Hansestadt will Preise für Stadtführungen anheben

Stadtführungen als neue Einnahmequelle? Der Wismarer Finanzausschuss hat sich am Mittwoch einstimmig dafür ausgesprochen, die Preise für die Rundgänge durch die Welterbestadt zu erhöhen. Im Vergleich zu anderen Städten sei Wismar geradezu billig. „Deshalb wollen wir die öffentlichen Führungen für Individualurlauber ab 28. März erhöhen“, berichtet Andreas Nielsen, Leiter der Tourismuszentrale. Die endgültige Entscheidung trifft die Bürgerschaft. Kostete ein zweistündiger Stadtrundgang im vergangenen Jahr noch vier Euro, sollen die Gäste nun sechs Euro bezahlen. „Die Preise für Reisegruppen wollen wir ab 2016 anheben, da viele Führungen bereits gebucht wurden“, erklärt Nielsen. Die Struktur der Angebote soll bestehen bleiben. Und so auch das Honorar für die Gästeführer. Spaziert Karl-Heinz Happke mit Touristengruppen durch die Altstadt, komme es durchaus vor, dass die Gäste die Preise belächeln. „Vier Euro sind eben nicht viel“, sagt Happke, der seit zwölf Jahren Stadtrundgänge übernimmt. „Deshalb denke ich, dass uns eine Erhöhung nicht schadet.“ Doch dann sollte seiner Meinung nach der eine oder andere Euro mehr für die Gästeführer übrig sein. „Unser Honorar ist schon seit Jahren auf dem gleichen Niveau. Seit ich dabei bin, hat sich daran nichts geändert.“ Für Detlef Bojahr (Die Linke) unverständlich: „Die Stadtführer müssen belohnt werden. Sie sind diejenigen, die die Leistung erbringen.“ René Domke (FDP) ergänzt: „Warum orientieren wir uns nicht an unserer Schwesternstadt Stralsund? Dann hätten wir die Möglichkeit, das Honorar zu erhöhen.“ Die vorpommersche Hansestadt verlangt für einen Stadtrundgang sieben Euro. Doch Andreas Nielsen winkt ab. „Mit Stralsund dürfen wir uns nicht vergleichen.“ Die Stadt habe den Vorteil, dass die Insel Rügen vor ihrer Haustür liege und der Zulauf an Gästen dadurch größer sei. „Mit den neuen Preisen erhöhen wir die Kosten teilweise fast um 50 Prozent“, sagt Nielsen. „Wird der Sprung zu groß, befürchte ich Probleme.“ Besonders die Anbieter von Busreisen achten sehr auf niedrige Preise. „Wenn wir im Laufe des Jahres sehen, dass wir noch Luft nach oben haben, können wir die Preise 2016 noch einmal anheben“, so sein Vorschlag. Die Stadtverwaltung sieht keinen Grund, die Vergütung für die Gästeführer zu erhöhen. „Selbstverständlich werden die Honorare mit anderen Städten verglichen“, erklärt Marco Trunk, Sprecher der Stadt. „Das zeigt, dass wir uns im gängigen Bereich befinden und unsere Honorare aktuell marktgerecht sind.“ Dietrich Haase, Vorsitzender des Gästeführervereins Hansestadt Wismar, stimmt ihm zu. „Ich tausche mich mit Gästeführern aus anderen Städten aus“, sagt Haase, der seit zwölf Jahren als Nachtwächter durch die Altstadt führt. „So schlecht werden wir nicht bezahlt.“ Sein Stundenlohn liege immerhin bei 18 Euro die Stunde, denn für die Verkleidung bekommt er fünf Euro Zuschlag. Haase macht die Führungen nicht des Geldes wegen: „Wer so denkt, ist auf dem falschen Dampfer. Ich bin Stadtführer, weil ich ein Herz und eine Leidenschaft für Wismar habe. Dass ich dafür noch etwas Geld bekomme, ist ein netter Zusatz.“ 41 200 Euro mehr durch höhere Preise 41 Stadtführer sind im Auftrag der Stadt Wismar im Einsatz. Die Angebot reicht von dem klassischen Stadtrundgang über thematische Führungen (Störtebeker, Nachtwächter-Führung oder die SOKO-Wismar-Tour). Am beliebtesten bei den Gästen ist die öffentliche Stadtführung um 10.30 Uhr. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 6317 Stadtrundgänge durchgeführt, im Jahr davor 6154. 2012 waren es 5780. Im Vergleich mit anderen Städten ist Wismar mit vier Euro bisher recht günstig. Ein Stadtrundgang (Dauer 1,5 bis zwei Stunden) kostet für einen Erwachsenen in Lübeck sieben Euro, in Schwerin 5,50 Euro, in Rostock fünf Euro und in Stralsund sieben Euro. Die Stadt rechnet durch die Preiserhöhungen mit einem Plus von 15 000 Euro in diesem Jahr und 41 200 Euro im kommenden. Die Kostendeckung der Stadtführungen soll sich dadurch von bisher 66,28 Prozent im vergangenen Jahr auf 88,93 Prozent im Jahr 2016 erhöhen. Die Honorarkosten für die Stadtführer betragen 57 000 Euro pro Jahr. Vanessa Kopp

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