„Theater ist mir lieber als Fernsehen“

Bielefeld, Oberhausen, Freiburg, Köln, Linz, Berlin, Hamburg, London – Ben Hecker ist in seinem Leben viel herumgekommen, hat auf Bühnen in ganz Deutschland und Europa gestanden. Nun spielt der 69-Jährige in der Wismarer St.-Georgen-Kirche. Ab Donnerstag ist er im Stück „Jedermann“ als Nachbar und dicker Vetter zu sehen. Den Juli über hatte er bereits in Goethes „Faust“ überzeugt. Einen weiten Anreiseweg hat der gebürtige Kölner nicht mehr. Inzwischen lebt er in Lübeck, kennt auch Wismar gut: „Das ist keine Entfernung für mich. In einer Dreiviertelstunde bin ich da.“ Früher ist Hecker sogar mit dem Moped zu Vorstellungen bis nach Rügen gefahren. „Das hat vier Stunden gedauert – mit Kaffeepause“, erinnert sich der Schauspieler amüsiert. Heute setzt er lieber aufs Auto. Ben Hecker setzt zudem auch mehr auf Theater als auf Fernsehen. Zwar war er unter anderem auch in der ZDF-Produktion „Soko Wismar“ zu sehen. „Das Theater macht mir aber mehr Spaß. Hier habe ich direkten Kontakt zum Publikum“, sagt er. Und: Nur im Theater merke man auch direkt, ob es den Zuschauern gefällt. Das aktuelle Fernsehen sei oft von Dialogen überfrachtet. „Dabei lebt Fernsehen und Kino doch vom Bild. Man kann allein mit Blicken so viel aussagen“, betont der erfahrene Schauspieler. Hin und wieder kommen auch die jüngeren Kollegen zu ihm, fragen ihn immer mal wieder nach Rat, wie sie ein Szene spielen sollen, einen Text betonen sollen. Einen Tipp zum Auswendiglernen hat er auch parat: „Immer laut vorlesen oder es aufschreiben. Wer nur leise liest, lernt es nicht.“ Auf die Rolle in Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ in der Wismarer Georgenkirche freut sich Ben Hecker schon. Immerhin spielt er eine Schlüsselrolle – den armen Nachbarn, der den Jedermann anbettelt, von ihm aber nur einen lausigen Schilling bekommt. Der Nachbar will mehr, will dass der Jedermann „brüderlich teilt“, seinen gesamten Geldbeutel. Was dann folgt, ist das „Mysterienspiel“ um Tod und Teufel, Gott, Glaube und Geld. Ben Hecker hat übrigens keine Lieblingsrolle, keine Sehnsucht nach einer Figur, die er unbedingt noch einmal spielen will. „Ich liebe immer die Rolle am meisten, die ich gerade spiele“, sagt er. Und natürlich macht es besonders viel Spaß, die fiesen und bösartigen Charaktere zu spielen. Große Freude hat ihm ein Engagement in London bereitet. Dort wurde das Publikum mit einbezogen. „Am Ende wussten wir oft nicht mehr, wer Schauspieler und wer Zuschauer ist.“ Aus dieser Zeit hat sich Hecker auch eine Requisite bewahrt: Bühnengeld. „Und das habe ich hier in Wismar im ,Faust’ wieder verwendet“, sagt er. In vielen Schauspielhäusern und Spielstätten blieb Hecker nur für eine oder zwei Saisons. „Ich habe meist von selbst gekündigt. Mich zog es einfach oft weiter“, berichtet er. Und: Mit seinen 69 Jahren ist er eigentlich schon im Ruhestand,eigentlich. „Denn zum Glück gibt es viele Rollen, die zu meinem Alter passen“, sagt er. So könne er immer noch auf der Bühne stehen. Ob er auch in den kommenden Jahren bei den Klassikertagen in Wismar dabei ist? „Wir werden sehen, wie es mir dann geht.“ Im „Jedermann“ ist Ben Hecker ab Donnerstag bis zum 12. August zu sehen. Ab Donnerstag wird „Jedermann“ in der St.-Georgen-Kirche in Wismar aufgeführt. Beginn der Veranstaltung ist jeweils um 19.30 Uhr täglich vom 3. bis 6. August und vom 10. bis 12. August. Tickets ab 32 Euro (ermäßigt ab 28 Euro) gibt es im Ticketshop der OSTSEE-ZEITUNG im Internet unter http://tickets.ostsee-zeitung.de und im Service-Center der OZ in der Mecklenburger Straße 28 in Wismar, ☎ 03841/41550. Michaela Krohn

Wismar - „Theater ist mir lieber als Fernsehen“