Dass gute Fotografie weit mehr sein sollte, mehr sein kann und im Idealfall mehr ist als das bloße Abbilden der Wirklichkeit, zeigt immer wieder die Ausstellung „Neue Subjektivität“ der Fotoklasse von Professor Knut Wolfgang Maron aus der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar.
Über zwei Semester lang haben sich zwölf Studierende mit dem Thema Fotografie beschäftigt, die Ergebnisse sind bis zum 17. November im Wismarer Museum Schabbell zu sehen. „Subjektivität ist uns allen eigen“, erklärte Knut Wolfgang Maron bei der Ausstellungseröffnung den Begriff. „Wenn wir alle rein dokumentarisch fotografieren würden, würden wir die Pallette der Möglichkeiten außer Acht lassen und roboterhaft fotografieren.“
Genau das sollen seine Studierenden nicht – gerade in Zeiten von Handyfotografie und Instagramfiltern ein wichtiger Aspekt: sich mit dem Objekt, dem Thema und der eigenen Sicht, eben dieser Subjektivität auseinanderzusetzen.
Akte in Groß
Da fallen die Akte von Anika-Babette Liebisch nicht nur wegen der Größe ihrer Präsentation im Dachgeschoss des Museums auf. In ihrer Diplomarbeit (Studiengang Kommunikationsdesign und Medien) hat sie einzelne Personen in der Totale fotografiert, nackt und von hinten, immer gleich stehend und gleich ausgeleuchtet. Zur Totalen kommt immer das gleiche Close-up, das Detail vom Rücken als Bildausschnitt mit Poren, Falten, Narben und Haaren.
Dahlberg-Ruine
Mit viel Lokalkolorit locken die Fotografien von Katrin Michalski-Möller. Die Studentin, sie schreibt gerade an ihrer Bachelorarbeit im Fachbereich Innenarchitektur, war im ehemaligen Dahlberg-Krankenhaus unterwegs, nach dem großen Brand und vor dem Abriss.
„Das war sehr beeindruckend und für mich das erste Mal, dass ich in so einem verlassenen Gebäude fotografiert habe. Das war eine ganz andere Welt!“, erzählt die 23-Jährige. Das Löschwasser auf dem Boden, der Schimmel an der Decke, der Blick durchs Treppenauge nach oben – die Bilder sprechen für sich. Und die Studentin? „Traurig, dass das abgerissen wurde. Das war ein schönes Gebäude.“
Linien, Wellen, Dynamik
Die Bilder von Tatiana Shanina fallen aus dem Rahmen, die Studentin aus Russland hat Linien in Bahnhofsarchitekturen verlängert, über den vorher definierten Bildrahmen hinaus. Adrian Jaffé hat als Surfer die Kamera mit aufs Brett genommen und so Wellenbilder gemacht, die mitreißen.
Jasmina Jüngling hat während der längeren Belichtungszeit ihres Motives reingezoomt, sprich am Objektiv die Brennweite geändert. Das Ergebnis ist eine interessante Dynamik und der Beweis, dass allein der technische Aspekt der Schärfe kein spannendes Foto macht.
Arturo Jonas Mercado Reyes aus Mexiko erzählt mit seinen Fotografien eine Fahrradgeschichte aus der Region. „Er hat sich die Umgebung mit dem Rad erschlossen“, verriet sein Professor. Evelina Borger war für ihre Bilder weiter weg. Sie hat in der Sahara fotografiert und ist mit ihrer Kunst noch einen Schritt weiter gegangen. Sie hat die Wüste großformatig gemalt.
Dreidimensionale Akte
Eine ganze Gruppe von Studierenden haben sich mit der Aktfotografie beschäftigt. Auf die Körper haben sie per Beamer Linien und grafische Muster projiziert. Die fallen zuerst auf, dann die Krümmungen, die die Linien durch die Körperoberfläche erfahren.
Ein spannendes Spiel zwischen dem dreidimensionalen Körper und dem eigentlichen 2 D der Linien, potenziert dadurch, dass diese Bilder im Wechsel und Endlosschleife per Beamer an die Ausstellungswand geworfen werden.
Bis 17. November im Museum
Zum 19. Mal zeigen Fotoschüler von Prof. Knut Wolgang Maron ihre Arbeiten unter dem Titel „Neue Subjektivität“. Die Ausstellung ist bis zum 17. November zu sehen, im Oktober hat das Museum täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, ab November bis 16 Uhr. Montags ist jeweils Ruhetag.
Es stellen aus: Evelina Boger, Adrian Jaffé, Jasmina Jüngling, Anika-Babette Liebisch, Joel Laurino, Katrin Michalski-Möller, Arturo Jonas Mercado Reyes, Nele Reichel, Lucia Revilla Marote, Tatiana Shanina, Darja Umanez und Valerie Ulrich.
Von Nicole Hollatz