Berliner Proteste: OZ-Leser debattieren über Demonstrationsrecht und Freiheitsrechte

Die Kritik an den Anti-Corona-Protesten vom Wochenende in Berlin, bei denen Abstandsregeln und Maskenpflicht weitgehend missachtet wurden, reißt nicht ab. Während die Politik laut über Demo-Verbote nachdenkt, diskutieren OZ-Leser kontrovers über etwaige Veranstaltungen, die Möglichkeit des Widerstands und Verantwortung. Trude Koerner notiert: „Euch wünsche ich die Erfahrung mit Corona, aber dann zahlt alle selbst die Unkosten und nicht die Allgemeinheit. Ja, ich habe Angst vor der Pandemie, aber noch größere Angst vor der Pandemie der Intoleranten und Verantwortungslosen. Was sich an Verwirrten und Hetzern verbreitet, ist für einen Normaldenkenden nicht mehr begreiflich.“ Susan Wendt ergänzt: „So was geht gar nicht. Wenn es dann wieder zu Schließungen, etwa von Schulen und Kitas kommt, sitzen diese Demonstranten in der ersten Reihe und jammern. Und dass dieses ganze Demonstrieren eigentlich gar nix bringt, scheint in deren verdrehter Wahrnehmung noch nicht angekommen zu sein.“ Ulrike Birk hält es mit einem Vergleich: „Wer bei Rot über die Ampel fährt, kann sich damit auch nicht auf Freiheitsrechte berufen. Das ist nicht verboten, weil es der Politik nicht gefällt, sondern weil es Menschenleben gefährdet. Die Freiheit in diesem Land ist groß, aber sie endet, wo die der anderen beginnt.“ Ingo Mueller betont: „Wir sollten uns nun aber wieder wichtigeren Dingen zuwenden. Es ist wie bei der AfD: laut, aggressiv, asozial, aber in der Minderheit.“ Ein Thema der Debatte unter Z-Lesern ist auch, dass offenbar auch Rechtsextreme unter den Teilnehmern waren. Sven Zischkale empfindet Ungerechtigkeit, er kritisiert: „Demonstriert werden kann nur, wenn es um die Interessen der Regierung geht. Dann ist Corona außer Kraft gesetzt – siehe Veranstaltungen gegen Rassismus oder rechte Gewalt. Aber wehe, man geht friedlich für seine Existenz auf die Straße. Dann greift der Rechtsstaat sofort ein und die Medien stürzen sich auf die normalen Leute, um sie als Verschwörungstheoretiker oder Nazis darzustellen.“ Fakt ist: Nachdem die Berliner Polizei die Versammlung aufgelöst hat, wurde sie dafür kritisiert, dass sie zu spät eingeschritten sei. Leser-Umfrage: Wie finden Sie es, weitere Corona-Lockerungen in MV erstmal zu stoppen? Die Freiheit nutzen, um gegen die vermeintliche Unfreiheit zu demonstrieren: Andreas Schwartz meint: „Das ist Demokratie und da muss man andere Meinungen aushalten können.“ Claudia Dib moniert: „Nun kommt auch noch die Nazikeule. Letztendlich entscheidet man mit seinem Kreuz bei der Wahl und nicht mit dem Besuch einer Demo. Es ist mir auch egal, was jemand sonst für eine Lebenseinstellung hat, wenn die Schnittmenge ‚Kritik an den Corona-Maßnahmen‘ ist. Es gab ja auch mal Zeiten, da hätte niemand mit den Grünen koaliert, und heute klappt das ja auch mit all den Altparteien. Eine Demokratie lebt davon, dass man paktiert, um Ziele zu erreichen. Da muss nicht die gesamte Weltanschauung passen.“ Mario Lembke ist der Ansicht: „Mittlerweile werden ja alle, die die Verhältnismäßigkeit der Mittel infrage stellen oder nicht regierungskonforme Fragen stellen, um auf Schwachpunkte im Begründungskanon hinzuweisen, als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt.“ Jörg Rudolph setzt hinzu: „Die rechtsextreme Keule als Totschlagargument gegen jegliche Form der vermeintlich, politisch inkorrekten Auflehnung.“ Jockel Schmidt aber sieht einen Widerspruch: „Erst die Versammlungsfreiheit nutzen, um ohne Abstand oder Mund-Nasen-Schutz gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu demonstrieren. Und sich dann später beschweren, wenn die nächste Kontakteinschränkung kommt und wieder Homeoffice angesagt ist.“ Lesen Sie auch Anti-Corona-Protest in Berlin entfacht Debatte über Demonstrationsrecht 1,3 Millionen Demonstranten in Berlin? So leicht lassen sich die Übertreibungen widerlegen Corona-Demo: Wo die Gefahr für die Freiheit liegt Von Juliane Lange