Lost Place in Nordwestmecklenburg: Fotos und Video vom Gutshaus Trams

Durch seine ungewöhnliche Form ist er mir auf der Landkarte aufgefallen: der Tramser See. Er hat ein wenig etwas von dem bekannten Videospiel „Pac-Man“ – eine Spielfigur in Form einer Kugel, die den Mund öffnet und schließt und dabei in einem Labyrinth Punkte frisst. Nun ist der Tramser See von oben gesehen nicht kreisförmig, nichtsdestotrotz scheint es, als ob er die Seestraße verspeisen möchte. Ein lustiger Grund, mir das mal genauer anzuschauen. Ich erreiche Trams, einer von vier Ortsteilen in der Gemeinde Jesendorf, über die A 14. Historisch ist das Dorf durchaus interessant. Vom 14. Jahrhundert bis 1945 waren Gutsbesitzer hier heimisch – bis 1754 Familie von Stralendorff. Die ist seit nahezu 800 Jahren bis heute mit Mecklenburg verbunden. Zu ihrem Besitz gehörte unter anderem von 1387 bis zur Enteignung im Jahr 1945 das Stammgut Gamehl ganz in der Nähe. Trams hatte die Familie bis 1754 in Besitz, bevor es Familie von Barner – ein altes, vorwiegend im westlichen Mecklenburg ansässiges ritterschaftliches Geschlecht – erwarb. Der letzte Besitzer, Christoph von Barner, wurde 1945 vertrieben und enteignet. Als ich in den Ort fahre, versteckt sich der 26 Hektar große See zunächst. Hinter Wohnblöcken sehe ich das Hinweisschild „Gemeindebüro“. 134 Einwohner soll Trams haben und damit 68 weniger als der größte Ort der Gemeinde, Jesendorf, mit 202 Einwohnern. Büschow als dritter Ortsteil hat 100 Einwohner und Neperstorf als kleinster Ort 45 Einwohner. Im Sommer ist Trams ein beliebtes Ziel für große und kleine Badenixen und Wasserratten, habe ich erfahren. Denn am Tramser See befindet sich eine idyllische Badestelle mit großer Wiese zum Entspannen und Sonnen. Das war eigentlich mein Ziel für diesen Bericht, aber dann werde ich abgelenkt, als mein Blick während der Fahrt über das ruhige Gewässer schweift und ich eine Ruine entdecke. Lesen Sie auch Top-Ausflugsziel in Nordwestmecklenburg: der Stausee bei Alt Farpen Freizeittipp in Barnekow: Was verbirgt sich hinter den Burganlagen? Vom Internat zur Ruine: Ich werde einmal mehr neugierig. Da muss ich unbedingt hin. Vor Ort lassen sich bestimmt tolle Fotos machen, denke ich. Fast am Ortsausgang wende ich und stoße auf die oben beschriebene Seestraße, die á la „Pac-Man“ verspeist wird. Ich lasse sie rechts liegen, fahre auf die Hauptstraße zurück und in die Richtung, aus der ich soeben gekommen war. Ich folge dem Hinweisschild zum Gemeindebüro. Dort allerdings komme ich nicht weit, finde nur Garagen und Gärten vor. Ich zücke mein Handy und gebe die beiden Schlagwörter „Ruine“ und „Trams“ in die Suchmaschine ein. Ich erfahre, dass die Immobilie vor sich hinrottet. Ja, das ist nicht zu leugnen. Das war soeben von Weitem schon zu erkennen. 1924 ist sie von Familie von Barner erbaut worden. Mit der Enteignung war das Gebäude zu DDR-Zeiten im Besitz der Gemeinde. Bis 1997 diente es als Förderschule mit Internat, ist auf der Internetseite www.gutshaeuser.de zu lesen. Dann kam das Haus unter den Hammer. