Manuela Schwesig weiß Akzente zu setzen. Mit der Ordensverleihung an Michail Gorbatschow, einen der wichtigsten Wegbereiter von Entspannungspolitik und deutscher Einheit Ende des 20. Jahrhunderts, erinnert sie an einen Super-Helden der friedlichen Revolution, das Ende des Kalten Krieges, den größten politischen Umbruch in Europa in den zurückliegenden Jahrzehnten – und zeigt gleichzeitig Nähe zur russischen Seite, als Trotzreaktion zur aktuellen EU-Sanktionspolitik, die sie für falsch hält. Somit ist der „Gorbi“-Orden in spannungsgeladenen Zeiten auch Fortsetzung von Schwesigs offensiver Charme-Offensive gegenüber Russland. Ein weiterer Fingerzeig an Bundespolitik und Europa.
Gorbatschow wird den Orden aus dem kleinen MV nicht wirklich brauchen. Vielmehr geht es um eine Geste: Seht her, unser Bundesland, so klein es auch sei, streckt immer wieder die Hand zur Freundschaft aus. Das mag banal, vielleicht naiv wirken, clever ist es allemal. Denn ganz nebenbei stellt Schwesig auch das Bundesland ins Rampenlicht. Aber es ist auch gefährlich, denn Gorbatschow und Putins Russland von heute mit Menschenrechtsverletzungen haben wenig gemein. Insofern bleibt auch der Beigeschmack eines PR-Gags.
Frank Pubantz