Nordwestmecklenburg: Weigern sich Ärzte, Corona-Patienten zu behandeln?

Halten Ärzte in Nordwestmecklenburg ihre Patienten auf Abstand, weil diese womöglich mit dem Coronavirus infiziert sind? Zumindest das Gesundheitsamt des Landkreises bestätigt dies. Dort seien Hinweise von Bürgern dazu eingegangen. Die Kassenärztliche Vereinigung MV (KV) allerdings dementierte dies. Anette Mayer, Sachgebietsleiterin der Gesundheitsaufsicht des Landkreises Nordwestmecklenburg, bestätigt: „Es gab und gibt in der Tat Ärzte, die eine Behandlung oder Testung von Corona-Patienten beziehungsweise Corona-Verdachtsfällen in ihren Praxisräumen verweigern.“ Kreis schweigt über Anzahl der abweisenden Ärzte: Wie viele es seien, dazu will sich die Kreisverwaltung aber nicht äußern. Ob es nun nur eine Handvoll Ärzte im Nordwestkreis betrifft oder viele mehr – unklar. Dazu schweigt der Landkreis. „Dazu können wir keine Angaben machen. Über diese Fälle wird keine Statistik geführt“, sagt Gesundheitsingenieurin Anette Mayer. „Es ist auch nicht unsere Aufgabe, Ärzte an den Pranger zu stellen“, stellt zudem Christoph Wohlleben, Sprecher des Landkreises Nordwestmecklenburg klar. Die Gründe, aus denen die Ärzte die Patienten nicht behandeln, seien vielfältig. Zum Beispiel würden sich einige Ärzte selbst zur Risikogruppe zählen, andere Praxen seien hingegen nicht für die Behandlung von hochinfektiösen Patienten ausgerüstet. „Einige wollen ihren Praxisbetrieb auch nicht anpassen“, so Wohlleben weiter. Kassenärztlicher Vereinigung seien keine Fälle bekannt: Will ein Arzt einen Patienten nicht behandeln und landet dieser Fall beim Gesundheitsamt des Kreises, reagiere die Behörde so: „Das Gesundheitsamt informiert in solchen Fällen die Kassenärztliche Vereinigung – diese hat die Aufsicht über alle niedergelassenen Ärzte und nur sie ist sanktionsberechtigt“, heißt es aus dem Amt. „Der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern sind keine Fälle bekannt, bei denen niedergelassene Ärzte die Behandlung von Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind, oder bei denen ein entsprechender Verdacht besteht, abgelehnt haben“, teilt KV-Sprecherin Kerstin Alwardt mit. Ein Vertragsarzt ist laut Bundesmantelvertrag für Kassenärzte grundsätzlich dazu verpflichtet, Kassenpatienten zu behandeln. Nur in begründeten Fällen können Behandlungen abgelehnt werden – etwa, wenn der Arzt nicht ausreichend für eine Behandlung des Patienten ausgestattet ist. Im Falle einer unberechtigten Ablehnung hat der Kassenarzt allerdings ein vertragsärztliches Disziplinarverfahren zu befürchten. Wer einen Corona-Abstrich machen lassen möchte, kann dies außer beim Hausarzt noch im Abstrichzentrum des Sana Hanse-Klinikums tun, das an zwei Tagen in der Woche geöffnet hat. Sie fügt außerdem an: „Ein Vertragsarzt kann die Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich nur in begründeten Fällen ablehnen. Ob ein solcher begründeter Fall vorliegt, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen. Entsprechende Patientenbeschwerden bearbeiten wir deshalb entsprechend einzelfallbezogen und würden auch die Arztpraxis zu dem Sachverhalt anhören, bevor über das weitere Vorgehen entschieden wird.“ Hausärzteverband sieht keinen Grund für Nicht-Behandlung: Bleibt die Frage: Was denn nun? Stefan Zutz ist Vorsitzender des Hausärzteverbandes MV. Er betreibt seine Gemeinschaftspraxis in Neubukow und erklärt: „Mir sind keine Ärzte bekannt, die Corona-Patienten nicht behandeln wollen.“ Auch wenn sich Ärzte selbst als Risikopatienten einstufen, können sie sich schützen, findet Stefan Zutz. Die Kassenärztliche Vereinigung habe für genügend Schutzmaterialien gesorgt. Organisatorisch sei das auch in kleinen Arztpraxen zu bewältigen. Lesen Sie auch: Drei neue Corona-Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet Termine für Corona-Patienten könnten zum Beispiel an das Ende der Sprechstunde gelegt werden. Er selbst habe in seiner Praxis in Neubukow bisher nur einen Corona-Patienten behandelt. „Das war ein Reiserückkehrer mit positivem Befund, aber ohne Symptome“, sagt Zutz. In der Gemeinschaftspraxis sei eine sogenannte Infektsprechstunde organisiert. „Wir trennen Patienten mit Infekten strikt von den anderen.“ Lesen Sie auch Maskenpflicht bei der Deutschen Bahn: Zugbegleiter über Fahrgäste - "Die meisten sind kooperativ" Bericht: Spahn will kommende Karnevals-Session bundesweit absagen Drei neue Corona-Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern gemeldet Von Michaela Krohn