Wismarerin im Homeoffice mit drei Kids: Ausstellung ohne Gäste

Gestern hatte ich „Ausgang“, ich war im Stadtarchiv, meine Ausstellung abbauen. Lina hat mit Erik Sachkundeaufgaben gemacht, Merle Kekse und Muffins gebacken. Und ich: stand wehmütig in meiner Ausstellung ohne Gäste. Nein, so eine Ausstellung mache ich nicht zum Geldverdienen. Die Ausstellung „Mystisches Wismar“ mit Nebel- und Nachtaufnahmen der Stadt entstand als Lückenfüller relativ spontan. Zur Eröffnung – vor Corona – war es voll. Einige Bilder bekamen direkt den „Verkauft“-Punkt. Russisch-Unterricht in der Fotoausstellung: Ich hatte sogar die Klasse meiner Tochter durch die Ausstellung geführt. Vorher gab es natürlich Instruktionen. „Mama, wehe, du bist peinlich!“, schrieb das Kind mir aus dem Unterricht, per Whatsapp. Ich dachte, ich könne cool reagieren: „Kommt drauf an, wie oft du die Küche machst?!“ Sie war cooler und kennt meinen wunden Punkt: „Ich weiß, wo dein Kaffee steht!“ O. K., eins zu null für die Tochter. Sie war im Rahmen des Russischunterrichts in der Ausstellung, die Jugendlichen sollten danach ihr Lieblingsbild jeweils beschreiben. Auf Russisch natürlich! Dabei konnte ich nicht wirklich helfen. Ich kann auf Russisch meinen Namen sagen, weiß, Lampe heißt „Lampa“ (wieso weiß ich das?) und das typische „Sto Gramm“. Ich hatte kein Russisch in der Schule, durfte kurz nach der Wende schon Englisch und Französisch lernen. Allerdings weiß ich vom Französischen auch nur noch die Schimpfwörter. Und „Sto Gramm“ könnte ich nicht bestellen. Ausstellung ohne Gäste: Eigentlich sollten meine Wismarfotos nur bis Anfang April hängen. Am 14. April sollte die nächste Ausstellung zur Zerstörung des Gotischen Viertels eröffnet werden. Dann kam der Virus, das Stadtarchiv war für den Besucherverkehr geschlossen. Meine Ausstellung hing länger, nur leider ohne Gäste, ohne normale Archivnutzer und ohne die, die nur wegen meiner Bilder mal ins Archiv wollten. Seit Montag hat das Archiv wieder offen. Gestern war ich da und habe meine Ausstellung abgebaut. Mit Schal als Mundschutz und meinen eigenen Handschuhen sowieso, um Fettfingerabdrücke auf den Fotos zu vermeiden. Trauriges Ausrahmen: Das war schon traurig. Aber zum Glück (für mich!) gehöre ich nicht zu denen, die von ihrer Kunst leben müssen. Denen eine leere oder gar abgesagte Ausstellung nun wirklich Sorgen und Existenzängste macht. Ich stehe lediglich vor der rein praktischen Frage, was ich nun mit den ganzen Fotos mache. Unsere Wände zu Hause sind voll mit den Resten der vorherigen Ausstellungen, Kinderbilder und gemalten Sachen. Ein paar werden sicherlich zu Weihnachten neue Besitzer und Wände finden. Der Rest ist zum Einstauben zu schade! Wir brauchen neue Ideen: Vielleicht machen wir, wenn die Zeiten wieder normal sind, eine Verkaufsaktion im Archiv. Eine Versteigerung für den guten Zweck? Denn auch vom Archivverein haben wir gerade das Problem, dass wir Plakate haben drucken lassen für Hanseschau und Schwedenfest. Nun fällt alles aus. Vor Weihnachten, das wäre meine Hoffnung, haben die Leute Zeit und Lust für so was. Und dann sind, so die ganz große Hoffnung, größere Veranstaltungen auch wieder machbar. Vielleicht mach’ ich eine Onlineaktion für den guten Zweck? Ein paar Leinwände der vorherigen Ausstellung über die „Wismarer Kirchenschätze“ hängen nun im Gemeindebüro von Dorf Mecklenburg, nachdem ich sie im Büro ständig von links nach rechts geräumt hatte. Alles, nur nicht einstauben! Weiter lesen: Corona in der Kleinstadt: Wie eine Familie in Neukloster zum Gesprächsthema wurde So viele Autos wurden am Wochenende aus Nordwestmecklenburg ausgewiesen Trotz Schulschließung: Betreuungsfälle des Jugendamtes im Nordwestkreis nehmen nicht zu Über die Autorin Von Nicole Hollatz