Rolle rückwärts bei der Wirtschaftsförderung

Die Wirtschaft in Nordwestmecklenburg ist eine Erfolgsgeschichte, in keinem anderen Landkreis in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine höhere Industriedichte. Und trotzdem ist das Thema Wirtschaftsförderung das Sorgenkind im Nordwestkreis, die Wirtschaftsfördergesellschaft (WFG) nach dem großen Umbruch 2011 praktisch ohne Wirkung. Eine Stabsstelle in der Kreisverwaltung übernahm die Aufgabe, Firmen zu betreuen und zu begleiten. „Was wir brauchen, sind Leute, die Wirtschaft denken und trotzdem einen Draht zur Kreisverwaltung haben“, sagt Landrätin Kerstin Weiss (SPD). Sie macht keinen Hehl daraus, dass eine gezielte Werbung und Betreuung von Unternehmen nicht durch die Verwaltung geleistet werden kann. „Wir müssen die Wirtschaftsförderung auf neue Füße stellen.“ Das wollen auch die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses des Landkreises, der sich in dieser Woche zum ersten Mal mit dem Thema befasst hat. Vorsitzender Heiner Wilms (SPD): „Fakt ist, wir müssen Geld in die Hand nehmen, um das zu erreichen, was wir mit der Wirtschaftsförderung wollen — und das muss die Entwicklung der Wirtschaft in der Region sein.“ Denn gänzlich sorgenfrei ist diese trotz des Wachstums nicht. „Die Berufsausbildung ist ein wichtiger Punkt, wenn wir keine Fachkräfte haben, nützt die beste Förderung nichts“, so Ausschussmitglied Volkmar Schulz (Die Linke) aus Grevesmühlen. Ähnlich sieht es auch Tilo Gundlack (SPD): „Das Problem ist doch, dass die Firmen kaum noch ausbilden. Wenn in Wismar zu einer Innungsversammlung nur zwei von 40 Mitgliedern kommen, dann muss man sich die Frage stellen, ob das der richtige Weg ist.“ Auch Schulabgänger mit schlechteren Noten müssten in die Ausbildung übernommen werden, fordert Gundlack. „Förderung bedeutet auch, diese Jugendlichen zu unterstützen.“ In Sachen Wirtschaftsförderung soll die Verwaltung auf Grundlage der Debatte ein Konzept erarbeiten, wie die WFG Anfang kommenden Jahres ihre Arbeit wieder aufnehmen kann. Und zwar mit frischem Geld und neuem Personal. Heiner Wilms: „Wir müssen die Gesellschaft neu beleben, das steht fest, die Rahmenbedingungen müssen wir jetzt abstecken.“ Eine mögliche Variante wäre es, den Posten des Geschäftsführers der WFG extern auszuschreiben. Tatsache ist allerdings auch, dass die Gesellschaft neues Geld braucht, um agieren zu können. „Die WFG von heute ist eine Resteverwertung“, betonte Wolfgang Glaner (SPD). „Einige Hunderttausend Euro wird es wohl kosten, die Gesellschaft wieder auf Kurs zu bringen.“ Wie viel Geld genau der Landkreis in die Hand nehmen muss, ist derzeit noch völlig unklar. Das soll im Rahmen der Debatten in den Ausschüssen geklärt werden. „Fest steht, dass das Thema Wirtschaftsförderung Chefsache ist und bleibt“, so Kerstin Weiss. Michael Prochnow

Grevesmühlen - Rolle rückwärts bei der Wirtschaftsförderung