Bad Kleinen: Afrika-Experte schreibt sein erstes Kinderbuch

„Ich muss 130 Jahre alt werden, um das alles aufschreiben zu können“, sagt Klaus-Dieter Gralow und schmunzelt. Er ist erst halb so alt und hat Kopf, Computer und Bücherregal voller Wissen, Rechercheergebnisse, Geschichten und Erlebnisse. Gerade sind zwei seiner neusten Bücher in den Handel gekommen. „Ein Kinderbuch und ein utopischer Krimi aus der Vergangenheit“, berichtet er und schmunzelt weiter. Das Kinderbuch war ein lang gehegter Wunsch. Der Krimi ist einem Zufallsfund in Afrika geschuldet. Denn dort spielen beide Bücher wie auch ein nicht unwesentlicher Teil des Lebens von Klaus-Dieter Gralow. Aber von vorne. „Ich hatte einfach viel Glück im Leben“: „Ich hatte einfach viel Glück im Leben“, dankt Gralow. Der Satz wird, trotz der menschlichen Höhen und Tiefen, immer wieder fallen im Interview. Denn Klaus-Dieter Gralow konnte und kann seit Jahrzehnten seiner Leidenschaft und seinen Interessen folgen. Und seinem Ziel: Afrika. Seit 1990 war er über 60 Mal als studierter Archäologe und Museologe, Filmemacher und Buchautor in Namibia und dem südlichen Afrika. „Andere sind 1990 in den Westen gefahren, ich nur nach Hamburg, damit ich nach Afrika fliegen kann“, berichtet Klaus-Dieter Gralow. Lesen Sie auch: Wismar: Berufsschule bildet Pflegehelfer und Ergotherapeuten aus In Namibia hat er das erste Nationalmuseum für die Bevölkerung mit aufgebaut, hat beim Goethe-Institut und beispielsweise für die „Gesellschaft für Wissenschaftliche Entwicklung“ gearbeitet. Eigentlich wäre er im Dezember wieder in Afrika gewesen, um für die bekannte Fernsehreihe „Länder, Menschen, Abenteuer“ etwas über das Leben in der Wüste zu drehen. „Der Film wurde verschoben, aber zum Glück nicht abgesagt“, dankt Gralow. Als Ossi in Afrika (und umgekehrt): Also arbeitet er von zu Hause aus an der nächsten Filmidee: „GDR in Sansibar“, macht er neugierig und erzählt von den Recherchen. „Wismar sollte 1964 eine Städtepartnerschaft mit Sansibar eingehen.“ Ein Politikum mitten im Kalten Krieg zwischen Neokolonialismus, afrikanischer Unabhängigkeit, Kapitalismus und Sozialismus, das Gralow anhand von Wismar und Sansibar sichtbar machen will. Das wird ihm und seinem Rostocker Filmeteam gelingen, wie beispielsweise auch beim Film „Die Ossis von Namibia“. In den 1980ern wurden namibische Kinder und Jugendliche in die DDR geschickt, um dort sozialistisch geschult zu werden. Dann kam die Wende, die jungen Menschen kamen zurück in eine Heimat, die sie gar nicht kannten. Lebens- und Landesgeschichte: Schon allein die Entstehungsgeschichte dieses Films will Gralow aufschreiben. „Naa, willste noch eeen Bier?“, wurde er in der Kneipe in Namibia gefragt. „Ich dreh’ mich verdattert um und blick ins Gesicht einer schönen schwarzen Frau!“ Er kommt mit ihr ins Gespräch und hört zu – sie gehörte zu denen, die in den 1980ern in der DDR lebten, zurück mussten und mit zwei Entwurzelungen klarzukommen hatten. Gralow hat viele solcher Begegnungen in den 30 Jahren erlebt und will sie nach und nach in diesem Jahr aufschreiben. „Weil Freunde immer so begeistert sind, wenn ich erzähl!“, kommentiert er grinsend. Der Verleger hat gleich angebissen, das Buch soll in diesem Jahr fertig werden. Kinderbuch aus Afrika: Aber erst mal ist er froh, dass das Kinderbuch druckfrisch in den Handel gekommen ist. „Das weiße Schiff in der Wüste“ ist dank des bekannten Künstlers Norbert Folberger und seinen Illustrationen nun fertig geworden. Inhaltlich geht es um das Aufeinanderprallen von zwei Kulturen in Form von zwei 13-jährigen Jungs in Namibia, die sich dank einer Höhle und einer archäologischen Sensation zusammenraufen. Lesen Sie auch: Insel Poel und Wismar: Fotograf zeigt Drohnenbilder von oben „Man muss sich selbst unglaublich zurücknehmen“, beschreibt er den Spagat, als 65-jähriger welterfahrener Mann für, 11-, 12-, 13-Jährige schreiben zu wollen. „Ich will ja verstanden werden.“ Aber auch in dem Bereich hat Gralow – zum Glück – Erfahrung, hat schon einige Projekte mit Schulen und Schülern in Wismar und der Region gemacht. Aus dem „Hottentottenparadies“: Das andere Buch – für Erwachsene – erzählt eine Geschichte in einer Geschichte und damit –historisch gesehen – Geschichte. „Das Hottentottenparadies ist eine Legende aus der Namibiawüste. „Dort soll es zentnerweise Diamanten gegeben haben.“ Und das hat vor 90, 100 Jahren die Glücksritter aus Europa angelockt. Statt Reichtum fanden sie in der Wüste den Tod. Ein Abenteurer wie Gralow hat vor 90 Jahren die Geschichte verfasst, die Gralow nun für sein Buch adaptiert und mit seinem Wissen rund gemacht hat. Das Manuskript von Albrecht Richard Uhlmann, 1871 in Ostrau (damals Kreis Bitterfeld in Ostpreußen) geboren, lag in der Gesellschaft für wissenschaftliche Entwicklung Swakopmund. Das Leben eines Abenteurers: Gralow hat das Leben Uhlmanns nach recherchiert, sein fluchtartiger Weg nach Afrika, ohne Frau und Kinder, die in Deutschland blieben. Seine Farm in Windhoek musste zwangsversteigert werden, er versuchte sich als Diamantenschürfer, ohne Erfolg. Wieso das Manuskript des Romans die Zeit überdauert hat, kann Gralow nur erahnen. Es wurde im Nachlass eines Rechtsanwalts gefunden. „Uhlmann lag ständig mit anderen im Klinsch, wahrscheinlich hat er mit dem Manuskript seinen Anwalt bezahlt.“ Beide Bücher gibt es im Buchshop des Nordwestmedia-Verlag ( www.nwm-verlag.de ) und im Buchhandel. Von Nicole Hollatz