Bettensteuer soll Geld ins Stadtsäckel spülen

Die Sitzung der Bürgerschaft gestern Abend im Rathaus begann mit einer Schweigeminute. Der Präsident der Wismarer Bürgerschaft, Tilo Gundlack (SPD), sprach nach dem Flugzeugunglück mit 150 Todesopfern in den französischen Alpen von „tiefer Trauer“ und einer „menschlichen Tragödie“. Im Namen der Abgeordneten übermittelte er den Hinterbliebenen sein tiefes Mitgefühl. Im Anschluss ging die Politik zur Tagesordnung über. Und da stand gestern die neue Satzung für eine Übernachtungssteuer abermals im Mittelpunkt. Noch im Februar war das Thema vertagt worden. Gestern gab es einen mehrheitsfähigen Kompromissvorschlag der CDU. Dieser beinhaltet zwei Punkte: Erstens soll die Steuer spätestens Ende Dezember 2018 wieder abgeschafft werden. Damit, so CDU-Fraktionschef Siegfried Ballentin, soll der Wirtschaft Zeit gegeben werden, „die Steuer überflüssig zu machen“. Dafür gab es 27 Ja- und 9-Nein- Stimmen. Vor allem die Linken stimmten dagegen. Sie sind klar für die Bettensteuer, weil sie befürchten, dass ansonsten bei freiwilligen Leistungen gestrichen werden muss. Zweitens soll bis November 2016 ein Evaluierungsbericht der Verwaltung zur neuen Steuer vorliegen. Von der Überprüfung werden Ergebnisse erwartet, was die Steuer tatsächlich bringt. Dafür gab es 35 Ja-Stimmen. Knapp fiel das Abstimmungsergebnis zur grundsätzlichen Einführung der Bettensteuer aus. Es gab 18 Ja- und 15-Nein-Stimmen sowie drei Enthaltungen. SPD und Linke votierten dafür, die CDU bot die gesamte Palette, alle anderen lehnten sie ab. Mit der beschlossenen Satzung zahlen Gäste in Hotels und Ferienwohnungen ab April einen Aufschlag von fünf Prozent auf den Zimmerpreis. Bei bereits getätigten Buchungen soll die Satzung nicht gelten, teilte Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) mit. Das Geld der Bettensteuer fließt in die Stadtkasse. Die Stadt kalkuliert mit Einnahmen von 117000 Euro in diesem Jahr und mit 343000 Euro im nächsten Jahr. In Wismars Haushalt klafft ein Loch von fünf Millionen Euro. Der Bürgermeister sieht daher die Steuer als alternativlos an. Vertreter des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hatte wiederholt gegen deren Einführung gekämpft. Klagen sind denkbar. Der Bürgermeister rechnet jedenfalls damit. Alternativ arbeiten Dehoga-Vertreter an einer Wismar-Marketing- Gesellschaft. Diese würde Leistungen der Stadt, wie zum Beispiel die Wismar-Information, übernehmen. Finanziert und gestaltet wird die Gesellschaft unter anderem von Hoteliers und Gastronomen. Die Fraktionen sind inzwischen eingeladen worden, in Arbeitsgruppen für eine solche Gesellschaft mitzuwirken. Der Bürgermeister kündigte für die Verwaltung an, dass sich die städtische Wirtschaftsförderung einbringt. Für-Wismar-Fraktionschef Gerd Zielenkiewitz hatte ein Rederecht für Dehoga-Vertreterin Svenja Preuss zum Thema Bettensteuer beantragt. Dafür gab es keine Mehrheit. Für Zielenkiewitz sendet die Steuer ein falsches Signal. Er stichelte gegen die CDU, weil sie Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) nicht folgte, der bei einem Besuch in Wismar die Steuer abgelehnt hatte. Für René Domke (FDP/Grüne) werde mit der Steuer einseitig eine Branche mit Bürokratie überzogen. Er begrüßt das angekündigte Marketingkonzept einiger Unternehmen in Wismar. Das kann „zum einen die Stadt entlasten und zum anderen zielsicherer das Marketing der Stadt ausgestalten“. Heiko Hoffmann

Wismar - Bettensteuer soll Geld ins Stadtsäckel spülen