Neuanfang in Hohen Wieschendorf

Wie geht es weiter in Hohen Wieschendorf? Seit Jahren sorgt der kleine Ort an der Ostsee für Schlagzeilen. Da sind zum einen die Marina und die naheliegende Ferienhaussiedlung, die nie fertiggestellt wurden. Dann die Insolvenz des Golfhotels. Und schließlich das Aus für den Golfplatz, der ersten 18-Loch-Anlage in den neuen Bundesländern. Der Landkreis fordert nun, das Gebiet an der Marina neu zu planen. Im Juni 2013 hatte er einen Baustopp verhängt, weil die Baugenehmigung für das Areal erloschen war. Für Bürgermeister Jan van Leeuwen (CDU) ist wichtig, bei der Neuplanung „keinen Schnellschuss“ zu machen. Seiner Ansicht nach ist in der Gemeinde Hohenkirchen in den vergangenen Jahren „immer wieder geplant, aber nie etwas in einem Guss fertig geworden“. Um das zu ändern, spricht sich van Leeuwen für eine Überarbeitung der Bebauungspläne aus. Einige seien 20 Jahre alt und nicht mehr auf dem aktuellsten Stand, was zum Beispiel das Umweltrecht betrifft. In ihrer jüngsten Sitzung in der vergangenen Woche beschlossen die Gemeindevertreter ein kommunales Entwicklungskonzept — vorgeschlagen vom Grevesmühlener Planungsbüro Mahnel. Für Bürgermeister van Leeuwen ergibt das Sinn, „weil es alle gültigen und nicht rechtsgültigen B-Plan-Gebiete, letztlich also fast ganz Hohen Wieschendorf, berücksichtigt und somit Rechtssicherheit für die zukünftige Entwicklung gibt“. Viele Fragen sollen in den nächsten Wochen und Monaten mit allen Beteiligten geklärt werden: Was soll entstehen in Hohen Wieschendorf? Was wollen die Investoren, was die Gemeinde? Wie kann alles zum Wohl von Hohenkirchen und der Region zusammengefügt werden? Es gibt aber nicht nur positive Stimmen zum Konzept. „Wozu brauchen wir das? Was bis jetzt geplant ist, hat B-Plan-Reife. Wie viele Wohnungen dort sind, wie viele Boote dort liegen sollen — das ist alles unverändert. Deshalb will ich nicht, dass das nochmal neu aufgedröselt wird“, erklärte Gemeindevertreter Gerd Peplau (Aktive Wählergemeinschaft). Alles unter einen Hut Van Leeuwen will mit der erneuten Überprüfung feststellen lassen, „ob die jetzt bereits vorhandenen Gebäude ohne Baurecht und die geplanten Kapazitäten mit Baurecht in Einklang zu bringen sind“. Das Entwicklungskonzept könne darauf Antworten geben und auch klären, wo welche Abstriche zu machen sind. „Wenn wir die vorliegenden Planungen Eins zu Eins umsetzen, haben wir hinterher mit Sicherheit keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr. Jetzt haben wir ein letztes Mal die Chance, uns an der Gestaltung von Hohen Wieschendorf zu beteiligen und unsere Planungshoheit auszunutzen“, verdeutlichte van Leeuwen. „Es soll kein einziges Haus mehr gebaut werden.“ Es gehe ihm darum, die Ziele der Investoren des Golfplatzes, des Golfhotels, der Marina, der Ferienhäuser am Anleger und die Tatsache, dass immer mehr Tagestouristen nach Hohen Wieschendorf kommen, in Einklang zu bringen. Das könnte unter anderem durch eine neue Erschließungsstraße geschehen. Idee ist, das geplante Ferienhausgebiet nahe des Golfhotels nördlich von Hohen Wieschendorf zu verlegen. Bisher ist der Bebauungsplan 6 nur teilweise realisiert worden. Das Gebiet zwischen Golfplatz und Erdbeerhof Glantz gehört Enno Glantz, dem