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land zum Entdecken. Sie suchen Inspiration für Ihren nächsten Ausflug? Egal ob Spaziergänge, Radtouren oder Spielplatz-Rallys: Die OSTSEE-ZEITUNG sammelt die besten Freizeittipps für alle Aktiven im Land – für Einheimische und Urlauber – für Familien mit Kindern oder auch nur für Erwachsene. Schauen Sie einfach auf www.ostsee-zeitung.de/freizeittipps vorbei. Hier finden Sie Vorschläge, untergliedert nach Regionen zwischen Grevesmühlen und Usedom. Mehrfach hatte es den Eigentümer gewechselt – passiert ist nie etwas. Aufsehen erregte es noch einmal im August 2001 nach einem Großbrand. „Zwei Versuche von Brandstiftungen hatte es gegeben“, erinnert sich der heutige Bürgermeister Arne Jöhnk. Der zweite hatte geklappt. Gefasst wurde der Täter nie. „Bis zum Brand war das Gebäude noch sehr gut erhalten“, erklärt Jöhnk. Nun verfällt es zusehends. Davon zeugen auch viele Fotos im Internet. Eine Adresse, die ich ins Navi eingeben kann, finde ich nicht. Also muss ich mich auf mein Gefühl verlassen. Frauen wird ja nachgesagt, sie haben einen weniger ausgeprägten Orientierungssinn als Männer. Pah, das werden wir ja sehen. Ich fahre wieder auf die Hauptstraße zurück und entdecke kurz vor dem Ortsausgang in Richtung A 14 auf der rechten Seite einen Sandweg. Warum nicht, denke ich, und fahre drauf los – an großen Holzstämmen vorbei, rein in einen kleinen Wald. Der Boden ist aufgeweicht und ich hoffe inständig, dass ich mich nicht festfahre. Wer soll mich hier finden? Ich fahre immer geradeaus und komme geradewegs auf einen Weg, der einmal die Zufahrt zum Gutshaus gewesen sein könnte. Ich parke, steige aus und sehe mich um. Um mir einen Überblick zu verschaffen, erklimme ich eine Anhöhe – und entdecke sie. Gebäuderest eingezäunt: Ein perfekter Ort für Hobbyfotografen und -historiker, würde ich sagen. Auf einer Wiese finde ich zwei Tischtennisplatten, wie ich sie aus meiner Kindheit vom Schulhof kenne. Um einen Baum mitten auf der Wiese schlängeln sich Reste von Sitzbänken. Auf einer anderen Holzbank hat sich eine dicke Moosschicht gebildet. Hier saß schon lange niemand mehr. Ich stelle mir vor, wie Kinder hier einst ihren Spaß hatten. Bis zum Haus direkt komme ich nicht. Es ist eingezäunt und mehrere Schilder weisen darauf hin, dass der Zutritt strengstens verboten ist. Das Gebäude ist einsturzgefährdet. Auch das lässt sich nicht leugnen. Ein Dach gibt es längst nicht mehr. Der Putz der Außenfassade ist zum Teil abgeblättert. Fensterscheiben sind eingeschlagen. Gebäudereste liegen kreuz und quer hinter den Mauern, drumherum wachsen sogar schon Bäume und Sträucher, die sich ihren Weg durch die Fenster- und Türöffnungen bahnen. Die Natur macht vor Ruinen keinen Halt. Schön ist etwas anderes, aber die Immobilie hat dennoch etwas Faszinierendes. Hinter dem Gebäude zeigen sich Überreste von Garagen. Zu sehen ist auch eine Wiese mit Bäumen, die einem Obstgarten gleicht. Von der Anhöhe bietet sich ein wundervoller Blick auf den Tramser See. An dessen Ufer komme ich nicht ran. Es ist schlammig und umgestürzte Bäume behindern den Weg dorthin. Auch hier wäre eine perfekte Badestelle, denke ich. Doch man muss schon jede Menge Geld haben, um aus diesem Fleckchen Erde samt Gebäude etwas zu machen. Das Gutshaus ist im Privatbesitz und diene eher als Freizeitgrundstück, umschreibt es Bürgermeister Arne Jöhnk. Er hofft, dass es irgendwann in neuem Glanz erstrahlt. Von Jana Franke