Wandern über die Halbinsel Boiensdorfer Werder

Am Strand entlangwandern – dazu gibt es in Mecklenburg viele Möglichkeiten. Doch auf verschilften Pfaden entlangspazieren, das ist nicht überall möglich. Am Boiensdorfer Werder schon. Die Tour bleibt mir auf jeden Fall in Erinnerung – nicht umsonst ist das Areal ein Naturschutzgebiet. Ich stelle das Auto auf dem öffentlichen Strandparkplatz ab. Von dort gehe ich in Richtung Campingplatz Möwe. Am Punkt, an dem die Straße stark links abbiegt, liegen einige große Steine nebeneinander. Sie blockieren einen kleine Sandfläche, über die ich geradeaus zu einem schmalen Trampelpfad gelange. Ein Schild gibt den Hinweis: „Dies ist kein Rundweg! Der Durchgang über den Campingplatz ist derzeit gesperrt.“ In einigen Metern Entfernung erspähe ich ein altes Metalltor. Es steht direkt auf dem Pfad, der Richtung Norden auf die Halbinsel Boiensdorfer Werder führt. Die ragt etwa einen Kilometer weit hinein in die Mecklenburger Bucht. Zu sehen ist das von diesem Standort aus allerdings nicht. Durch ein kleines Tor: Ich schlendere über die Weidenwiesen hin zum Tor. Aber darf man überhaupt hindurchgehen? Ein Verbotsschild gibt es nicht. Trotzdem schaue ich mich noch einmal um. Regenwolken ziehen am Himmel auf. Und es ist ziemlich stürmisch. Doch der Blick auf die weite blaue Ostsee lässt mich weitergehen. Und ich will wissen, wo dieser Weg hinführt. Bildergalerie von der Halbinsel Boiensdorfer Werder Die Gräser schaukeln im Wind. Vor dem Durchgang kommt mir plötzlich eine Frau mit Hund entgehen. Sie sagt: „Gehen Sie, es lohnt sich!“ Die nette Boiensdorferin hält ein Stück Baumrinde in der Hand, vermutlich ist es Material zum Basteln. Ich marschiere weiter. Auf der rechten Seite wiegt vor dem Meer imposantes Schilf hin und her. Es wird immer höher und ist schließlich größer als ich. Hoffentlich kommt hier jetzt kein Wildschwein heraus, denke ich. Einige abgestorbene Bäume liegen herum. Ihre bizarren Astkonstruktionen und Löcher in allen Größen bieten tolle Fotomotive. Schwäne ruhen sich aus: Es dauert ein wenig, bis das Röhricht den Blick auf die Ostsee wieder freigibt. Das Wasser hat sich zurückgezogen. Flache Pfützen säumen den nassen Sand. In der Ferne sind weiße Flecke auszumachen: Zahlreiche Schwäne haben sich hintereinander aufgereiht wie eine Perlenkette. Sie scheinen sich auszuruhen. Das Schilf wird kleiner, dafür die Steilküste auf der anderen Seite immer höher. Sturmfluten haben einige Höhlen in sie hineingegraben. Später laufe ich an einem großen rechteckigen Stein vorbei und an einigen kleinen, die aussehen, als hätte sie jemand zu Skulpturen übereinandergestapelt. Ständig muss ich meine Kapuze festhalten, so stark ist die Ostseebrise. Doch die Stimmung ist gut – dank der wunderschönen Umgebung. Dann taucht er plötzlich vor mir auf: ein etwa drei Meter hoher Turm aus Sand. Oben auf seiner Spitze steckt ein dünnes, langes Etwas. Es wirkt wie eine Antenne – ist es natürlich aber nicht. Ein Turm für Rapunzel: Die ungefähr anderthalb Meter dicke Sandröhre hat anscheinend mal zur Steilküste gehört – nun steht sie einige Meter von ihr entfernt. Sie wirkt wie ein Zuhause für eine Märchenfigur. Innerlich muss ich schmunzeln und höre mich sagen: „Rapunzel, lass Dein Haar herunter!“ So ein Türmchen habe ich an einer Steilküste noch nicht gesehen. Die wird kurz darauf wieder flacher. Manchmal sollen sich in der Gegend sogar Robben tummeln. Doch mir zeigen sie sich nicht. Mein Weg führt Richtung Campingplatz. Kurz bevor ich dessen Außengrenze erreiche, liegen zahlreiche große Steine aufgetürmt herum. In der Ferne über der Ostsee kämpfen sich Sonnenstrahlen durch die dunklen Wolken und bieten ein wundervolles Farbenspiel. Zurück über Campingplatz: Nach etwa 25 Minuten bin ich da – am Campingplatz. Dank meiner Wanderung verstehe ich, warum dort so viele Menschen gerne für längere Zeit ihre Wohnwagen aufstellen: Es ist ziemlich idyllisch – selbst in der frostigen Jahreszeit. Die Gemeinde will den Platz gerade neu verpachten und hat in deshalb gerade abriegelt und das Schild „Das ist kein Rundweg!“ am Anfang meiner Tour aufgestellt. Das heißt: Über den Campingplatz komme ich nicht zurück zu meinem Auto. Deswegen drehe ich um und nehme den schönen Strandweg zurück, den ich gekommen bin. Hinter dem Metalltor bei den großen Steinen schaue ich die schmale Straße hoch zum Campingplatz. Auf beiden Seiten befinden sich alte Holzzäune und Weidewiesen. „Ach, das war schön“, sage ich zu mir und: „Hierher komme ich gerne noch einmal!“ Die Halbinsel Boiensdorfer Werder besteht mit Ausnahme der südlichen Küste an der Boiensdorfer Bucht aus Kliffen und Schutzdeichen. Das Kliff am Nordufer hat eine Höhe von bis zu acht Metern. Das Wasser hat eine Tiefe von bis zu 1,5 Metern. Am Boden dieses Gewässers herrscht vorwiegend ein starker Pflanzenbewuchs kombiniert mit einem schlammigen Grund und geringen Tiefen. Die Halbinsel beheimatet sehr viele Vogelarten: Höckerschwäne, Blässrallen, Stock- und Schellenten. Der Boiensdorfer Werder liegt im EU-Vogelschutzgebiet „Küstenlandschaft Wismarbucht“ und ist Bestandteil des Europäischen Ökologischen Netzes „Natura 2000“. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land zum Entdecken. Sie suchen Inspiration für Ihren nächsten Ausflug? Egal ob Spaziergänge, Radtouren oder Spielplatz-Rallys: Die OSTSEE-ZEITUNG sammelt die besten Freizeittipps für alle Aktiven im Land – für Einheimische und Urlauber – für Familien mit Kindern oder auch nur für Erwachsene. Schauen Sie einfach auf www.ostsee-zeitung.de/freizeittipps vorbei. Hier finden Sie Vorschläge untergliedert nach Regionen zwischen Grevesmühlen und Usedom. Lesen Sie auch Campingplatz in Boiensdorf: Dauercamper sollen Platz verlassen Boiensdorfer Strand lockt ans Salzhaff – ein Geheimtipp Von Kerstin Schröder