Schutz der Böden schwächt wirtschaftliche Entwicklung

Die gute Bodenqualität in Nordwestmecklenburg könnte der Wirtschaftsentwicklung des Landkreises künftig schaden — das wurde beim Vor-Ort-Gespräch der Industrie- und Handelskammer (IHK) zum LEP im Grevesmühlener Rathaus deutlich. „Mit dem aktuellen Entwurf wären 50 Prozent unserer Böden im Kreis nur der Landwirtschaft vorbehalten“, machte Landrätin Kerstin Weiss (SPD) deutlich. Dadurch sei die Weiterentwicklung für den Tourismus des Klützer Winkels oder der Insel Poel stark beschnitten, ebenso die der Gewerbegebiete Schönberg-Dassow und Grevesmühlen-Rehna. Zumal die Böden durch den Status als Vorbehaltsgebiet nicht unbedingt geschützt würden, erläuterte Dr. Roland Finke, Fachdienstleiter Umwelt des Landkreises. „Wenn künftig ein Radweg entlang des Feldrandes gebaut werden soll, muss dafür extra ein Zielabweichungsverfahren eingeleitet werden. Aber wenn der Bauer ein 2000-Quadratmeter-Silo auf den guten Boden baut, ist das in Ordnung, weil es landwirtschaftliche Nutzung ist“, verdeutlichte er das Problem. „Darüber müssen wir tatsächlich noch mal nachdenken“, gab Ina-Maria Ulbrich, Staatssekretärin des Landesentwicklungsministeriums, zu. Sie sagte aber auch: „Das sind sehr gute Böden mit einem Wert von über 50, die müssen wir schützen.“ Daran wollte auch niemand rütteln. „Das Problem ist, dass 90 Prozent der ausgewiesenen Landwirtschaftsgebiete MVs in Nordwestmecklenburg liegen“, bemerkte Landrätin Weiss. Finke regte daher an, nicht landesweit die besten Böden zu bestimmen, sondern regional. So würden auch Flächen, etwa in Vorpommern-Rügen, geschützt, gleichzeitig bekäme Nordwestmecklenburg die Chance, auch andere Zweige weiterzuentwickeln. Denn: „NWM ist nicht nur die Kornkammer MVs, sondern auch der wirtschaftlich stärkste Kreis — das muss mit dem LEP in Einklang gebracht werden“, forderte Kerstin Weiss. „Der Bodenschutz ist wichtig, aber die Arbeitsplätze eben auch“, unterstrich Finke und ergänzte: „Die Wismarbucht und der Klützer Winkel haben die besten Entwicklungsmöglichkeiten — aber genau da setzt das LEP einen Block vor.“ Unterstützung bekamen sie in dem Punkt von Grevesmühlens Bürgermeister Jürgen Ditz. „In Upahl gibt es gute Böden — aber eben auch ein Gewerbegebiet, das wir weiterentwickeln wollen“, sagte er. Das ginge jedoch nicht, wenn die Flächen nur der Landwirtschaft vorbehalten seien. Er forderte weiterhin, die Gewerbegebiete Upahl und Dassow mit in das LEP aufzunehmen. „Nur, weil es nicht drin steht, heißt das ja nicht, dass es nicht existiert. Wir haben hier lediglich die Gebiete von landesweiter Bedeutung aufgelistet“, sagte Ulbrich dazu. Allerdings wolle sie prüfen, ob Upahl nicht auch diese Voraussetzungen erfülle. Für Stefanie Scharrenbach, zuständig für Standortpolitik bei der IHK Schwerin, wäre das nur wünschenswert. „Der Kreis hat ein tolles Wirtschaftswachstum, wir konnten die Abwanderung stoppen, das Image der Metropolregion Hamburg entwickelt sich toll, es gibt viele Firmen, die sich ansiedeln wollen. Es wäre schön, wenn diese zwei Gewerbegebiete Berücksichtigung finden würden“, erklärte sie. Insbesondere die Gesundheits- und Ernährungswirtschaft ziehe es vermehrt nach NWM. „Und damit auch alle, die daran angedockt sind, wie Verpackungs- und Logistikunternehmen“, ergänzte sie. Die Staatssekretärin zeigte sich offen: „Die Landwirtschaftgebiete regional zu planen, wäre tatsächlich überlegenswert.“ Sie versprach, den Punkt im Ministerium noch einmal zu diskutieren. Beteiligung beim LEP Das LEP für MV aus dem Jahr 2005 wird fortgeschrieben. Diese Fortschreibung ist ein komplexes mehrstufiges Verfahren, in dem die Öffentlichkeit zweimal beteiligt wird. Beim ersten Beteiligungsverfahren gingen etwa 2100 Stellungnahmen beim Ministerium für Landesentwicklung ein. Der Entwurf wurde überarbeitet, er ist nun für die 2. Stufe der Beteiligung freigegeben. Bis zum 30. September können Anmerkungen eingesendet werden. Außerdem gibt es am 3. September in Klütz einen weiteren Vor-Ort-Termin, bei dem über die Inhalte des LEP informiert und diskutiert wird: 17 Uhr, in Haus 8 von Schloss Bothmer. • Alle Dokumente zum LEP unter www.raumordnung-mv.de. Anne Kubik

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