Ausgemodelt: Aus Baltic Fashion wird Euro-Fashion-Award

Liebhaber extravaganter oder kultiger Mode von jungen Designern können auf absehbare Zeit Usedom von ihrer Reiseliste streichen. Denn von Monat zu Monat ist inzwischen immer offensichtlicher geworden, dass es sich ausgemodelt hat in Sachen Baltic Fashion Award (BFA). Nach dem Rückzug von Gemeinde und Wirtschaftsministerium fehlt es nicht nur an politischem Willen, das Event wieder neu zu beleben, sondern wohl vor allem am nötigen Kleingeld und an solventen privaten Sponsoren. Das mag von manchen Insulanern wie (Bade-)Gästen mit nüchterner Reglosigkeit hingenommen werden, andere ärgert es. Denn Usedom und besonders die Kaiserbäder haben damit nicht nur ein PR-trächtiges Event mit hohem Glamour- und Promi-Faktor verloren. Zugleich wurde vielmehr eine langjährige und engagierte Arbeit einiger Enthusiasten mit Füßen getreten. Von Fördergeldern ganz zu schweigen. Ein mühsam aufgebautes Netzwerk zu Partnern in den baltischen Staaten trocknet nun sukzessive aus. Und Heiligendamm hat die Pläne, sich das Spektakel zu angeln, längst wieder aufgegeben. Ganz anders ein mutiger Unternehmer, das professionelle Stadtmarketing und die Väter der sächsischen Stadt Görlitz. Denn hier soll dem Vernehmen nach ab 2016 ein Mode-Event auf die Beine gestellt werden, dessen Konzept und Logo dem auf Usedom praktizierten Award verblüffend ähnlich sieht. Freilich wundern sich Insider darüber nicht, denn eine schillernde Figur der Kaiserbäder-Schau, der künstlerische Leiter des früheren Baltic Fashion Awards, Andrej Subarew, zieht in Schlesien die Fäden. Noch vor wenigen Monaten hatte er sich verärgert und tief enttäuscht über das drohende Aus des Usedomer Modespektakels geäußert. Aktivitäten des Freundeskreises zur Rettung des Projektes blieben offenbar ergebnislos, so dass Subarew nun seine Betroffenheit in konstruktives Tun umwandeln konnte. Der Euro Fashion Award soll jedenfalls künftig alljährlich — und erstmals am 23. April 2016 — ausgetragen werden. Veranstaltungsort ist laut „Focus“ und Homepage der Kommune das Görlitzer Jugendstilkaufhaus, in dem beispielsweise Hollywoodstars für den Film „The Grand Budapest Hotel“ drehten. Dort können sich dann in einem Dreivierteljahr junge professionelle, internationale Designer messen, teilten die Organisatoren dieser Tage der Öffentlichkeit mit. Die Preise für die drei Besten sollen mit 60 000 Euro dotiert sein. Die Jury ist international namhaft besetzt, mit Modeprofessoren und dem Chefdesigner von Vivienne Westwood, Alexander Krenn. Gemeinsam mit anderen Größen der Branche hatten sie auch auf der Sonneninsel Entscheidungen über die Preisträger zum Award getroffen. Business as usual. Das Leben geht weiter, mit den oder nun auch ohne die Kaiserbäder. „Mich ärgert dieser Verlust sehr“, sagt Heringsdorfs Ortsoberhaupt, Lars Petersen (CDU). Solch ein tolles Event zu verlieren, tue weh. Und er mutmaßt, dass womöglich einige Hoteliers, die beim BFA nicht mit großem Gewinn rechnen durften, kräftig am Niedergang des Events mitgewirkt haben. „Schade drum, aber ich bin fast sicher, dass wir irgendwann wieder etwas mit Mode machen werden“, sagt Petersen. Momentan stünden eben andere Veranstaltungen im Fokus, etwa die Schleppjagd „Usedom Cross County“. Andrej Subarew spricht von großen Vorteilen des Landes Sachsen. Hier hätten Textilindustrie und Modebranche eine sehr lange Tradition. Und offenbar auch eine Lobby. Anders als auf Usedom stehe mit dem Kaufhaus ein starkes Unternehmen hinter dem Event, was die ganze Sache wesentlich erleichtere. Das Konzept sei hingegen neu. Auf Usedom angesprochen will der künstlerische Leiter nicht ausschließen, in modifizierter Form in Sachen Mode eines Tages wieder hierher zurückzukehren. „Ich bin für Offerten auf Usedom immer offen“, sagte er gestern mit Blick auf zukünftige Vorhaben. Vorläufig aber reize ihn die großartige Location von Görlitz an der Neiße. Steffen Adler

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