Besitzer des Erdbeerhofes. Laut Bürgermeister van Leeuwen, der Betriebsleiter auf dem Erdbeerhof Glantz ist, „steht im Raum“, dass der „B-6 möglicherweise“ nicht realisiert wird und „die Kapazitäten auf die andere Seite“ von Hohen Wieschendorf an die neue Erschließungsstraße verlegt werden, östlich des Ortes und in Strandnähe. Die bisherigen Flächen im B-Plan Nummer 6, die bisher nicht bebaut sind, könnten dann für Infrastrukturmaßnahmen genutzt werden. Allerdings nur, wenn die östlich von Hohen Wieschendorf gelegenen Bauflächen genehmigt werden. Am Strand wird‘s kompliziert Für die Marina und die Ferienhaussiedlung gibt es seit drei Jahren Eigentümer, aber kein Baurecht. Dass das vom Landkreis aufgehoben wurde, wird in der Gemeinde kritisch gesehen. Ex-Bürgermeister Jürgen Mevius sagte, dass der vorhabenbezogene B-Plan für ihn gültig sei. Nach Ansicht von Gemeindevertreter Gerd Peplau (Aktive Wählergemeinschaft) wäre es auch kein Problem, diesen B-Plan wieder rechtskräftig zu machen. Der Fehler liege laut Peplau beim Amt Klützer Winkel. Das habe den vorhabenbezogenen Plan „falsch veröffentlicht.“ Unmut herrscht auch bezüglich der vorgesehenen Tiefgarage an der Marina. Die Baggerarbeiten hatten vor Jahren begonnen. Dann kam es, wie so oft in Hohen Wieschendorf, zum Stillstand. Seitdem ist dort das Loch der Tiefgarage, wie es Bürgermeister Jan van Leeuwen nennt. Die abgetragene, rund zwei Meter tiefe Fläche, die etwa so groß wie ein Fußballfeld ist, hat sich im Laufe der Jahre zu einem kleinen Biotop entwickelt, in dem Wasser steht und reichlich Schilf wächst. Auch jede Menge Müll liegt herum. Geht es nach der Gemeinde, soll die Fläche wieder aufgefüllt werden und dort ein Parkplatz für Touristen entstehen. Es sind aber noch andere Hürden zu nehmen. Hohen Wieschendorf liegt in der Wismarbucht. Die ist Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten und gehört zum Europäischen Schutzgebietsnetzwerk „Natura 2000“. Um genau sagen zu können, ob Tiere oder Pflanzen durch Bautätigkeiten für Ferienhäuser und die dadurch verbundenen Touristen gestört werden, sind eine sogenannte „Erheblichkeitseinschätzung“ und eine „Verträglichkeitsprüfung“ notwendig. Schlimmstenfalls, sagt van Leeuwen, könnte das dazu führen, dass die Ferienhäuser an der Marina zurückgebaut werden müssen. Und: Für den geplanten Parkplatz könnte es das Aus bedeuten, wenn sich Vögel dadurch gestört fühlen. Investitionsruine Marina Die Marina Hohen Wieschendorf gilt als eine der größten Investitionsruinen des Landes. Marina-Erbauer Michael Veit Ivanschitz war 2005 mit dem Projekt in die Pleite gerutscht. Seitdem ist das Projekt eine Bauruine. 2012 wurde der Lübecker Kaufmann wegen Subventionsbetruges in Millionenhöhe zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Eine Beteiligungsgesellschaft aus Frankfurt am Main hatte die Marina im Oktober 2011 für drei Millionen Euro bei einer Zwangsversteigerung in Grevesmühlen erworben. Im Juni 2013 hatte der Landkreis Nordwestmecklenburg einen Baustopp verhängt. Begründung: Die Baugenehmigung für das Areal sei erloschen. Seitdem verhandeln Investoren, Gemeinde, Kreis und das Land — bislang ohne Ergebnis. Steffen Oldörp

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