Nahverkehr: Politik setzt Landrätin unter Druck

Landrätin Kerstin Weiss (SPD) steht in Sachen Nahverkehrsplan für den Landkreis weiter unter Beschuss. Die CDU-Fraktion des Kreistages hat für die Kreistagssitzung in der kommenden Woche mehrere Anträge dazu eingebracht. Unter anderem soll der Gesellschaftervertrag der Grevesmühlener Busbetriebe geändert werden. Bisher war der Landrat beziehungsweise die Landrätin sogenannte geborene Vorsitzende des Aufsichtsrats der GBB. Das heißt, dass der Landrat automatisch den Vorsitz des Gremiums innehat. Die CDU will diesen Passus nun aus dem Gesellschaftervertrag streichen. „In jüngster Vergangenheit ist es zu erheblichen Differenzen der zukünftigen Gestaltung der Grevesmühlener Busbetriebe zwischen der Landrätin und dem Kreistag sowie der Landrätin und dem Beirat/Aufsichtsrat gekommen“, heißt es in dem Antrag. „Es ist deshalb umso wichtiger, dass der Kreistag seine Vorstellungen durchsetzen kann und diese nicht von der Landrätin blockiert werden“, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Berkhahn. Die CDU sieht die Gefahr des bisher gültigen Gesellschaftervertrages darin, dass die Aufgaben zu sehr auf die Landrätin konzentriert werden. „Künftige Beschlüsse des Kreistages könnten nicht ausreichend und schnell genug umgesetzt werden“, heißt es in dem Antrag weiter, der am kommenden Donnerstag auf der Tagesordnung des Kreistages steht. „Wir gehen davon aus, dass es juristisch schwierig wird, dass Funktionsträger geborene Mitglieder, in diesem Fall sogar Vorsitzende, sein können“, sagt Michael Berkhahn, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion. Bisher kann die Landrätin als Vertreterin der Kreisverwaltung laut Gesellschaftervertrag außerdem jederzeit Beschlüsse außerhalb der Gesellschafterversammlung fassen. Im Sinne von mehr Transparenz soll dieser Punkt nach dem Willen der CDU gestrichen werden. Beschlüsse sollen künftig nur noch innerhalb einer ordentlichen Gesellschafterversammlung gefasst werden. Landrätin Kerstin Weiss will zu diesem Antrag der CDU jedoch einen Änderungsantrag einbringen. Zwar sieht auch die Verwaltung den geborenen Vorsitz der Landrätin im Aufsichtsrat als nicht rechtmäßig an, das schreibe bereits die Kommunalverfassung vor. Der Streichung des Paragraphen, der Beschlüsse der Landrätin zu jeder Zeit vorsieht, wolle sie mit ihrem Änderungsantrag jedoch nicht folgen. Politik versus Landrätin In den vergangenen Wochen hatte es heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Kreistag und Landrätin Kerstin Weiss gegeben. Zuletzt hatte der Kreistag den Nahverkehrsplan gegen den Widerstand der Verwaltungsspitze durchgesetzt. Weiss, die vor allem die ihrer Ansicht nach ungesicherte Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs ab 1. Januar 2016 anführt, hatte drei Änderungsanträge zu dem Nahverkehrsplan eingereicht. Alle wurden abgelehnt. Und hinter den Kulissen tobt der Streit offenbar weiter. Nach OZ-Informationen soll die Landrätin Beschlüsse des Kreistages ablehnen. Unter anderem war beschlossen worden, eine 3,5-prozentige Tariferhöhung für die Busbetriebe umzusetzen. Das würde auch für den Landkreis höhere Kosten bedeuten. Zum 1. Januar sollte der Beschluss umgesetzt sein. Bis heute hat Kerstin Weiss dem Beschluss nicht zugestimmt. Die GBB könnten dadurch mit einer viertel Million Euro mehr belastet werden. Die Landrätin verweist darauf, dass die Tariferhöhung durch die Tarifgemeinschaft Westmecklenburg oder die Busbetriebe nicht schlüssig begründet worden sei. Die Fahrpreiserhöhungen würden den Landkreis finanziell stärker belasten. Auch die Bürger müssten mehr zahlen. Zuletzt hatte es jedes Jahr eine Erhöhung gegeben. Lösel in Doppelfunktion? Gestritten wird zudem über die Zukunft Stefan Lösels, den Geschäftsführer der Grevesmühlener Busbetriebe. Er war und ist maßgeblich an der Erarbeitung des neuen Nahverkehrskonzepts beteiligt. Zum 30. Juni hat er jedoch seine Stelle beim Landkreis gekündigt und wechselt zum 1. Juli zu den Verkehrsbetrieben Ludwigslust/Parchim. Dort soll er das Nahverkehrskonzept Nordwestmecklenburgs auf das Gebiet Ludwigslust/Parchim übertragen und umsetzen. Die Politiker im Nordwestkreis jedoch wollen ihn offenbar bis zum Jahresende halten. Wie aus einem Beschlussvorschlag des Kreissausschusses zu entnehmen ist, soll Stefan Lösel „nach dem 01.07.2015 weiterhin die Geschäftsführertätigkeit bei den GBB bis zur Einstellung eines neuen Geschäftsführers, spätestens jedoch bis zum 31.12.2015“ beibehalten. Lösel soll also bis Ende des Jahres den Geschäftsführerposten bei den GBB und bei den Verkehrsbetrieben Ludwigslust/Parchim innehaben. Darüber hinaus soll er „ab sofort aber verbindlich Geschäfte für die Verkehrsbetriebe LWL/PCH abschließen“ können. Lösel selbst sagte dazu auf Anfrage nur: „Ich habe zum 30. Juni 2015 gekündigt. Bis dahin werde ich mich mit voller Kraft dafür einsetzen, dass das Nahverkehrskonzept zum 1. Januar 2016 in Nordwestmecklenburg umgesetzt wird.“ Etwas ausführlicher begründet Michael Berkhahn das Ansinnen. „Da beide Landkreise künftig im Nahverkehr die gleiche Philosophie haben, ist es wünschenswert, auf politischer und auf Arbeitsebene zu kooperieren.“ Synergieeffekte seien vorstellbar, etwa in der gemeinsamen Bewirtschaftung von Buslinien im Gebiet der Kreisgrenze oder in der Anbindung an Hamburg. Zwei streiten sich um die Lizenz zum Fahren Grundlage des neuen Konzeptes ist eine Umstrukturierung des Liniennetzes. Im ländlichen Bereich, also außerhalb der Kreisstadt Wismar, sollen die Busse nur noch auf sieben Hauptverkehrsachsen fahren. Auf diesen Strecken sollen die Busse zu Hauptverkehrszeiten stündlich, ansonsten alle zwei Stunden fahren. Die umliegenden Dörfer sollen mit sogenannten alternativen Bedienformen erreicht werden, also Anrufbusse, Taxis oder ähnliches. Diese bringen die Fahrgäste quasi auf Bestellung zur Hauptlinie. Offen ist derzeit, wer ab 1. Januar 2016 seine Busse fahren lassen darf. Der Landkreis wollte die Genehmigungen direkt an das kommunale Unternehmen GBB vergeben, die Wismarer Busbetriebe haben jedoch einen Antrag auf eigenwirtschaftlichen Betrieb eingereicht. Daraufhin hatten dies auch die GBB getan. Das Landesamt entscheidet bis Ende März. Robert Niemeyer

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