Weltstar Giora Feidman spielte in St. Nikolai

Eine volle Kirche und ein wunderbares Konzert am Mittwochabend in St. Nikolai. Giora Feidman und das „Rastrelli Cello Quartett“ waren mit ihrem Programm „Klezmer Bridges“ - Klezmerbrücken — zu Gast. Vier erfahrene und gleichzeitig jung gebliebene Cellisten — Jahrgänge 1953, 1971 und 1978 — die man sich genauso auf einem Rockkonzert vorstellen könnten, dazu der fast 80-jährige Feidman. Ein Brückenbauer mit seiner Musik — zwischen den Generationen, den Völkern, der Welt. Ein Konzert, das bewegte, musikalisch wie inhaltlich. Mit bekannten und unbekannten Klezmermelodien, Traditionals wie „Go down Moses“ oder auch einem gemeinsam mit dem Publikum gesungenen und gespielten bekannten Lied „Donna, Donna“ rührten die Musiker. Viel Applaus ernteten die vier Cellisten, beispielsweise für ihre Rockversionen vom Jazzklassiker „Take five“ - grandios, was mit vier Celli instrumental möglich ist! Kein einziges Stück der „Rastrelli‘s“ wurde original für vier Celli geschrieben. Quartett-Mitglied Sergio Drabkin schreibt die Arrangements, holt alles aus den Instrumenten und ihren Instrumentalisten heraus — raffiniert und wandlungsfähig. Kira Kraftzoff nimmt das Cello irgendwann einfach quer, spielt darauf wie auf einer Gitarre. Auch im „normalen“ Spiel schafft er es, aus dem klassischen Instrument eine E-Gitarre zu machen. Er stammt genau wie Misha Degtjareff und Kira Timofejeff aus St. Petersburg, wo sie ihre Ausbildung am Rimskij-Korsakov-Konservatorium genossen haben. Sergio Drabkin, der früher Solocellist im Symphonieorchester in Minsk war und seit jeher als Komponist und Arrangeur gearbeitet hat, komplettiert das Quartett. Die ersten lauten Bravo-Rufe in der Kirche galten ihrem Spiel. Dazu Feidman, wie seine Fans ihn kennen. Mal leise klagend, mal impulsiv wie ein junger Rockstar, immer intensiv und virtuos auf seiner Klarinette oder der Bassklarinette. Ein wilder Ritt auf dem Instrument, Feidman gehört zu den Ausnahmemusikern, deren Musik unglaublich viel mit Seele zu tun hat. Genauso wie das, was er zwischen den Stücken in seiner Mischung aus Deutsch und Englisch erzählen musste. Vom besonderen Ort der Kirche als Konzertsaal. „Wir sind hier eine Familie, wir singen zusammen in einer Kirche in Deutschland“ - Applaus - „das ist das beste Beispiel für die Menschheit, wieso ist es nicht überall auf der Welt so?“ Bei der Einspielprobe vor Konzertbeginn erzählte er von seinem jüdischen Glauben, beim Konzert spielte er ein Stück mit Elementen aus der deutschen, der israelischen und der palästinensischen Nationalhymne als Zeichen dafür, was möglich ist. Die Musik als gemeinsamer Brückenbauer, als Botschafter für den Frieden. „Ich spiele die Hymne von Deutschland, weil ich mich hier zu Hause fühle, ich spiele die von Palästina, weil das meine Brüder sind“, so der Musiker. Nicole Hollatz

Wismar - Weltstar Giora Feidman spielte in St. Nikolai