Als Staatsfeind in der Volksarmee

Zum Auftakt der Friedensdekade der Nordkirchen zeigt die Schlosskapelle Parow seit Montag die Wanderausstellung des Prora-Zentrums zum Thema Bausoldaten. Nach der Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) 1956 kam die Mehrheit der jungen Männer der „freiwilligen Selbstverpflichtung“ nicht nach und wich dem Druck aus, indem sie über die noch offenen Grenzen in den Westen flüchteten. Erst ab Januar 1962 galt das Wehrpflichtgesetz, welches im Gegensatz zum Grundgesetz der Bundesrepublik eine Kriegsdienstverweigerung ausschloss. Wer der Wehrpflicht nicht nachkam und den Wehrdienst verweigerte, musste gar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Erst auf Druck von Teilen der Kirche und zahlreichen Wehrdienstverweigerungen wurde im September 1964 eine Regelung für einen waffenlosen Dienst innerhalb der NVA eingeführt. Im Gegensatz zu Wehrdienstverweigerern, denen drastische strafrechtliche Konsequenzen drohten, sollten die Waffendienstverweigerer, als Bausoldaten oder auch als „Spatensoldaten“ bezeichnet, als Angehörige der NVA Arbeitsleistungen erbringen. „Dies wurde nach außen hin aber nie publiziert. Bausoldaten passten nicht in das Bild des bewaffneten Friedens hinein“, sagt Carsten Süberkrüb. „Wie Staatsfeinde in den eigenen Reihen waren sie in der NVA schlechteren Lebens- und Arbeitsbedingungen ausgesetzt“, klärt der Pfarrer in der evangelischen Seelsorge der Bundeswehr auf. Eine Gedenktafel wurde gerade in dieser Woche auf dem Dänholm enthüllt, die an die erste Einheit Bausoldaten erinnern soll, die hier ab 1964 stationiert war. Wo jetzt in Prora die Jugendherberge untergebracht ist, erinnert jedoch nichts an die Unterdrückung. „Jeder kennt es als KDW, aber dass in den 70er-Jahren hier die höchste Anzahl an Bausoldaten stationiert war, weiß kaum jemand“, sagt Süberkrüb. Als erste Ausstellung des dort angesiedelten Prora-Zentrums lässt sie auch Zeitzeugen zu Wort kommen, die von ihrer Vergangenheit geprägt sind. „Die Ausstellung verklärt nichts. Sehr umfassend und gut recherchiert, wartet sie mit Zeitdokumenten auf“, sagt Pfarrhelfer Sven Groth. „Die Bausoldaten waren ein maßgeblicher Teil der Opposition 1989“, fügt Süberkrüb an. Noch bis 24. November betreuen die beiden Männer die Wanderausstellung, die Teil des Lebenskundlichen Unterrichts an der Marinetechnikschule in Parow ist. Nach Absprache werden jedoch auch gerne andere Gruppen und Schulklassen in der Schlosskapelle begrüßt und durch die Ausstellung geführt. Wenke Büssow-Krämer

Parow - Als Staatsfeind in der Volksarmee