Corona trifft Geflügelzüchter aus Wismar und Neukloster härter als Vogelgrippe

Den Geflügelzüchtern in Nordwestmecklenburg geht es nicht gut. Die Stimmung ist gedämpft. Schuld ist weniger die drohende Geflügelpest, die schon in Teilen Vorpommerns aufgetreten ist, als die Corona-Pandemie. Die kann den gefiederten Tieren zwar vermutlich direkt nichts anhaben. Doch die Auswirkungen von Beschränkungen und Lockdown verkürzen auch das Leben der Vögel. Ronny Anders vom Rassegeflügelverband Neukloster geht sogar so weit und sagt: „Corona ist für uns bedrohlicher als die Vogelgrippe.“ Wegen der Corona-Pandemie mussten im Herbst bislang fast alle Rassegeflügelschauen in der Region ausfallen. Auch Veranstaltungen für den Dezember sind zum Teil schon abgesagt. Die Konsequenz für die Geflügelzüchter: „Wir müssen die Bestände jetzt schon reduzieren und uns von den Tieren trennen“, so Ronny Anders. Reduzieren heißt, die Bestände von Enten, Gänsen und Co. früher zu verkleinern. Denn gibt es keine Schauen, gibt es auch keinen Handel untereinander. Die Tiere können dort nicht verkauft werden. Geflügelverband empfiehlt vorzeitige Schlachtungen: Auch der Geflügelwirtschaftsverband MV empfiehlt das nun dringend – allerdings mit Blick auf die Vogelgrippe. Schon jetzt könnten die Vögel, die Weihnachten auf den Tisch kommen sollen, geschlachtet werden. Die Gefahr, dass sie sich das Virus in den kommenden Wochen einfangen, sei zu groß. In einigen Teilen Vorpommerns gilt bereits eine Stallpflicht. „Wir sind noch nicht betroffen. Bislang gilt das erst für den Osten und den Küstenstreifen dort“, sagt Ronny Anders vom Rassegeflügelverein Neukloster. Noch wirkt er entspannt, erinnert sich aber an die Jahre 2005 und 2006. Damals sei das Vogelgrippevirus H5N1 weltweit ausgebrochen. „Das war schlimm. Seitdem taucht es etwa alle zwei Jahre etwas stärker auf“, so der Fachmann. Lesen Sie auch: Agrarmuseum Dorf Mecklenburg schließt: Mitarbeiter helfen jetzt bei Pandemiebekämpfung Wismarer Verein hofft auf kleine Geflügelschau im Januar: Jürgen Hempel, Vorsitzender des Rassegeflügelzuchtvereins „Seeblick“ in Wismar hat ähnliche Sorgen wie der Verein in Neukloster. Verängstigt seien die Züchter in der Hansestadt zwar nicht. Wer Geflügel habe, auf den würden aber vielleicht auch bald in Nordwestmecklenburg Probleme mit der Vogelgrippe zukommen. „Ich selbst habe aber nur Tauben, die sind von der Vogelgrippe nicht betroffen“, erklärt er. Auch dem Wismarer Verein mache eher die Corona-Pandemie Sorgen. „Das Vereinsleben findet gar nicht statt. Alle Schauen sind abgesagt. Man kann sich nicht sehen und diskutieren“, berichtet Jürgen Hempel. Wichtig seien den Wismarer Vereinsmitgliedern auch die großen Schauen in Leipzig und Frankfurt gewesen. „Dort konnten wir uns beim Taubenmarkt immer an den Bewertungen bei den Wettbewerben für die Vögel orientieren“, sagt er. In diesem Jahr entfällt dies. Die eigene Rassegeflügelschau des Vereins ist erst für Ende Januar angesetzt. Ob die stattfinden kann, ist zurzeit ungewiss. „Wir haben ein Hygienekonzept, aber wenn die Situation so bleibt wie jetzt, brauche ich es beim Kreis gar nicht erst zu beantragen“, so Hempel. Dennoch hofft er, wenigstens eine kleine Vereinsschau auf die Beine stellen zu können. „Vielleicht nur mit den Züchtern aus Wismar und der Umgebung.“ Viele Zuschauer hätte die Schau nach seiner Erfahrung sowieso nicht mehr. In den vergangenen Jahren seien immer weniger Besucher zu den Veranstaltungen gekommen. Lesen Sie auch Agrarmuseum Dorf Mecklenburg schließt: Mitarbeiter helfen jetzt bei Pandemiebekämpfung Wismarer: Drastische Strafen während Epidemien im Jahr 1946 in der Stadt Corona-Lockdown in Wismar: Enttäuschung bei Gastronomen, Sportlern und Fitnesscentern Von Michaela Krohn