren da! So ein wunderbarer Austausch“, schwärmte Sabine Matthiesen von dem großen Netzwerktreffen und dem, was in dreieinhalb Kinostunden gezeigt wurde. Der einzige Spielfilm des Wochenendes war „Lichtes Meer“ von Jungfilmemacher Stefan Butzmühlen. Wismarpremieren, MV-Premieren und sogar zwei Welturaufführungen versuchten, mit dem Strandwetter zu konkurrieren. Nicht immer gewannen die Filme den ungleichen Kampf. Beim dritten Teil der spannenden Dokumentation „Wem gehört der Osten“ kamen vielleicht 30 Gäste zur Uraufführung ins Kino. Der Film wird erst in einigen Tagen im MDR, danach im NDR, beim RBB und auf ARTE gezeigt. Also ganz großes Kino, in dem der Frage nach gegangen wird, was in den vergangenen 25 Jahren mit den 49 Prozent Volkseigentum der ehemaligen DDR passiert ist. Ein kritischer Film, sehr modern und unterhaltsam gestaltet. Redakteurin Silke Heins und Produzent Olaf Jacobs stellten sich den Fragen der Gäste. Ein paar Gäste mehr hätte sich Sabine Matthiesen auch für die sehr intensive Dokumentation „Poeten de Tanzes — Die Sacharoffs“ gewünscht. Gerade einmal 20 Cineasten sahen den Film über Clotilde von Derp (1892-1974) und Alexander Sacharoff (1886-1963), eines der berühmtesten Tanzpaare der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Regisseurin Stella Tinbergen genoss das Filmfest trotzdem. Sie erzählte aber auch von den Schwierigkeiten des anspruchsvollen Films: „Es wird immer schwieriger, solche Kunstfilme zu machen, sie bringen keine Quote.“ Nicole Hollatz

Wismar - 644 Filmminuten beim 9. Filmfest in Wismar