Gewerbesteuern brechen ein: Um so viele Millionen erhöht Wismar jetzt den Kassenkredit

Die Corona-Pandemie stellt viele Unternehmen vor nie da gewesene Herausforderungen: Lieferketten sind zerbrochen, Kunden stornieren Aufträge, viele Mitarbeiter sind von ihren Firmen in Kurzarbeit geschickt worden. Für die Städte und Gemeinden bedeutet der Stillstand der Wirtschaft einen massiven Einbruch bei den Gewerbesteuern, mit denen sie die öffentlichen Verwaltungen am Leben halten. Außerdem fließt das Geld in die Beleuchtung von Straßen, Reparaturen von Gehwegen, Kitas und Schulen. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Auch in Wismar gehen die Einnahmen durch die Gewerbesteuer deutlich zurück. Wir haben darüber mit Heike Bansemer, Leiterin der Kämmerei und zweite stellvertretende Bürgermeisterin, gesprochen. Die Kassenkredite sind gerade von 13 Millionen auf 31 Millionen Euro erhöht worden. Wie dramatisch ist die Lage? Heike Bansemer: Das können wir noch nicht sagen, das wäre Kaffeesatz-Leserei. Wir wissen nur, dass die Stadt weniger Einnahmen haben wird, als in den vergangenen Jahren. Trotzdem müssen wir die Geschäfte der Verwaltung am Laufen halten, deshalb sind die Kassenkredite erhöht worden. Die Summe ist für den schlechtesten Fall, falls es zu einem Totalausfall bei den Gewerbesteuern kommt. Muss die Stadt auf die Kredite Zinsen zahlen? Nein. Und bevor wir mit den Banken sprechen können, muss auch noch das Innenministerium der Erhöhung zustimmen. Die Bürgerschaft hat das bereits getan. Wofür wird das Geld gebraucht? Für die laufenden Ausgaben. Für Löhne und Bewirtschaftungskosten. Außerdem geht es um die Sicherheit der Stadt, sie muss zahlungsfähig bleiben. Dass es in diesem Jahr weniger Einnahmen geben wird, liegt aber nicht nur an der Wirtschaft. Es sind ungewöhnlich harte Zeiten. Kommunale Einrichtungen wie das Theater und die Museen sind seit mittlerweile sieben Wochen geschlossen, auch die beliebte Aussichtsplattform auf der Sankt-Georgen-Kirche. Außerdem fallen Veranstaltungen und touristische Angebote weg. Dadurch entgehen der Stadt Eintrittsgelder, Gebühren und Entgelte. Durch die geschlossenen Hotels gibt es keine Übernachtungssteuer, die Vergnügungssteuer entfällt mit der Schließung der Spielhallen. Es ist quasi ein Komplettausfall. Das hört sich dramatisch an. Wie viele Firmen haben bereits Anträge auf Stundung der Gewerbesteuer gestellt? Bis zum 8. April waren es 53 Anträge – das ist die Hälfte von dem, was wir sonst in einem Jahr bearbeiten. Und es kommen fast jeden Tag weitere Anträge dazu. Ist auch die Werft dabei? Die Firmen dürfen aus Datenschutzgründen nicht genannt werden. Wie lange müssen die Gewerbesteuern nicht gezahlt werden? Wir gewähren die Stundung bis zum Jahresende. Wie viel Geld ist im Monat nötig, um die Geschäfte der Stadt am Laufen zu halten? Rund drei Millionen Euro, darin enthalten sind Gehälter und Mieten. Wir hoffen, dass wir den Kassenkredit nicht in voller Höhe ausschöpfen müssen. Er ist jetzt ungefähr so hoch wie zur Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008. Rechnen Sie noch woanders mit weniger Einnahmen? Bei der Einkommens- und Umsatzsteuer. Die werden zwar von Land und Bund an die Kommunen durchgereicht. Sie werden aber wegen der Kurzarbeit, die es zurzeit in vielen Betrieben gibt, vermutlich deutlich niedriger ausfallen als sonst. Gibt es auch Kurzarbeit in der Verwaltung? Kurzarbeit gibt es bei uns in der Stadtverwaltung nicht. Plant die Stadt zu sparen, zum Beispiel am Personal oder bei der Ausschreibung neuer Stellen? Nein, das ist nicht geplant. Die Bundesregierung hat ein Milliarden-Hilfspaket auf den Weg gebracht, um die Auswirkungen der Corona-Krise etwas abzumildern. Inzwischen gibt es folgende Maßnahmen: den Wirtschaftsstabilisierungsfonds für staatliche Liquiditätsgarantien und Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals von Unternehmen, direkte Zuschüsse für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler, ein Milliarden-Hilfsprogramm zur Sicherung der Liquidität von Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern, die Stärkung der Krankenhäuser durch Ausgleich der finanziellen Belastungen, einen erleichterten Zugang zur Grundsicherung für Solo-Selbstständige und die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes. Mehr Infos: Von Kerstin Schröder