Glasin: Bäckerei Hünemörder wird digital

Seit 106 Jahren gibt es die Bäckerei Hünemörder im Glasiner Ortsteil Warnkenhagen. August Hünemörder (70) führt sie in dritter Generation. Seit 1990 ist Tochter Anja mit im Betrieb. Den hat sie um eine Konditorei erweitert und sich mit ihren kreativen Torten weit über die Kreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht. In den nächsten Monaten wird der kleine Handwerksbetrieb im Osten Nordwestmecklenburgs seine Geschäftsprozesse in Vertrieb und Controlling von analog auf digital umstellen. Digitale Abläufe sparen Zeit: „Einerseits sind wir durch den Gesetzgeber dazu verpflichtet, unsere Kassen umzurüsten“, erklärt Anja Hünemörder-Pritzner. Sie müssen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet werden. Dadurch werden alle aufgezeichneten Daten geschützt. „Wir stellen von Papier auf digital um. Das neue Kassensystem ermöglicht uns beispielsweise, Lieferscheine und Rechnungen automatisch auszudrucken. Das spart Zeit, weil wir’s nicht mehr handschriftlich erledigen müssen“, erläutert die 48-Jährige die Vorteile. Vor allem Mutter Karin Hünemörder kümmert sich um die Büroarbeiten. „Ich habe dafür gar keine Zeit“, sagt die Tochter. Zum 1. Januar 2022 wird sie den Handwerksbetrieb von ihren Eltern übernehmen. Zudem werde mit den neuen Kassen der Umsatz erfasst, welche Verkäuferin was verkauft hat, welche Produkte besonders nachgefragt sind. Die Bäckerei und Konditorei hat außer am Stammsitz noch zwei Filialen in Neukloster und Satow. Wegen Corona ging Tortenumsatz stark zurück: „Eigentlich sollten wir die Kassen bis Ende September umgerüstet haben. Wegen Corona gibt es aber eine Fristverlängerung. Jetzt haben wir bis Ende März Zeit“, berichtet die Konditormeisterin. Sie sei froh darüber, denn in der Pandemie sei vor allem der Tortenumsatz erheblich eingebrochen. „Wir beliefern sechs Cafés. Die mussten im Frühjahr schließen und haben jetzt wieder geschlossen.“ Lesen Sie auch: Wismar: Oberflächentechnik Marin kämpft sich durch Corona-Krise Auch die Nachfrage nach Hochzeitstorten ging stark zurück. Große Feiern waren beziehungsweise sind nicht erlaubt. Da hat so manches Paar seine Heirat verschoben. Um mindestens fünfzig Prozent, schätzt Anja Hünemörder-Pritzner, habe sich der Tortenverkauf reduziert. Land fördert digitale Umstellung: Umso mehr freut sie sich, dass sie für die bevorstehende Umstellung auf digitale Geschäftsprozesse einen finanziellen Zuschuss vom Land in Anspruch nehmen kann. Die kostet den Handwerksbetrieb nämlich insgesamt 14 900 Euro. Aus dem Landesprogramm zur Förderung der digitalen Transformation in Unternehmen, kurz: „Digitrans“, erhält die Bäckerei und Konditorei Hünemörder 6700 Euro. Digitalisierungsminister Christian Pegel (SPD) brachte den Zuwendungsbescheid selbst vorbei. „Er ist der erste, den wir an eine Bäckerei vergeben“, informiert er. „Das ist ein schönes Weihnachtsgeschenk“, ist die Konditormeisterin dankbar. Konditormeisterin hat 50 Sahnetorten im Angebot: Vor allem auch die Idee, ihre Internetseite auszubauen, interessiert den Minister. „Das ist etwas Besonderes“, findet Pegel, der bereits viel kreatives Handwerk im Land kennengelernt habe. Bislang zeige sie nur Fotos von ihren traumhaften Torten auf der Website. 50 verschiedene Sahnetorten zu jedem Anlass habe sie im Angebot. „Viele Kunden kommen aus anderen Bundesländern an die Ostsee, um hier zu heiraten. Die können sich vorab informieren, welche Torte wir ihnen für ihren schönsten Tag im Leben backen sollen“, erläutert Anja Hünemörder-Pritzner. Künftig Kekse und Stollen auch im Online-Verkauf: Auf ihrer Online-Plattform www.kondi24.de möchte sie künftig auch Backwaren präsentieren, die sie verschicken kann: leckere Kekse, die das ganze Jahr über schmecken, oder in der Weihnachtszeit Stollen und Pfeffernüsse. Die werden noch nach Uropas Rezept gebacken. Oder auch Marzipan-Kreationen ihres Mitarbeiters Christopher Jentzen. „Er ist sehr kreativ im Modellieren“, lobt die Chefin. Sie hofft, dass sich Kunden die süßen Leckereien zur Erinnerung an ihre Hochzeit oder ihren Ostseeurlaub nach Hause schicken lassen wollen. Oder Nordwestmecklenburger, die in einem anderen Bundesland leben, süße Grüße aus der Heimat bestellen. Trotz der Digitalisierung wird der Traditionshandwerksbetrieb Hünemörder weiter auf seine bewährte Handarbeit setzen. Bekannt ist die Bäckerei unter anderem auch für ihr gutes Brot aus selbst hergestelltem Sauerteig ohne Zusatzstoffe. Sie beschäftigt 16 Männer und Frauen in der Backstube, als Fahrer und im Verkauf. Mit Hilfe des Landesprogramms zur Förderung der digitalen Transformation in Unternehmen, kurz: Digitrans, unterstützt das Energieministerium den Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle, die Umstellung von analogen auf digitale Prozesse, Investitionen in die IT-Sicherheit und den Datenschutz zur Erhöhung des Digitalisierungsgrads. Nicht rückzahlbare Zuschüsse von bis zu 10 000 Euro, in Ausnahmefällen bis zu 50 000 Euro, sind möglich. Förderanträge sind vor Beginn des Vorhabens beim Landesförderinstitut (LFI) zu stellen. Mehr Infos unter https://www.digitalesmv.de/digitrans. Die Antragsformulare sind hier: www.lfi-mv.de/foerderungen/digitrans/index.html Anträge können auch digital im MV-Serviceportal gestellt werden unter https://www.mv-serviceportal.de/leistung/?leistungId=109184323. Von Haike Werfel